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Große Songs eines bescheidenen Songwriters: Albert Hammond live in Gersthofen
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Albert Hammond war mir persönlich nur durch die Songs „It Never Rains In Southern California“ und „Free Electric Band“ bekannt. Mein Kumpel hat sich Albert Hammond in diesem Jahr in München angeschaut und war restlos begeistert. So begeistert, dass er mich aufgefordert hat, mit ihm mit nach Gersthofen bei Augsburg zu fahren. Die Stadthalle Gersthofen ist eine kleine Halle mit einem Fassungsvermögen von etwa 500 Zuschauern. Ich schätze, dass vielleicht zwei Drittel der Plätze verkauft worden sind. Bereits vor dem Konzert steht am Merchandising-Stand der Hinweis, dass nach der Show Autogramme gegeben werden. Das hätte ich von Albert Hammond schon mal nicht unbedingt erwartet!
Das Konzert beginnt pünktlich um 19 Uhr mit „Everything I Want To Do“. Der Sound ist super und Albert Hammond legt von Beginn an eine sehr große Spielfreude an den Tag. Seine 69 Jahre sieht man ihm nicht an, er sieht für sein Alter sehr fit aus und spielt fast während des kompletten Konzerts eine ausgezeichnete akustische Gitarre. Begleitet wird er von einer Band bestehend aus einem Bassisten, einem Gitarristen, einem Keyboarder und einem Schlagzeuger. Sämtliche Musiker sind mir unbekannt, stehen jedoch in Punkto Spielfreude und Begeisterung ihrem Chef in keiner Sekunde hinterher. Im Gegenteil - manchmal habe ich den Eindruck, dass die deutlich jüngeren Musiker Mr. Hammond noch zusätzlich pushen.
Albert Hammond hat im Laufe seiner musikalischen Karriere etliche Leute persönlich kennengelernt und für sie oder mit ihnen Songs geschrieben. Er lässt es sich natürlich nicht nehmen, ab und an eine kleine Anekdote aus der Zeit zu erzählen. Mit Roy Orbison wollte er beispielsweise einen Song schreiben. Nachdem sie eine Stunde zusammen gesessen waren und der Song dann bereits fertig war, fragte Albert Roy, was sie denn jetzt tun sollten. Roy Orbison antwortete nur trocken: „Wir sind hier in Malibu. Lass uns schwimmen gehen…“. Solche Geschichten bringt er immer wieder dazwischen und unterhält so locker das Publikum. Dabei kommt er jedoch keinesfalls großspurig rüber, sondern überaus bescheiden und sympathisch. Bei einem Song verlässt er sogar die Bühne, geht durchs Publikum und schüttelt einigen Fans die Hände. Auch eine Geste, die natürlich sehr gut ankommt. Ab und zu wird’s auch rockig - z. B. bei dem Steppenwolf-Cover „Smokey Factory Blues“. Überhaupt muss man sagen, dass durch die Songs die Albert Hammond geschrieben hat, natürlich auch das Konzert unglaublich abwechslungsreich und vielschichtig ist. Es ist zu keiner Sekunde langweilig und das Konzert verfliegt förmlich in Windeseile. Dabei ist er sich nicht zu schade, ab und zu über sich selbst zu lachen. Es sind im Publikum einige jüngere Mädchen. Die fragt er direkt, ob sie ihn mit seinem Sohn (Albert Hammond Jr.) verwechselt haben, der bekanntlich bei den Strokes spielt.
Der Großteil des Publikums ist - wie ich selbst auch - von dem Konzert absolut hingerissen. Das liegt natürlich an der tollen Musik und der Bühnenpräsenz des Großmeisters, aber auch an den tollen Songs. Es hat schon was, „Down By The River“, „Everything I Want To Do” oder “Don’t Turn Around” live zu hören. Dass er ein großer Künstler mit einem noch größeren Herzen ist, beweist er bei folgender Aktion: Ein schwerkranker Fan hat extra für das Konzert das Krankenhaus verlassen und Albert Hammonds Managerin gefragt, ob er ihn persönlich treffen könnte. Dies wurde problemlos arrangiert und Albert Hammond grüßte den Fan namentlich im Publikum, winkte ihm zu und widmete ihm direkt im Anschluss den Song „These Are The Good Old Days“. Etwas derart ergreifendes und menschliches habe ich in einem Konzert von einem Künstler so noch nicht erlebt. Hier hätte man eine Stecknadel fallen hören können.
Seine Flexibilität stellt er unter Beweis, als er das Publikum auffordert, ihm Songtitel zu rufen, die er anschließend spielen würde - sofern er sich an den Text erinnern kann. Als der Song „Memories“ gewünscht wird, spielt er ihn nur mit der akustischen Gitarre. „One Moment In Time“, das ursprünglich von Whitney Houston gesungen wurde, singt er mit so viel Power und Elan, dass die gesanglichen Defizite im Vergleich zu Whitney Houston nicht weiter ins Gewicht fallen. Der Zugabenblock hat es in sich und spätestens hier steht das Publikum komplett. Das unsterbliche „Free Electric Band“ und natürlich „It Never Rains In Southern California“ beenden das schwungvolle, abwechslungsreiche Konzert. Gersthofen applaudiert, was die Hände hergeben und Albert Hammond und seine sympathische Band verlassen die Bühne.
Vielleicht 15 Minuten nach Konzertende kommt Albert Hammond an den Merchandising-Stand, wo bereits ca. 100 Leute auf ihn warten. Mit einer Eselsgeduld erfüllt er sämtliche Autogramm- und Fotowünsche und geht nach 50 Minuten in den verdienten Feierabend. Ich bin absolut begeistert und kann nur jedem empfehlen, sich Albert Hammond zumindest einmal live zu geben. Es lohnt sich!
Setlist:
Everything I Want to Do
Down by the River
I Don't Wanna Live Without Your Love
Rebecca
Careless Heart
The Snows of New York
Little Arrows
Freedom Come, Freedom Go
Good Morning Freedom
Gimme Dat Ding
Don't Turn Around
Give a Little Love
Praise the Lord
Smokey Factory Blues
Brand New Day
These Are The Good Old Days
I Don't Wanna Die in an Air Disaster
The Peacemaker
Anyone Here In the Audience
Woman of the World
When I'm Gone
99 Miles From L.A.
I Need to Be in Love
To All the Girls I've Loved Before
I Don't Wanna Lose You
When You Tell Me That You Love Me
One Moment in Time
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Nothing's Gonna Stop Us Now
When I Need You
The Air That I Breathe
I'm a Train
The Free Electric Band
It Never Rains in Southern California
Stefan Graßl
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