Powerwolf
Metallum Nostrum
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Nachdem Powerwolf im Frühjahr 2015 mit den Aufnahmen von Blessed & Possessed fertig waren, fielen sie in eine Art kreatives Loch und wußten nicht, was sie mit der plötzlichen Freizeit anfangen sollten – bis jemand die schon länger in den Hinterköpfen schwebende Idee wieder hervorkramte, gleich nochmal ins Studio zu gehen und mehr oder weniger spontan eine Platte voller Coverversionen einzuspielen: Songs, die die Bandmitglieder auf ihrem Weg begleitet und geprägt haben. Gesagt, getan – wenige Wochen später waren zehn Songs aufs Band gebracht und wurden als Bonus-CD der Erstauflage von Blessed & Possessed beigefügt. Jahre später entstand die Idee, daraus auch noch einen regulären Albumrelease zu machen, und diese CD namens Metallum Nostrum liegt nun hier im Player.
Die eben getätigte Aussage bezüglich des Auswahlkriteriums für die zehn Nummern läßt in der Theorie durchaus unterschiedliche Ausprägungen zu – die „Brüder“ Greywolf etwa haben in früheren Bands auch schon Gothic Metal oder Stoner Rock gespielt. Im hier gegebenen Kontext beschränken sie sich mit einer Ausnahme allerdings aufs traditionsmetallische Fach und wählten zugleich Songs aus ihrer Jugendzeit, die zentral in die zweite Hälfte der Achtziger und die frühen Neunziger gefallen ist: Mit der auch stilistischen Ausnahme Gods Of War Arise“ vom 2006er Amon-Amarth-Album With Oden On Our Side stammen alle Nummern aus der Zeit zwischen 1985 („Out In The Fields“, Gary Moore) und 1993 („Edge Of Thorns“, Savatage). Die Amon-Amarth-Wahl verwundert nicht, da Powerwolf durchaus auch in Billings mit härteren Combos reüssieren konnten und können, und auch ansonsten sind fast ausnahmslos große Namen vertreten, originellerweise aber nicht zwingend auch mit deren meistgecoverten Songs, sondern mit nicht minder interessanten, aber eben nicht in der ersten Reihe stehenden. Klassisches Beispiel: Judas Priests Painkiller-Album stellt als einzige Band und Scheibe gleich zwei Songs, aber eben nicht den üblicherweise gecoverten Titeltrack, sondern „Touch Of Evil“ (das „A“ des Originals wurde hier wegrationalisiert) und „Night Crawler“. Bei Iron Maiden fiel die Wahl auf „The Evil That Men Do“, „Conquistadores“ ist auch nicht der erste Song, an den man denkt, wenn man Running Wild covern will, und so geht das dann weiter, vielleicht mit Ausnahme von Gary Moore, dessen „Out In The Fields“ tatsächlich den Nachspieler-Spitzenplatz innehaben könnte, selbst wenn seine in metallischen Kreisen bekannteste Coverversion die Nightwish-Adaption von „Over The Hills And Far Away“ sein dürfte. Unter die neun Bands (wir erinnern uns: Judas Priest dürfen zwei Songs stellen) haben Powerwolf allerdings auch einen Geheimtip geschmuggelt, den man erst beim zweiten Blick auf die Tracklist erkennt: „Power And Glory“ steht da an Position 4, und man vermutet zunächst, Powerwolf hätten auch hier ein Wörtchen eingespart und Saxons „Power And The Glory“ eingespielt. Aber dann stößt man in den strukturellen Informationen zu den einzelnen Songs, die im bookletlosen Digipack unter dem Cleartray zusammengefaßt sind, auf den Songwriternamen Stefan Hirschbeck, und der hatte mit Saxon nichts zu tun. Des Rätsels Lösung: Es handelt sich um den Opener des Chroming-Rose-Debütalbums Louis XIV, und selbige Combo besaß zwar weiland sogar einen Majordeal, kam aber trotz gutklassiger Songs auf keinen grünen Zweig und dürfte heute nur noch einer Handvoll Altmetaller geläufig sein. So besitzt Metallum Nostrum also auch noch einen kleinen „Bildungsanspruch“.
