Henry Spencer
The Defector
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2017 konnte mich die Platte The Reasons Don’t Change begeistern. Der britische Trompeter firmierte dann als Henry Spencer And Juncture, nun bleibt für das neue Werk, The Defector nur noch der Name, Henry Spencer. Bis auf den Gitarristen Nick Costley-White, der durch Ant Law abgelöst wurde, ist die Besetzung des Basis-Quintetts so verblieben. Im Übrigen zeigt sich Law als sehr versierter und flüssig spielender Gitarrist, der entscheidende Akzente setzt.
Wie bei "The Reasons Don't Change" ist wieder ein Streichquartett an Bord, waren es seinerzeit nur zwei Songs, in denen es eingesetzt wurde, kann man sie nun öfter hören, und wie damals kann ich erneut feststellen, dass dieses zur Bereicherung des Klangbildes und der Stimmung beiträgt. Im Übrigen stelle ich fest, dass sich mittlerweile der noch "junge" Sound des damaligen Debüts stark verdichtet und sich sicher und fest etabliert hat, nicht, ohne dass die Musik nicht auch ohne Frische strahlen würde.
Denn erstens ist es das Trompetenspiel, mit dem der Protagonist sein Talent bestens zur Schau stellt und von kraftvollen bis emotional gesetzten Tönen stellt er eine ganze Palette vor. Und ich komme noch einmal auf den Einsatz des Streichquartetts zurück, und exemplarisch verweise ich auf "Moment Gained", wo die Vier mitten im Trompetensolo ganz überraschend eingreifen, etwa bei 5:29. Diese und andere Überraschungen sind es, die die Klasse der Arrangements aufzeigen.
Musikalisch sehe ich eine sehr starke Basis im Jazz Rock der britischen Fusion-Szene der Siebziger, so assoziiere ich gern Ian Carr's Nucleus, an die mich manches erinnert. Auf jeden Fall kommt es zu einer spannungsgeladenen Aufführung mit neun Songs, die locker den Bogen schlägt von den Siebzigern bis in die Jetztzeit, ohne sich jedoch bei irgendeinem zeitgenössischen Massengeschmack anzubiedern. "Without A Voice" heißt einer der Songs, und das mag auch exemplarisch sein, denn Spencer's Trompete scheint mitunter tatsächlich die Rolle einer Stimme einzunehmen.
Im Laufe der Songs können sich die Musiker solistisch ausreichend vorstellen und ihre Klasse beweisen, dennoch bleiben die gleichwohl spannenden Improvisationen stets im Rahmen, deuten nur leicht den einen oder anderen Ausbruch ins Freie an. Dennoch wirkt die Musik nicht einengend und in ein Korsett gepresst, denn es ist letztlich dieser fantastische Gesamteindruck, der auch gelegentlich Raum für das persönliche Kopfkino bietet, wenn sich so mancher Song in manchen Passagen auch cineastisch zeigt und so Bilder entstehen lässt.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 The Defector (5:39)
2 Perfect Hindrance (4:42)
3 Undone (5:19)
4 Moment Gained (6:24)
5 Introduction to Without a Voice (0:55)
6 Without a Voice (5:51)
7 Here (for Chicca) (5:04)
8 Overlap (3:29)
9 Not My Country (5:00)
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Besetzung |
Henry Spencer (trumpet, flugelhorn)
Ant Law (guitar)
Matt Robinson (piano, Fender Rhodes)
Andrew Robb (bass)
David Ingamells (drums)
John Garner (violin)
Marie Schreer (violin)
Lydia Abell (viola)
Colin Alexander (cello)
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