Live-Wiedersehen mit Demon’s Eye im Augsburger Spectrum
Immer wieder stellen mir Freunde und Bekannte die Frage, ob mir meine Konzerte nicht fehlen würden. Natürlich! Live-Musik ist immer ein interessantes, emotionales und erfrischendes Erlebnis und eine kleine Auszeit aus dem Alltag. Am 7.3.2020 fand mit dem „Rock Meets Classic“ in Nürnberg das letzte große Konzert statt, das ich mir live angeschaut habe. Und dann kam Corona… Als sich mit Demon’s Eye eine sehr bekannte Deep-Purple-Tributeband im Spectrum in Augsburg angekündigt hatte, gab es für mich kein Halten mehr. Häufig habe ich mir schon ausgemalt, wie es wohl sein wird. Das erste Live-Konzert nach so langer Abstinenz… Die Spannung ist riesig, genauso wie die Vorfreude. Die Atmosphäre ist wie immer im Spectrum. Gemütlich, ohne Hektik und mit viel Liebe zur Musik, was von allen Gästen besonders geschätzt wird. Demon’s Eye sind eine der berühmtesten Deep-Purple-Tributebands. Sie sind schon mehrfach mit dem Deep Purple-Schlagzeuger Ian Paice aufgetreten, waren mit dem ehemaligen und leider schon verstorbenen Keyboarder Jon Lord am Start und haben ca. 50 Konzerte mit dem Ex-Rainbow-Sänger Dougie White absolviert. Das kann sich sehen lassen! Die Musiker sind allesamt beinharte Purple-Fans und legen mit ihrer Ausrüstung, den Instrumenten und dem Sound großen Wert auf Authentizität und den originalen Klang. Den Bühnenhintergrund ziert ein großes Bild von In Rock, das heuer 51 Jahre alt wird. Aus diesem Anlass spielen Demon’s Eye das Album heute in voller Länge. Los geht’s bei bestem Sound mit dem Kracher „Speed King“, der auch das Album In Rock eröffnet. Die Band spielt furios auf und feuert bereits beim ersten Song aus allen Rohren. Bei mir dauert es nicht lange und ich bin bereits mitten im Konzertgeschehen. Ich merke, wie ich die so lange schmerzlich vermisste Livemusik förmlich in mir aufsauge. Bei der Reihenfolge nehmen es die Musiker nicht so genau, was jedoch keinen hier stört. Ich bin einfach nur froh, wieder Livemusik genießen zu können. Und es ist tatsächlich ein Genuss, was einem die Musiker von Demon’s Eye hier um die Ohren hauen. Gitarrist Mark Zyk ist unbestritten von seinem großen Vorbild Ritchie Blackmore beeinflusst. Er hat die Gitarrenkünste des „Man In Black“ perfekt drauf und scheint genauso in der Musik versunken zu sein, wie Mr. Blackmore selbst bei seinen Auftritten. Jon Lord hat Zyk aufgrund seiner Gitarrenkünste 2010 nach Liverpool eingeladen, um bei einer Aufführung seines berühmten „Concerto For Group And Orchestra“ mitzuwirken. So eine Ehre wird nun wirklich nicht jedem Zuteil! Zyk spielt natürlich eine weiße Fender Stratocaster, was denn sonst? Zusammen mit dem Oldschool-Equipment klingt das schon äußerst genial und versetzt einen sofort in die goldenen 70er Jahre. Auch lässt er wie Blackmore seine Gitarre über die Bühnenkante gleiten und entlockt ihr dabei die seltsamsten Tonvarianten. Gert-Jan Naus an der Hammond-Orgel und an den Keyboards übernimmt die Parts von Orgelgott Jon Lord. Er klingt wie Jon Lord, das ist schon sehr abgefahren. Aber nicht nur, dass er die Orgelparts alle draufhat. Die Hammond wummert, heult, röhrt, zischt und klingt dann wieder ganz friedlich. Das