Exumer
Fire Before Possession – The Lost Tapes
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Info |
Musikrichtung:
Thrash Metal
VÖ: 27.03.2015 (1986)
(High Roller)
Gesamtspielzeit: 34:28
Internet:
http://www.exumer.de
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Mit dem 1985er Demotape A Mortal In Black hatten Exumer einen Plattenvertrag bei Disaster Records eingesackt und spielten auf deren Wunsch im Frühherbst 1986 einige der Songs, die für das Debütalbum Possessed By Fire vorgesehen waren, als Rohfassungen ein, bevor sie dann zu Harris Johns ins Berliner Musiclab-Studio pilgerten, um die LP aufzunehmen, was dann offensichtlich recht schnell geschah, denn das Werk wurde letztlich noch im Jahr 1986 veröffentlicht – und auch sonst war die Band von der schnellen Sorte, denn nur ein halbes Jahr später stand schon der Zweitling Rising From The Sea in den Läden, bevor der Stern der Band ebensoschnell wieder verglomm, wie er aufgegangen war. Obwohl besonders das Debüt seinerzeit sehr wohlwollend rezipiert worden war, schafften es Exumer nicht, aus der zweiten Reihe der deutschen Thrash-Metal-Bands hervorzutreten, wobei der Frontmannwechsel zwischen den beiden Alben sicher nicht hilfreich war, um eine stabile Arbeit sicherzustellen, und das zweite Album zudem allgemein als schwächer eingeschätzt wird. Zum Kultact wurden Exumer letztlich erst später, als eine neue Generation von Thrash-Anhängern in der Geschichte nach vergessenen Bands zu graben begann, und so taten sich im neuen Jahrtausend auch Ur-Sänger und –Bassist Mem von Stein und Gitarrist/Hauptsongwriter Ray Mensh wieder unter dem Exumer-Banner zusammen, nachdem sie sich bereits in den Neunzigern bei der Crossover-Truppe Humungous Fungus wiedergetroffen hatten, wo zudem auch noch der andere alte Exumer-Gitarrist Bernie Siedler spielte. Die „neuen“ Exumer machten einerseits das Material der beiden Alben wieder zugänglich, begannen aber andererseits auch mit dem Einspielen und Veröffentlichen neuer Alben – und sie realisierten noch ein weiteres historisches Projekt: Von dem Tape mit den Rohfassungen der für das erste Album geplanten Songs war seinerzeit nur eine sehr geringe Anzahl von Exemplaren hergestellt worden, nämlich eins fürs Label und eine Handvoll für die Bandmitglieder sowie einige enge Freunde. Über die Jahrzehnte hinweg gingen all diese Tapes verloren, bis auf dasjenige von Matthias Noll – und ebenjenes wurde von Patrick W. Engel behutsam restauriert (damit hat der Mann beispielsweise durch seine Arbeiten für German Democratic Records ja reichlich Erfahrung) und liegt nun als CD unter dem Titel Fire Beyond Possession – The Lost Tapes in auf 500 Exemplare limitierter Auflage vor.
Wer das reguläre Album Possessed By Fire besitzt, weiß, dass man dort ein „klassisches“ Harris-Johns-Soundgewand zu hören bekommt, das ein wenig an gleichaltrige Kreator-Werke erinnert, was dann auch als typischer Stilaufhänger taugt, obwohl durchaus auch amerikanische Thrashbands ihre Spuren im Exumer-Sound hinterlassen haben. Dass die Rohfassungen sich von den regulären Aufnahmen unterscheiden würden, war natürlich klar, wobei an den Songstrukturen selbst nicht ganz so stark gefeilt wurde – selbst der große Akustikpart in „Destructive Solution“ ist hier schon vorhanden, ebenso wie der coole tangoartige Rhythmus in „Xiron Darkstar“, während natürlich so gut wie alle Intros und sonstigen Effekte noch fehlen, bis auf das Akustikintro von „A Mortal In Black“, wobei das interessanterweise eine Neuzutat darstellt und auf dem ein Jahr älteren Demo-Titeltrack noch nicht zu hören ist. Von den neun später auf dem Album gelandeten Songs sind acht auf dem Tape vorhanden, lediglich „Sorrows Of The Judgement“ fand seinen Weg nicht dorthin. Von speziellem Interesse ist allerdings der Sound der Aufnahme, und damit sind nicht kleine technische Unzulänglichkeiten des Tapes