Platti, G. B.
Concerti grossi
NOCH ´NE PLATTI-PLATTE
Nachdem jüngst schon das russische Label Caro Mitis der Musik Giovanni Benedetto Plattis (1697-1763) eine eigene Produktion gewidmet hat (siehe MAS-Review), zieht nun harmonia mundi nach. Die jetzige Einspielung hat allerdings sowohl aufgrund der Auswahl der Stücke als auch wegen der technisch fulminanten Interpretation den ungleich größeren Reiz für sich.
Neben dem mittlerweile durchaus viel gespielten und wohlbekannten Oboenkonzert in g-moll, einem höchst eingängigen Werk, das der Oboen-Virtuose Platti sich selbst maßschneiderte, findet sich hier ein Cellokonzert, welches der Komponist für seinen Gönner, Rudolf Franz Erwein von Schönborn geschrieben haben dürfte. Im Gegensatz zum Oboenkonzert fällt der virtuose Anspruch in dieser Solo-Partie geringer aus, dennoch aber ist das Konzert zugkräftig und nimmt durch seine Vitalität für sich ein.
Bei den übrigen Werken, den Concerti grossi, handelt es sich um Bearbeitungen, denen Platti Violinsonaten aus dem opus 5 von Arcangelo Corelli zugrunde legte. Corelli war zu jener Zeit unverändert das große, bewunderte Vorbild des stilprägenden italienischen Musikgeschmacks. Seine Kompositionen waren aber von einer formalen Strenge, die zu Plattis Lebzeiten bereits nicht mehr en vogue war. Die Bearbeitungen atmen daher einen ganz anderen Geist als Plattis ureigene Konzerte. Um aus den Sonaten veritable Concerti grossi zu machen, verteilte Platti die Doppelgriffe der Violinstimme aus der Sonatenvorlage auf zwei Violinen, arbeitete Teile der Werke konzertant aus, also mit zwei solistisch geführten Violinen und einem Cello, und setzte andere Teile in Tutti-Streicherbesetzung um. Diese eher respektvoll-zurückhaltende Art der Bearbeitung belässt den Sonaten ihren eigenen, vornehm-erhabenen Charakter, lässt ohne weiteres noch Corelli heraushören und wirkt musikalisch überaus schlüssig. Im Concerto Nr. 4 hat sich die Akademie für Alte Musik Berlin entschieden, die von Platti vorgesehene Besetzung noch um zusätzliche Bläserstimmen (Oboen, Fagotte, Hörner) aufzustocken, was eine angenehme klangfarbliche Alternative aufzeigt und diesem Concerto besonderen festlichen Glanz verleiht.
Das Spiel des Orchesters ist nicht nur technisch überzeugend, sondern auch ausdrucksstark und körperlich, der Gesamtklang äußerst süffig. Plattis Musik, die zwar handwerklich perfekt, aber nicht unbedingt genial sondern eher "leicht verdaulich" zu nennen ist, braucht einen solchen Zugriff, um ihre volle Wirkung und ihren ganzen Reiz entfalten zu können.
Die beiden Solo-Konzerte werden vom Ensemble mit fast schon musikdramatischem Furor befeuert. Dank der zügigen Tempi durchpulst die Ecksätze ein hohes Maß an Lebendigkeit und Spannung, während die langsamen Mittelsätze sich ganz in den elegischen Melodien ergehen. Dabei trumpft Xenia Löffler beim Oboenpart mit klarem Ton und hochvirtuosem Spiel auf. Ein halsbrecherisches Tempo mutet sich Sebastian Hess am Cello zu und legt sich zumal beim Schlussatz des D-Dur-Konzerts derart ins Zeug, dass die Klanggewalt der Metal-Cellisten von Apocalyptica nicht mehr weit entfernt zu sein scheint.
Das macht nicht zuletzt deshalb so viel Spaß, weil es der Tontechnik gelungen ist, Orchester und Solisten extrem plastisch abzubilden.
Eine lukullische Produktion für alle Freunde barocker Orchestermusik.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
Concerto grosso Nr.10 in F-dur
nach Corellis Sonaten op.5, Kat.-Nr.544
1 I. Preludio 2:24
2 II. Allegro 2:12
3 III. Sarabanda 2:30
4 IV. Gavotta 0:29
5 V. Giga 2:00
Concerto con violoncello obligato (VIII) in D-dur
7 I. Allegro 3:27
8 II. Adagio 3:37
Concerto grosso Nr.4 in F-dur nach Corelli, Kat.-Nr.540
9 I. Adagio 1:45
10 II. Allegro 2:15
11 III. Vivace 1:02
12 IV. Adagio 2:24
13 V. Gavotta 2:21
Concerto “per Oboé” in g-moll, Kat.-Nr.644
14 I. Allegro 3:29
15 II. Largo 4:34
16 III. Allegro 3:22
Concerto grosso Nr.5 in g-moll nach Corelli, Kat.-Nr.541
17 I. Adagio 2:53
18 II. Vivace 1:50
19 III. Adagio 2:28
20 IV. Vivace 1:29
21 V. Allegro 1:40
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Besetzung |
Xenia Löffler: Oboe
Sebastian Hess: Violoncello
Georg Kallweit: Konzertmeister & Solovioline
Akademie für Alter Musik Berlin
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