Spannende Frage ist nun aber, wie Powerwolf an die Umsetzung der Coverversionen herangehen würden – sie haben ja durchaus einen recht eigenständigen Stil, und so könnten sie versuchen, die Songs in diesen Stil umzuformen, aber auch dem Original weitgehend zu entsprechen versuchen. Schnell wird klar, dass sie sich für die erste Variante entschieden haben: Kennt man die Originale nicht, könnte man Metallum Nostrum problemlos für eine neue Scheibe mit Powerwolf-Songs halten, und das einzige, worüber man sich wundern würde, ist der Aspekt, dass Attila Dorn hier nirgendwo pseudoreligiöse lateinische Textfetzen einstreut. Er singt in der Gesamtbetrachtung vielleicht auch einen Tick rauher als sonst, bleibt primär aber natürlich bei seinem theatralischen Stil, und Falk Maria Schlegel bringt es fertig, auch in jene Songs noch ein paar (echte!) Orgelklänge einzuschmuggeln, die original keine solchen aufboten, wobei die Tasteninstrumente generell allerdings etwas weiter in den Hintergrund gemischt sind, als man das von Powerwolf sonst gewohnt ist, so dass auch generell ein recht robustes, dennoch aber klares und durchsichtiges Klangbild entsteht, das manchem Anhänger der Band vielleicht sogar besser munden wird als die eine oder andere der regulären Studioaufnahmen. Im klanglichen Mittelpunkt stehen hier klar die Gitarren, wobei sich Powerwolf bei den Leads Hilfe von Markus Pohl holten, den der Metalanhänger u.a. von Mystic Prophecy und aktuell von einer weiteren „anonymen“ Band her kennt und der beispielsweise in „Edge Of Thorns“ in der Hinleitung zum Solo den Ton von Criss Oliva beeindruckend genau trifft. Spannende Frage war allerdings vor allem, wie Attilas Gesang zu den doch sehr unterschiedlichen Originalen paßt – und man staunt: Er klingt wie beschrieben deutlich anders als Halford, Dickinson, Ozzy und all die anderen, vor allem anders als Johan Hegg, und doch hat man nirgends das Gefühl, hier wäre etwas aufgesetzt oder unpassend. Und wer Amon Amarth schon immer instrumental mochte, aber mit dem Grunzgesang Heggs nicht so richtig warm wurde, der findet hier eine Variante, die ganz nach seinem Gusto sein könnte.
Letztlich sind es solche Details, die über das Gelingen eines derartigen Coverprojektes entscheiden. Neben den positiven finden sich auch geringfügige negative – als Beispiel sei mal Roel van Heldens Drumming herausgegriffen. Der Mann kann was, keine Frage. Wie er den stoisch anmutenden Stampfbeat Fredrik Anderssons ab Minute 3:10 von „Gods Of War Arise“ im Feeling exakt hinbekommt, das nötigt Respekt ab. In „Headless Cross“ aber kann er dem Original nicht das Wasser reichen: Er trommelt zweifellos solide – aber im Black-Sabbath-Original spielt Cozy Powell schon im Intro, als ginge es um sein Leben, und das ist dann eben das eine Prozent Feeling, das eine gute von einer sehr guten Umsetzung unterscheidet.
Nichtsdestotrotz sollte man nicht dazu neigen, Metallum Nostrum überzuanalysieren: Es ist sozusagen ein Spontanprojekt aus purem Spaß an der Materie, und als solches kann es dem Powerwolf-Anhänger wie dem Anhänger der Originale gleichermaßen Freude bereiten. Da die Songs der Einzel-CD mit der auf der Bonus-CD von Blessed & Possessed identisch sind, braucht zudem niemand, der besagte Special Edition schon besitzt, doppelt in die Tasche zu greifen.
Roland Ludwig
Trackliste |
1 | Touch Of Evil | 5:40 |
2 | Conquistadores | 4:45 |
3 | Edge Of Thorns | 6:00 |
4 | Power And Glory | 4:54 |
5 | Out In The Fields | 4:16 |
6 | Shot In The Dark | 4:11 |
7 | Gods Of War Arise | 5:53 |
8 | The Evil That Men Do | 4:31 |
9 | Headless Cross | 6:09 |
10 | Night Crawler | 5:42 |
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Besetzung |
Attila Dorn (Voc)
Matthew Greywolf (Git)
Falk Maria Schlegel (Keys)
Charles Greywolf (B, Git)
Roel van Helden (Dr)
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