können heute nicht mehr viele. Auch die Improvisationen im Wechselspiel mit Zyk gelingen problemlos und sind so filigran, dass ich oft aus dem Staunen nicht mehr herauskomme. Brachiale und brettharte Stücke wie „Hard Lovin‘ Man“, „Bloodsucker“ oder „Living Wreck“ machen klar, dass Deep Purple zur Zeit der Veröffentlichung des Klassiker-Albums in punkto Härte ein fast nicht zu erreichender Gradmesser waren. Hier wurden sämtliche Hippie-Träume über Nacht schlagartig beendet und das Zeitalter des Hardrock war angebrochen. Gesanglich präsentiert werden die Stücke von Daniele Gelsomino. Der sympathische und stimmgewaltige Frontmann hat sichtlich Spaß auf der Bühne. Es gelingt ihm schnell, Kontakt zum Augsburger Publikum aufzubauen und das restlos zu begeistern. Einfach hat er es nicht. Vor allem beim Überhit „Child In Time“ zeigt er ein gewaltiges Stimmvolumen, welches er mit einigen Abstrichen sehr gut meistert. Sehr beeindruckend ist auch die Tatsache, dass der etatmäßige Bassist Jan Dickmann aufgrund einer Erkrankung nicht mitspielen kann. Er wird von einem Klasse-Bassisten ersetzt, der heute das erste Mal mit der Band spielt. Zusammen mit dem blendend aufgelegten Schlagzeuger Andree Schneider bildet er ein Rhythmus-Gespann, bei dem man den Eindruck bekommt, sie spielen schon seit Jahren zusammen. Die Begeisterung im Spectrum nimmt mit jedem weiteren Song Fahrt auf. Stücke wie „Space Truckin“ sind wahre Party-Kracher, die gute Laune verbreiten. Auch von Rainbow werden mit dem überragenden „Man On The Silver Mountain“ oder „Stargazer“ wahre Perlen präsentiert. Der 80er-Jahre-Doppelschlag „Knocking At Your Back Door“ und „Perfect Strangers“ bildet zusammen mit dem Mega-Hit „Burn“ einen gelungenen Abschluss des regulären Programms. Der Zugaben-Block hat es in sich. Die Who Do We Think We Are-Perle „Woman From Tokyo“ lädt noch einmal zum Zeitsprung ein. Man merkt den Musikern die Spielfreude, die Begeisterung und den Respekt gegenüber den Originalen dabei zu jeder Sekunde an. „Highway Star“ setzt zum alles entfesselnden Überholmanöver an, bevor mit dem Uralt-Klassiker „Hush“ das Publikum kollektiv seine Sangeskünste unter Beweis stellen kann. Unter tosendem Beifall werden die Musiker von Demon’s Eye von der Bühne verabschiedet. Sie haben es sich mehr als verdient, das war ein gelungener Abend. Was zu dem Zeitpunkt noch keiner weiß: Die Inzidenz steigt in den Wochen darauf wieder sehr stark, die Situation in den Notaufnahmen der deutschen Krankenhäuser nimmt bedrohliche Ausmaße an. Davon ist an diesem Abend noch nichts zu spüren, man schaut in viele strahlende Gesichter, die glücklich sind, wieder ein Stück Normalität erlebt zu haben. Bleibt zu hoffen, dass sich die Situation wieder deutlich und langfristig verbessert! Setlist: 1. Speed King 2. Flight Of The Rat 3. Living Wreck 4. Bloodsucker 5. Black Night 6. Into The Fire 7. Hard Lovin‘ Man 8. Child In Time 9. Space Truckin‘ 10. Man On The Silver Mountain 11. Soldier Of Fortune 12. Guitar Intro / Mistreated 13. Perfect Strangers / Stargazer 14. Knocking At Your Back Door 15. Burn --- 16. Woman From Tokyo 17. Highway Star 18. Hush Stefan Graßl |
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