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Hoelderlin

Clowns & Clouds


Info
Musikrichtung: Krautrock

VÖ: 08.02.2007 (1976)

(EMI)

Gesamtspielzeit: 58:36

Internet:

http://www.hoelderlin.com



Erfolg hat seinen Preis – The Story of HOELDERLIN, Kapitel 3

Mit Album Nummero Zwei hatten Hoelderlin sich entschieden und dem Bereich des Folks zwar nicht völlig den Rücken zugekehrt, waren aber deutlich zu neuen Ufern aufgebrochen. Mit dem dritten Album `Clowns & Clouds´ etablieren sie sich endgültig als feste Größe in der Krautrock-Szene.


Clowns & Clouds ist Album Nummer 3 von Hoelderlin; Album Nummer 2 nach dem Abschied vom fast reinen Folkrock des Debüts und Album Nummer 1 ohne die Gebrüder Käseberg; dafür mit Neu-Bassist Hans Bäär.
Das klingt nach Bewegung und beständigem Aufbruch und so klingt auch das Album. Frisch, temporeich, verspielt und mit viel Liebe zum Detail eingespielt gilt es heute bei vielen als eines der wichtigsten Alben einer der unterbewertetesten deutschen Rockbands.

Die gute alte Vinyl-LP hat sowohl im wahrsten des Wortes, als auch konzeptionell zwei Seiten – die Clowns- und die Clouds-Seite. Frohsinn und Trübsinn wären hier aber die falschen Assoziationen. Die Clouds haben nichts Düsteres oder Depressives an sich. Es ist eher die schwebende Seite, die mit lang ausgearbeiteten Motiven und oft psychedelischen Arrangements ein wenig in das Sphärische hinein abhebt. Dabei stehen hier aber eher Bands wie Kraftwerk und Tangerine Dream, als die ewige Vergleichsgröße Pink Floyd im Raum. Auch die orientalischen Klänge, die in „Streaming“ anklingen, verweisen eher auf entsprechen Experimente im Krautrrock-Bereich.

Wenn man vom Negativen spricht, muss man laut Gitarrist Christian Grumbkow eher auf die Clowns-Seite schauen. „Sie sollte irgendwie das Kaputte unserer Umwelt darstellen,“ erinnert er sich Jahre später im Interview mit Rainer M. Schröder. Bäär sieht das in den Linernotes zum Re-Release anders. „Auf der ersten Seite gab es Stücke, die wir weitestgehend unter dem Begriff „Theaterrock“ zusammenfassten.“
Dem Hörer dürfte letzteres eher einleuchten. Angesichts des Titels der LP-Seite wäre ich sogar versucht, es mit Circus-Folk-Prog zu versuchen. Das Herumtoben von Clowns und Spaßmachern mit Fabelwesen in einer Manege schiene mir ein hervorragender Ansatz für eine Umsetzung der drei Stücke in der Form von Musik-Videos zu sein, die es 1976 leider noch so gut wie nicht gab.

Während der Opener eine Art angefolkte Version früher Genesis ist, die viel mit Klarinette arbeitet und teilweise auch an Grobschnitt erinnert, beginnt „Your Eyes“ sehr weich mit einem typischen Hoelderlin-Sound. Im wilden Ausgang des Stückes hat dann die Violine das Sagen.
Das Highligt steht in der Mitte und gibt der ersten LP-Seite ihren Namen. Das Stück ist aufgrund seiner Vielfalt und seines Abwechslungsreichtums zu Recht in mehrere Teile unterteilt. Die treibende Nummer nimmt zu Beginn die „Schwebebahn“ des Vorgängeralbums auf, baut sich sehr verspielt auf, erzählt dabei seine Geschichte und erinnert wiederum an die beiden bereits genannten Bands, die auch in besonderer Weise für das Erzählen fantasievoller Geschichten bekannt sind – die frühen Genesis und Grobschnitt.
Aber es wird unüberhörbar, das Hoelderlin schon lange ihren eigenen Stil gefunden haben.

Vielleicht liegt das daran, dass die sich fleißig auf Tour befindende Band zu einer „eingeschworenen Gemeinschaft“ (Bäär) geweorden war. Oder auch dran, dass die wachsende Popularität steigende Gagen und damit solidere Etats für die Studioarbeit und die Anlage mit sich brachte. Trotz dieser Möglichkeiten wurde Clowns & Clouds in knapp zehn Tagen (inklusive Mix) eingespielt. Geschadet hat das Nichts. Im Gegenteil: Möglicherweise hat das zur Lebendigkeit der ersten Seite beigetragen, die mit längerer Produktionstätigkeit aufgrund ihres Detailreichtums durchaus hätte erstickt werden können.

Hoelderlin waren natürlich keine Stars im eigentlichen Sinne. Bäär, Michael Bruchmann und Joachim Grumbkow z.B. lebten gemeinsam in einem Haus in Wuppertal. Da denkt man schon eher an alternative, kollektive Lebensformen, wie sie in dieser Zeit auch von den Scherben oder Kraan geübt wurden.

Mit der „eingeschworenen Gemeinschaft“, von der Bäär spricht, soll es allerdings nicht lange so weiter gehen. Auch bei Hoelderlin frisst der Erfolg seine Kinder. Die Band ist gefragt. Acht TV-Auftritte, eine gigantische Zahl in der damals doch recht kleinen Fernsehsender-Szene, diverse Festival-Auftritte und die Kür des Titels „Phasing“ zur Titelmelodie des TV-Kulturmagazins Aspekte waren nicht nur beflügelnd, sondern auch Stress.

Nach der 77er Frühjahrstour, die Hoelderlin auch nach Skandinavien führte, „waren wir körperlich und seelisch fix und fertig", so Christian Grumbkow. Der Gitarrist, der schon Jahre lang Dozent an der Folkwang-Hochschule war, zog sich in der Folge aus der aktiven Musik zurück; blieb aber als Geschäftsführer Teil von Hoelderlin. Ihn ersetzte der Spanier Pablo Weeber, der bei Guru Guru gespielt hatte. Das aber greift schon auf das kommende Album voraus.

Die Remaster-Edition von Clowns & Clouds greift mit ihrem Bonus-Track dafür weit zurück. Der Traum stammt vom Debütalbum und erscheint hier in einer Live-Version, die wie der Bonustrack auf Hoelderlin in der Zeit zwischen den ersten beiden Alben aufgenommen wurde – hier etwas verproggter und mit einem Cello, das teilweise Apocalyptica voraus zu nehmen scheint.

Fortsetzung folgt



Norbert von Fransecky



Trackliste
Clown Side
1 Mad House (6:48)
2 Your Eyes (6:12)
3 Circus (10:07)
3.1 Tango Mili
3.2 Marching
3.3 Sensations

Cloud Side
4 Streaming (7:12)
5 Phasing (12:10)

Bonus Track
6 Traum (Live 1974) (15:51)
Besetzung

Hans Bäär (B, Git)
Michael Bruchmann (Dr, Perc)
Christian Grumbkow (Lead Git)
Joachim Grumbkow (Keys, Voc, Cello)
Christoph Noppeney (Viola, Voc, Acc. Git)

Gast:
Jörg-Peter Siebert (Sax, Flöte, Perc)


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