gemeint – Engel hat sich große Mühe gegeben, aber halt auch nicht alle Gleichlaufschwankungen restlos beseitigen können, so dass es in „A Mortal In Black“ oder „Journey To Oblivion“ etwas leiert, und in letzterem Song brüllt von hinten sogar jemand irgendwelche „Regieanweisungen“ hinein. Nein, die konkrete Soundausprägung ist interessant: ein relativ grelles Klanggewand mit kaum hörbarem Baß, scheppernder HiHat und auch wenig Tiefe in den Gitarren, dazu noch ein oftmals viel hysterischer kreischender Mem von Stein am Mikrofon – wenn man nicht wüßte, dass das Tape damals nur einem minimalen Kreis von Menschen zugänglich gemacht wurde, könnte man hier eine Blaupause für den späteren norwegischen Black Metal der ersten Welle erblicken. Das paßt natürlich musikstilistisch nicht, zumal Syke Bornetto zwar des öfteren in schnellem Ufta-Ufta auf sein Drumkit einprügelt, sich aber von Blastbeats fernhält und sich vor allem in die hinteren Songs wie „A Mortal In Black“ oder „Silent Death“, aber auch schon in den späteren Titeltrack „Possessed By Fire“ etliche groovige Midtempopassagen eingeschlichen haben, die für interessante Strukturierungen des Materials sorgen, wobei die Komplexität allerdings längst nicht so hoch liegt wie bei den Acts der späten Achtziger, die man später mit dem musikgeschichtlich eher unglücklichen Terminus Techno Thrash umschrieb. Und so hochkarätige Gitarristen wie Exumer hatten die frühen Norweger auch alle nicht. Trotzdem ist das Gedankenexperiment interessant, sich hier eine imaginäre Stilbrücke vom Thrash zum Black Metal vorzustellen, wenngleich wie erwähnt die historische Realität eine andere gewesen sein dürfte.
Die acht Songs dauern knappe 35 Minuten – eine kleine Straffung hat bei Johns dann also stattgefunden, denn die neun Songs des regulären Albums überschreiten die 35-Minuten-Marke auch nicht so deutlich, und bei „Sorrows Of The Judgement“ handelt es sich nicht nur um ein einminütiges Zwischenspiel o.ä., sondern um einen ganz regulären Song von mehr als drei Minuten Länge. Wer sich fragt, warum man die Gelegenheit nicht genutzt hat, um auch gleich noch die drei Tracks vom Demo A Mortal In Black mit unterzubringen, was in editorischer Hinsicht keine schlechte Idee gewesen wäre, dem ist zu antworten, dass diese Songs bereits zwei Jahre zuvor auf der ebenfalls bei High Roller erschienenen Wiederveröffentlichung von Possessed By Fire als Boni Verwendung gefunden hatten. Dafür bietet das mit einer konsequent historisierenden Optik ausgestattete Fire Before Possession (man beachte das liebevoll durchgekritzelte Veröffentlichungsjahr auf der Bookletrückseite!) noch eine kultige Zutat im Booklet: Dessen letzte Doppelseite ist mit der Gebrauchs- und Pflegeanweisung für Compact Discs (partiell in sechs Sprachen!) gefüllt, wie man sie in den Achtzigern nach der Neueinführung der CD üblicherweise in Booklets abgedruckt fand, gefüllt, womit der gedankliche Rücksprung abgerundet wird. Summa summarum bleibt dieser Release allerdings Stoff für Spezialisten – wenn ihn nicht zufällig die Black-Metal-Historiker entdecken sollten und sich somit noch ein neuer Interessentenkreis auftut. Die persönliche Wertung bleibt konkret davon abhängig, ob man mit dem Sound klarkommt, der einem an schlechten Tagen auch ganz fürchterlich auf den Geist gehen kann, was freilich mit so mancher historischer, eigentlich nicht zur Veröffentlichung gedachter Aufnahme so ist.
Roland Ludwig
Trackliste |
1 | Possessed By Fire | 4:19 |
2 | Journey To Oblivion | 4:25 |
3 | Reign Of Sadness | 4:21 |
4 | Xiron Darkstar | 3:17 |
5 | Fallen Saint | 4:15 |
6 | Destructive Solution | 3:41 |
7 | A Mortal In Black | 4:35 |
8 | Silent Death | 5:29 |
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Besetzung |
Mem von Stein (Voc, B)
Bernie Siedler (Git)
Ray Mensh (Git)
Syke Bornetto (Dr)
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