Niescier - Reid - Harris
Beyond Dragons
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2018 beschäftigte ich mit bereits mit der in Stettin, Polen, geborenen Jazzmusikerin Angelika Niescier, als sie mit dem Bassisten Christopher Tordini und dem Schlagzeuger Tyshawn Sorey The Berlin Concert vorstellte. Nun gibt es eine weitere Trio-Einspielung, nur die Bass-Besetzung wurde durch die Cellistin Tomeka Reid aus Washington, D.C. ersetzt, am Schlagzeug hören wir Savannah Harris aus Kalifornien, ein reines Damen-Trio also.
Bereits auf "The Berlin Concert" konnte ich feststellen, dass die Saxofonistin dem Jazz eine frische Note gab, und genau das wird mit Beyond Dragons weitergeführt. Beide Mitstreiterinnen verfügen über eine ganze Reihe von Stationen mit bekannten Jazz-und Avantgarde-Musikern*innen und zusammen hat man einen entsprechenden Background, der sich auf die Musik positiv auswirkt.
Zwar stelle ich zunächst fest, dass beim Berliner Konzert ein ständiger Druck von Tyshawn Sorey am Schlagzeug herrschte, der auch synchron solierte, und das scheint mir mit der Schlagzeugerin Savannah Harris etwas gewichen zu sein, so wirken diese Studioaufnahmen aus Chicago auch nicht ganz so fordernd und zerrend wie die Live-Aufnahmen aus Berlin, und zugänglicher, gleichwohl die live herrschende ständige Veränderung und wenig zur Ruhe kommende Stimmung auch im Studio gut umgesetzt wurde.
Sehr interessant ist hierbei, dass der Bass nun durch das Cello ersetzt wurde und dass dadurch eine ganz andere Komponente Einzug gehalten hat, die durch das "Befremdliche" in diesem Kontext dazu geführt hat, dass man eigentlich noch aufmerksamer wird beim Zuhören. Nun gut, das Cello ist sicher im Jazz nicht total unbekannt, integrierte es zum Beispiel auch Ron Carter bereits in vielen Kompositionen. Doch durch die Improvisationsmusikerin Tomeka Reid werden mehr Facetten klassischer Musik oder der Avantgarde eingebracht, hier ein großer Mehrwert.
So verbreiten die sieben Songs des Albums, die zeitlich zwischen 4:45 und 11:14 angesiedelt sind, eine Menge Temperament und Einfallsreichtum, ich ziehe einmal exemplarisch den Song "Risse" heran, der mit seinem Thema ein solches in ungewöhnlichem Umfeld darstellt, herrlich, wie sich die drei Damen hier untereinander die Ideen zuwerfen und jeweils auf sich eingehen, hier besticht für mich zum Beispiel diese hervorragende Zusammenarbeit von Saxofon und Schlagzeug, während vom Spiel des Cellos im Hintergrund Lücken geschlossen und gleichzeitig neue Impulse eingeworfen werden.
Ja, das ist wahrer Ausdruck von Kollektivität, kraftvoll, lebhaft und direkt anspringend, dabei eigentlich nie in Bereiche des Free Jazz abtreibend, sondern im Zuge recht freien Spiels immer noch im Rahmen bleibend. Da wird dann auch einmal zur Ruhe gebeten, um dann bald wieder auszubrechen mit kraftvollem Druck, der unweigerlich mitreisst, und noch einmal sehe ich die Rolle der Cellistin Tomeka Reid als eine sehr prägende und wichtige innerhalb dieser Trio-Formation.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Hic Svnt Dracones (11:14)
2 Oscillating Madness (8:19)
3 Risse (8:14)
4 Morphoizm (5:31)
5 Tannhauser Gate (5:21)
6 A Dance, to Never End (9:05)
7 Blue Line (4:45)
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Besetzung |
Angelika Niescier (alto saxophone)
Tomeka Reid (cello)
Savannah Harris (drums)
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