Humulus und Below A Silent Sky konzentrieren sich in Jena auf ihr aktuelles Schaffen
Dass eine Band sich im Konzert auf die Vorstellung ihrer aktuellen Werke konzentriert (und entsprechend wenig Spielzeit für älteres Material einplant), ist so ungewöhnlich nicht. Bei Below A Silent Sky ergibt sich allerdings eine doch recht eigenartige Lage. Zum einen bringt das Quartett in seiner knappen Dreiviertelstunde Spielzeit gerade mal vier Songs unter, zum anderen zerfallen diese aber in die Kategorien „ganz neu“ und „ganz, ganz neu“. Der Opener und der Closer des Sets im Kulturbahnhof gehören zur letztgenannten Sorte, haben noch nicht mal Titel und sollen irgendwann in der Zukunft auf einer Split erscheinen. Dazwischen lagern „The Center“ und „TON“ vom Album Walls Of Light, und auch das ist am Konzertabend noch nicht offiziell draußen, sondern erblickt erst mit der Releaseparty drei Wochen später das Licht der Welt. Da das Preßwerk aber „mit Lichtgeschwindigkeit“ (so der eine der Gitarristen) gearbeitet habe, ist das Album an diesem Abend am Merchandisingstand schon vorrätig, so dass Interessenten gleich die Möglichkeit zum Erwerb nutzen können. Und die Reaktionen auf das Material sind definitiv positiv, auch wenn Below A Silent Sky durchaus keine Musik machen, die sich durch sonderlich leichte Zugänglichkeit auszeichnet – allerdings auch nicht durchs Gegenteil. Ihr Debütalbum soll noch postrocklastiger gewesen sein, das zweite dann mit mehr Anteilen aus dem Doombereich – der Rezensent kennt beide nicht, sondern kann nur anhand der letzten reichlichen halben Stunde, die er nach seinem verspäteten Eintreffen im Kulturbahnhof noch mitbekommt, urteilen. Und da lagern die Klänge in der Tat im Spannungsfeld zwischen episch-ausladendem, nicht selten ins Halbakustische herunterschaltendem Postrock, finsteren Doomriffs (gern mit Geschwindigkeit kurz vor der Grenze zum Funeral Doom) und ein paar progressiv anmutenden Einsprengseln, wenn etwa der Drummer mal was anderes spielt als nur klassische Viererbeats. Umgesetzt wird das Ganze mit zwei Gitarren, Baß und Schlagzeug – Keyboards oder Samples gibt es nicht und Gesang auch keinen. Die Ilmenauer agieren also rein instrumental, und bei solchen Formationen stellt sich ja oft die Frage, ob es nicht doch besser sei, wenn sie einen Sänger hätten. Diese Frage ist im vorliegenden Fall zumindest anhand des erwähnten Liveeindrucks mit einem klaren Nein zu beantworten – man vermißt hier definitiv keinen Gesang. Ein paar zugänglichere Melodien kommen aus den Gitarren, den Rest darf sich der Hörer dann selbst erschließen und kann das dank eines sehr sauberen, nur eine Winzigkeit zu lauten Klanggewandes an diesem Abend auch ohne Probleme tun. Die Spannung hält das Quartett jedenfalls problemlos, auch dann, wenn der jeweilige Song spielzeitseitig im zweistelligen Minutenbereich landet, was, wie auch der Nichtmathematiker schon erkannt haben wird, öfter der Fall ist. Ob es sich um einen Zufall handelt, dass der ganz, ganz neue Closer erstens deutlich weniger als zehn Minuten Spielzeit aufweist und zweitens auch (wieder) deutlich stärker im Postrock wurzelt, wird die Zukunft zeigen. Das Quartett erntet jedenfalls sehr positive Reaktionen, eine Zugabe ist allein schon zeitlich aber nicht drin. Setlist Below A Silent Sky: Untitled 1 The Center TON Untitled 2
