Christophorus / Note 1 CD DDD (AD 2002/2003) / Best. Nr. CHR 77268
Gesamtspielzeit: 59:30
VOLLENDETER WOHLKLANG
Einmal mehr bietet das Ensemble Officium unter der Leitung von Wilfried Rombach erlesene Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts in einer wahrlich vollendeten Interpretation. Auf dem Programm steht diesmal der frankoflämische Komponist Pierre de la Rue (um 1460-1518), ein Zeitgenosse Josquin Despréz. Mit seiner Missa pro defunctis hat De la Rue ein Werk auf der Höhe seiner Zeit komponiert: mustergültig, was die ausgefeilte Stimmführung und die feinsinnige Textbehandlung angeht; ergreifend, was den verhaltenen Trauergestus betrifft. Kontrapunktische Eleganz und eine geradezu himmlische Klangschönheit zeichnen auch die Missa de Beata Virgine aus. Wilfried Rombach hat De la Rues Vertonung des Ordinariums durch ein dazu passendes gregorianisches Proprium zu einer vollständigen Messe zu Ehren der Gottesmutter ergänzt. Dessen Ausführung durch die Soprane des Ensemble Officium bereichert die Interpretation nicht nur durch einen zusätzlichen Register-Kontrast, sondern verleiht der Musik einen wahrlich überirdischen, schwerelosen Charakter, der sich sehr von dem der sonst üblichen Männer-Schola unterscheidet. Hier bekommt der moderne Hörer auch ohne (imitierte) Knabenstimmen einen Eindruck von der emphatischen und mystischen Frömmigkeit des Spätmittelalters. Bei Officium verbindet sich die Wärme und Natürlichkeit des Vortrags mit einer tadellosen Klangkultur. Auch sorgen der Wechsel zwischen mehrfacher und einfacher Stimmbesetzung und eine lebendige Deklamation dafür, dass die Musik nicht zum Renaissance-Denkmal erstarrt. Schließlich bietet Wilfrieds Romabachs ausführlicher Essay eine lesenswerte Einführung in die Musik und ihr kulturgeschichtliches Umfeld.