Musik an sich


Reviews
Verschiedene

The Electro Swing Revolution Vol. 6


Info
Musikrichtung: Electro Swing

VÖ: 27.11.2015

(Lola’s World Records/ Clubstar/ Soulfood)

Gesamtspielzeit: 123:47

Internet:

facebook.com/lolasworldrecords


Der Swing war im Grunde die letzte richtige Tanzbewegung im Jazz, doch das ist lange her. Mit Hilfe elektronischer Beats kehrte er in den letzten fünf Jahren als Electro Swing auf die Tanzböden zurück. Da könnte man schon fast fragen, warum im Jazz generell so wenig getanzt wird. Immerhin gibt es einige Funkjazzer, die genau das, was Electro Swing vermittelt, tanzbarer Jazz, aufnehmen könnten. Zum Beispiel wäre Candy Dulfer die Richtige.
Die Reihe „The Electro Swing Revolution” hat inzwischen die sechste Ausgabe erreicht und bietet genügend Varianten des Electro Swing, um nicht nur Eingeweihten, sondern auch Neugierigen Einiges zu bieten. Zusammengestellt wurde die Kompilation von der DJane und Radioredakteurin Gülbahar Kültür (CD 1) und dem DJ, Radioredakteur und Electro-Swing-Party-Veranstalter Johannes Heretsch aka Louie Prima (CD 2). Hört man beide CDs hintereinander, ergibt sich eine Wandlung von – man könnte sagen – Swing zu Electro Swing zu Swing Electro. Die Auswahl beginnt im Stil von Ella Fitzgerald und Vergleichbarem. Hier bedient man möglicherweise etwas die zeitgleich existierende Swing -Tanzbewegung, in der man mit gepflegtem Dandytum die Tanzabende der Swingzeit möglichst stilgetreu, aber mit heutigen Swing-Retro-Bands wieder auferstehen lässt. Langsam schleichen sich dann Scratches und Loops in die Songs; es wird immer rhythmischer. Dabei wechseln die Rhythmen wie auch Melodien nur allmählich, bis auf der zweiten CD dann irgendwann die Beats dominieren und der Swing nur noch Klangfarbe ist. Ist das noch Electro Swing oder eher Swing Flavoured Techno, könnte man hier fragen.
Nun muss man natürlich dazu sagen, dass diese Kompilation hauptsächlich dazu dient, eine Electro Swing Party steigen zu lassen und weniger, um sie bewusst durchzuhören. Sie folgt also eigenen Gesetzen und da ist das Doppelalbum in seiner Mix-Dramaturgie sehr durchdacht, lässt insbesondere kaum eine Atempause beim reinen Zuhören und manchmal hätte die halbe Nummer auch genügt. Auch fällt auf, dass es gegenüber der ersten Ausgabe der Reihe im Grunde keine wesentlich neuen Entwicklungen gibt. Die Gefahr der Standardisierung in der Club Music kennt man ja, siehe Brazilectro, Trip Hop oder was auch immer.
Dennoch springen einige Titel ins Ohr. Louis Armstrongs „Cuban Pete“ (im Remix von Pep’s Show Boys, Sebastian Röser & Russo) überzeugt am ehesten, weil hier die richtige Mischung gefunden wurde. Man kennt die unverwechselbare Stimme, der neue Sound lässt jedoch aufhorchen, weil das Stück das rhythmische Potential derart hervorhebt, dass Ole Satchmo wohl sehr gestaunt hätte. Gleichzeitig wurde auch sein Trompetensolo drin gelassen und sein Scatting ist eh sehr samplefreudig. Geht doch, möchte man sagen. Weniger überzeugen die gleichen Leute bei ihrer Version von Nina Simones „My Baby Just Cares For Me“. Zu zerhackt fällt das Stück auseinander bis man nur noch „My Baby“ hört. Es lässt sich eben nicht alles verbiegen. Was aber auch geht ist, dass der Rhythmus nicht immer durchgehend sein muss, wie bei Marcella Puppini, die ja neben dem empfehlenswerten italienischen Cantautori Peppe Voltarelli zu den bekanntesten Namen hier gehört. Manchmal gibt es auch Annäherungen an den Balkan Pop oder gar zum Schlager wie bei Barbara Schönebergers „Gibt’s Das Auch In Groß?“. Immerhin deutlich besser, als was man sonst von deutschen Schlagern her kennt. Genug zum sich inspirieren lassen gibt es also hier und erst recht zum Tanzen in einem der derzeit angesagtesten Stile.



Hans-Jürgen Lenhart



Trackliste
CD 1
Yabba Dabba Doo by Gülbahar Kültür:
1
Rachelle Garniez - Just Because You Can
2
Blue Harlem - Til My Baby Comes Back to Me
3
Luke & Belleville Orchestra - Bad Bad Fever
4
Moonlight Breakfast - Play
5
Super Preachers - Do Da Swing
6
Zoowax - You Gotta Go
7
The Gaslight Troubadours - The Devil Swings Out (Original)
8
Peppe Voltarelli - Scarpe Rosse Impolverate (Dusty Red Shoes) (4MuLA Remix - Radio Edit)
9
Laliko - I Want To Swing*
10
Swingrowers - Chiovi
11
Louis Armstrong - Cuban Pete (Pep‘s Show Boys, Sebastian Röser & Russo Remix)
12
Bob Zuga & His Orchestra feat. Billie Holiday - It’s Too Hot For Words*
13
Yabloko Moloko - Till Dawn
14
Elle & The Pocket Belles - Swingin‘ Together (C@ in the H@ Remix)
15
Marcella Puppini - In The Mood For Trouble
16
Buscemi - The Way You Talk To Me (feat. Bovarii)
17 Alan de Laniere & Miss Wonder - I Want It All (Electro Swing Mix)

CD 2 Swing is the Thing! by Louie Prima:
1
Louie Prima & Wolfgang Lohr - Digga Dooh*
2
Parov Stelar - Demon Dance
3
Klischée - Femme Fatale
4
Caro Emerald - One Day (Swingrowers Remix)*
5
Tape Five - Gipsy VIP
6
Catjam - Peanut Gutter (Original Mix)*
7
Charlie Beale - Brother Moses
8
Al Jawala - Voodoo Rag (CMC & Silenta Remix)
9
Farrapo & JazzDog feat. Cico - 69 Times And Then One More*
10
Jazzotron feat Sofija Knezevic - Let‘s Go (Nikola Vujicic Remix)*
11
Manouche - Men Si Fensi*
12
Swingrowers - Enjoy The Moment (Bart&Baker Remix)
13
The Gentlemen Callers of Los Angeles - Old Tyme Religion (Original)*
14
Zouzoulectric - Shim Sham
15
Pep’s Show Boys & Julio Posadas feat. Rosantique - My Baby (Sebastian Röser)*
16
11 Acorn Lane - Spend My Time With You (Electro Swing Remix)*
17
Barbara Schöneberger - Gibt‘s Das Auch In Groß

 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>