Musik an sich


Reviews
Kohaut, K. (Ars Antiqua Austria)

Haydn´s Lautenspieler (Instrumentalwerke)


Info
Musikrichtung: Vorklassik

VÖ: 02.10.2009

(Challenge Records / SunnyMoon / CD / DDD / 2008 / Best. Nr. CC72323)

Gesamtspielzeit: 66:44

Internet:

Ars Antiqua Austrai



AUSGEGRABEN

Eine höchst bemerkenswerte Figur der Musikgeschichte haben die Musiker um Ensembleleiter Gunar Letzbor hier "ausgeggraben": Karl Kohaut (1726-1784) war im regen Wiener Musikleben seiner Zeit bestens etabliert, stand zu Haydn und Mozart ebenso in gutem Kontakt wie zum berühmten Baron van Swieten. Er war gleichermaßen als Lautenvirtuose wie als Komponist anerkannt. Seine Vorliebe für die Laute prägt sein Werk auch dort, wo dieses Instrument gar nicht zum Einsatz kommt. Denn gerade ihre Herkunft aus der volkstümlichen Musik dürfte Kohaut Anlass gewesen sein, die Themen seiner Werke schon früh überwiegend volkstümlich inspiriert anzulegen. Dies ist für sich genommen nicht ungewöhnlich, jedoch überrascht, wie artifiziell und originell Kohaut dieses Material verarbeitet hat. Schon das 1761 publizierte Divertimento ist daher keine ganz leichte Kost, sondern versteigt sich in zum Teil recht kühne Klanggebilde und Harmonien, wie es Kohaut überhaupt fast immer gelingt, die Hörerwartungen zu unterlaufen: durch Trugschlüsse, plötzliche Einbringung eines Seitenthemas, abrupte Brüche und neuartige Kombinationen der Instrumentalfarben. Das ist alles andere als kleinmeisterlich, vielmehr höchst faszinierend und dabei doch immer voll koketter Galanterie.

Besondere Schmankerl in diesem Sinne sind das extravagante Kontrabassskonzert, das sich durch klangliche Experimentierfreude auszeichnet, aber auch das Lautenkonzert B-Dur, bei welchem sich die melodischen Entwicklungen vornehmlich im Bassregister ereignen und so dem Werk einen merkwürdig verschatteten Charakter verleihen.
Hörenswert ist auch das Haydn zugeschriebene Trio F-Dur, das vermutlich aus einer Zusammenarbeit mit Kohaut entstand. Es nimmt mit einem wunderbar sanglichen, grüblerischen Mittelsatz und einem farblich sehr differenzierten Schlusssatz für sich ein.
Janusköpfig zeigt sich die Sinfonie f-moll: hier zollt Kohaut dem Sturm und Drang Tribut, gleicht die musikalischen Schroffheiten aber mit zarten Einsprengseln immer wieder aus und schafft so ein kontraststarkes Werk.

Die Solisten Hubert Hoffmann (Laute) und Jan Krigovsky (Wiener Kontrabass) agieren virtuos, aber ohne unnötigen Druck. Ars Antiqua Austria nimmt die Sache nicht auf die leichte Schulter, sondern gestaltet die kaum bekannten Werke geradezu detailversessen und mit großer Ernsthaftigkeit, wobei insbesondere Gunar Letzbor das Verdienst zukommt, seinen Violinpart mit oft nachgerade zärtlicher Geste gleichermaßen zum Singen und zum Sprechen zu bringen. All dies ist zudem klangtechnisch optimal und bestens differenziert eingefangen worden.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1-3 J. Haydn: Trio F-Dur f. Laute, Violine & Bass
4-7 K. Kohaut: Divertimento Primo B-Dur f. Laute, 2 Flöten & Bass
8-10 K. Kohaut: Concerto D-Dur f. Kontrabass, 2 Violinen & Bass
11-13 K. Kohaut: Concerto B-Dur f. Laute, 2 Violinen & Bass
14-16 K. Kohaut: Sinfonia f-moll f. 2 Violinen, Viola & Bass
Besetzung

Hubert Hoffmann: Laute
Jan Krigovsky: Wiener Kontrabass

Ars Antiqua Austria

Gunar Letzbor: künstl. Ltg. & Violine


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