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Zeit: 17.06.2011
Ort: Zitadelle, Spandau
Veranstalter: New Berlin Konzerte
Fotograf: Promo
Am 17. Juni standen Chicago beim Spandauer Citadel Music Festival auf dem Programm. Aber Chicago ist nicht gleich Chicago. Von daher stand im Vorfeld die Frage im Raum, welche Version, wir zu sehen bekommen würden.
Die wilden frühen Chicago der Chicago Transit Authority, progressiv, jazzig, jam-rockend, oder die Brass-Band der mittleren Phase, die die Band groß gemacht hat, oder die hochpolierten Chartstürmer der 80er Jahre?
Das neunköpfige Ensemble, das pünktlich um 8 Uhr mit gleich drei Bläsern in der vorderen Reihe auf die Bühne kam, lies das Beste hoffen. Und das kam auch, wenngleich man darauf noch eine gute Stunde warten musste.
Chicago fuhren von Anfang an ein gemischtes Programm. In der ersten Dreiviertelstunde waren u.a. das ganz frühe „Does anybody (know what Time it is)“, das späte „Along comes a Woman”, sowie „Old Days” und „Alive again” aus der mittleren Phase zu hören. Wirklich synthetisch wurde es nie. Vorwiegend hatten die Bläser das Sagen. Und das überwiegend betagte Publikum feierte die Band ab.
Grund dafür dürfte, wie so oft bei derartigen Klassiker-Konzerten, eher die eigene Vergangenheit, als die Leistung der Band gewesen sein, die anfangs wie eine schwache Cover-Band ihrer selbst wirkte. Die Stücke klangen oft wie nur kurz angerissen. Kaum zu Ende gebracht, schienen sie zu enden, ohne dass man in den Genuss eines Medleys kam. Vor allem der Gesang schwächelte massiv - insbesondere bei den Balladen. Das Gefühl eines Peter Cetera konnte keiner der wechselnden Lead-Sänger rüber bringen. Manche Passagen wurden regelrecht zerschrieen.
Aber nach einer guten Stunde platzte der Knoten, als Chicago sich mit einer furiosen 15-Minuten-Version von „I’m a Man“ icl. ausführlichem Schlagzeugsolo in einen regelrechten Rausch spielten. Danach gab es kein Halten mehr - egal ob der „Streetplayer“ oder das finale „Hard to say I’m sorry“ auf dem Progrsamm standen.
Nach einer sehr kurzen Pause kamen neun Sieger zurück, heizten mit zwei massiven Rock’n’Roll Nummern weiter ein, um sich wiederum mit einem ganz alten Stück, „25 or 6 to 4“, bis dicht an die 22 Uhr Marke heranzuspielen. Danach ist auf der Zitadelle definitiv Schluss. Ein Überschreiten der Deadline wird teuer.
Die möglichen zwei Stunden Spielzeit wurden also optimal genutzt.
Ach ja einen opening Act gab’s auch, das fast kammermusikalisch wirkende Trio Jacob Karlzon 3 aus E-Piano, Kontrabass und Schlagzeug, das leicht jazzig zu verträumten Klangreisen einlud - eine Einladung, die das sich angeregt unterhaltende Publikum weitgehend ignorierte. Ein angenehmer Musikteppich, der für Chicago nicht einmal ansatzweise die Gefahr einer Konkurrenz bieten konnte.
Auch von Anheizern konnte man nicht wirklich sprechen. Statt des Trios hätte man zum Zeitvertreib auch ein Radio auf die Bühne stellen können. Eine Situation, die dem Können der Musiker nicht gerecht wurde.
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