Humulus haben auch ein neues Album am Start, Flowers Of Death betitelt, aber im Gegensatz zu Below A Silent Sky ist es schon offiziell veröffentlicht und stellt gleich mal die Gesamtheit seines Material für die Setlist, wobei hier aber auch einige wenige ältere Songs auftauchen, die noch mit der alten Besetzung eingespielt worden sind. In einem Powertrio adäquaten Ersatz für den Sänger und Gitarristen, also die zentralste Figur der Formation, zu finden gestaltet sich ja meist nicht ganz so einfach, aber die Italiener haben diese Aufgabe offenkundig bestens gelöst. Beim vorherigen Gig im Kulturbahnhof war noch Andrea in diesen Funktionen zu hören, aber der Rezensent hat besagten Gig ebensowenig gesehen wie irgendeinen anderen der alten Besetzung, und so kann er nur beurteilen, wie sich das Trio mit Neuzugang Thomas schlägt, aber keine Vergleiche mit der Vergangenheit anstellen. Nimmt man das autarke Bild des etwa 70minütigen Auftritts an diesem Oktoberabend, so stellt es sich jedenfalls als ein sehr positives dar. Gut aufeinander eingespielt wirkt das Trio jedenfalls schon, und in puncto Ideenvielfalt, was die psychedelische Verfremdung seiner Gitarrensounds angeht, scheint Thomas auch ziemlich beschlagen zu sein. Dabei weiß er aber auch, wann er diese nicht einsetzen sollte, sondern geradliniges Riffing eine stärkere Wirkung entfaltet, und dieses Riffing erinnert ein ums andere Mal an eine nicht ganz so heftige Version von Black Sabbath, zumal dann, wenn auch aus der Rhythmusgruppe entsprechende doomige Unterlegung kommt. Aber der Psychedelic-Aspekt bricht sich auch sonst in der Musik immer wieder Bahn, so dass man bisweilen an eine gemeinsame Session Sabbaths und irgendeiner frühen Psych-Band erinnert wird, während der rein bekiffte Faktor zumindest an diesem Abend zu gering ausfällt, um das Trio etwa ins Stoner-Lager stecken zu wollen. Der Baß kommt mit klaren Linien und ohne übermäßig starke Verzerrung rüber, der Drummer bringt von doomiger Schleichgeschwindigkeit bis zu gehobenem Midtempo eine große Vielfalt und fällt in gleich mehreren Songs dadurch auf, dass schnelle Wirbel von links nach rechts über sein gesamtes Instrument offensichtlich zu seinen liebsten Stilelementen gehören. In „Operating Panum For Spaceship Earth“ steigert sich das Klangbild letztlich zu einer großen Wall of Sound, mit der die Sparsamkeit des folgenden doomlastigen Instrumentals „Humulus“ wirkungsvoll kontrastiert. Selbiger Song gerät zum eindringlichsten und besten des Sets, ohne dass man damit freilich die Leistung von Thomas als Sänger geringschätzen wollen würde, zumal auch er gleichermaßen rockangehaucht shouten oder liebliche blumenkindliche Melodien intonieren kann. Auch die Publikumskommunikation übernimmt er komplett, von einem Zwischenruf des Drummers abgesehen, und kommt dabei sympathisch und bodenständig rüber. Die merkwürdige optische Zusammensetzung der Band (Drummer mit umgedrehtem Basecap, Bassist mit ZZ-Top-kompatiblem Bart [nur die Farbe ist anders], Gitarrist/Sänger schnauzbärtig) bleibt eine unterhaltsame Randnotiz, der Sound ist so klar, wie das bei einigen eingeloopten psychedelischen Geräuschen sinnvoll ist (und nur wieder abermals einen winzigen Deut zu laut), und nur an wenigen Stellen wird man das Gefühl nicht los, dass weniger manchmal doch mehr ist, etwa beim eingeloopten nervösen Klickern im ersten Teil des Setclosers „Buried By Tree“. Das Publikum im gut gefüllten Kulturbahnhof zeigt sich dennoch hochgradig zufrieden, und obwohl nach besagtem Setcloser schon das schräge Italopop-Outro eingespielt wird, überredet man die Formation natürlich noch zu zwei Zugaben, ehe besagtes Outro erneut kommt und klarmacht, dass es das nun wirklich gewesen ist. Ein starker Gig, zu dessen Gelingen beide Bands auf je ihre eigene Art ihr Scherflein beigetragen haben – trotz oder auch wegen des Neuigkeitenwerts des Materials. Setlist Humulus: Black Water Secret Room Shimmer Haze 7th Sun Operating Panum For Spaceship Earth Humulus Flowers Of Death Buried By Tree -- 1000 Piles Distant Deeps Or Skies Roland Ludwig |
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