Rolling Stones
Blue & Lonesome
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Da ist es also, das neue Album der „Rollenden Steine“. Es wurde im Vorfeld als reines Blues-Album angekündigt, was für viele dann doch eine Überraschung war. An sich sind die Stones jedoch in ihrem Ursprung eine Band, die zu ihrer Anfangszeit hauptsächlich alte Rhythm & Blues-Klassiker gespielt hat und diese Musiker geradezu vergöttern. Das erste Album der Truppe - damals natürlich noch mit Brian Jones - bestand ausnahmslos aus Blues-Klassikern alter Schule und enthielt keine Eigenkompositionen. Die Stones sind seit jeher große Verehrer des alten Chicago-Blues, ihre Helden sind Chuck Berry und Muddy Waters, mit denen sie des Öfteren zusammen gespielt haben.
Bereits der Sound des Openers haut mich komplett aus den Latschen. Das Teil rockt, dampft, groovt und donnert aus allen Rohren! Knochentrocken und zäh wie gegerbtes Leder stampfen die Vier munter drauflos, als würden sie in einer billigen Kneipe um einen Nachwuchspreis spielen.
Die Songs wurden live im Studio eingespielt, es wurden keine Overdubs verwendet. So hört sich das Ganze auch an. Wild, roh und ungezügelt. Man hört dem Quartett den Spaß deutlich an. So geht Musik! Vor allem Mick Jagger überrascht mich mit einem wuchtigen, voluminösen Organ, das ich ihm in dieser Form auch auf einer Studioaufnahme nicht mehr zugetraut hätte. Und vor allem: Die Bluesharp, die er spielt, gehört mit zum Besten, was es auf diesem Sektor gibt. Er röhrt sich förmlich die Lunge aus dem Leib.
Dabei klingen sie keineswegs wie eine satte, müde Rentnerband. Wer Weltschmerz richtig spüren will, sollte sich ohne Umschweife an den Titelsong „Blue & Lonesome“ heranwagen. Gesanglich der Hammer - und was die Gitarrenfront um Keith Richards und Ronnie Wood hier anstellt, ist ebenfalls gigantisch. Dieses traumwandlerisch sichere Zusammenspiel ist schier grandios.
Bei „I Gotta Go“ geben sie so was von Vollgas, dass mir fast Hören und Sehen vergeht. Was für eine Dampframme. Und welche wunderbare Rhythmusarbeit von Charlie Watts. „Little Rain“ erinnert ein bisschen an Robert Johnsons „Love In Vain“, das die Stones für das Album Let It Bleed aufgenommen hatten. „I Can’t Quit You Baby“ beschließt die fulminante Scheibe. Hier überschlägt sich sogar Jaggers Stimme, authentischer geht es nicht mehr. Wenn ihm jemals eine Frau davon gelaufen ist, mit diesem Song sollte es ihm jederzeit gelingen, dass sie wieder zu ihm zurückkommt.
Im Booklet sind einige Fotos aus dem Studio zu sehen, die Stones geben einige interessante und lesenswerte Kommentare zu den Aufnahmen ab. Vor allem auf Keith Richards Gesicht kann man deutlich sehen, wie viel Spaß ihm diese Sessions gemacht haben müssen. Der Druck, eigene Songs zu schreiben ist weg und die Truppe spielt befreit und entfesselt auf. Was die Band hier abzieht, ist ganz großes Kino. Eine größere Verneigung vor ihren Wurzeln kann es nicht geben. Von daher fast volle Punktzahl - für mich definitiv eines der besten und lässigsten Alben des Jahres 2016! 20 Punkte hätte es von meiner Seite gegeben, wenn man noch eine „Making Of“-DVD draufgepackt hätte. Und ein paar mehr Songs hätten es locker auch sein können!
Stefan Graßl
Trackliste |
1 | Just Your Fool |
2 |
Commit A Crime |
3 |
Blue And Lonesome |
4 |
All Of Your Love |
5 |
I Gotta Go |
6 |
Everybody Knows About My Good Thing |
7 |
Ride ‘Em On Down |
8 |
Hate To See You Go |
9 |
Hoo Doo Blues |
10 |
Little Rain |
11 |
Just Like I Treat You |
12 |
I Can’t Quit You Baby |
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Besetzung |
Mick Jagger: Vocals & Harp
Keith Richards: Guitar
Ronnie Wood: Guitar
Charlie Watts: Drums
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