Artikel
Info
Zeit: 01.03.2011
Stil: (Prog) Rock
Internet:
http://www.vonhertzenbrothers.com
http://www.myspace.com/vonhertzenbrothers
Bereits mit ihrem zweiten Album Approach schafften die VON HERTZEN BROTHERS Mikko, Kie und Jonne den Durchbruch in ihrer finnischen Heimat und konnten dafür sogar den nationalen Grammy für das Rockalbum des Jahres einheimsen. Dort warteten ihre Landsleute sicherlich schon gespannt auf die neue Platte Stars aligned. Bei uns tat das dagegen wohl niemand. Denn bisher ist die Band hier nicht in Erscheinung getreten. Ihre CDs wurden nicht einmal offiziell veröffentlicht. Das ändert sich jetzt. Und der Zeitpunkt ist gut. Denn der neueste Streich ist schlicht und ergreifend hervorragend. Schubladen sind doof und so nennt die Band ihre Musik einfach „epischen Rock“. Und treffender könnte man das Ganze auch nicht bezeichnen. Der klangliche Ansatz mag dabei nicht selten etwas progressiver anmuten, doch unter der Oberfläche stecken einfach toll arrangierte und mitreißende Rocksongs mit grandiosen Melodien. Um einen kleinen Einblick in das Wesen der drei VON HERTZEN BROTHERS und ihrer beiden Mitstreiter zu erhalten, nahm MAS Kontakt mit Sänger und Gitarrist Mikko auf. Folgendes gab er zu Protokoll.
Könntest Du Eure Musik bitte in fünf einfachen Worten beschreiben?
Epischer Rock über unermessliche Liebe.
Ich glaube nur wenige hier haben bisher von den Von Hertzen Brothers gehört. Wo habt ihr Euch denn versteckt? Es scheint so, als habt ihr Euch ausschließlich auf den finnischen Markt konzentriert.
So wirklich haben wir uns nirgendwo versteckt. Wir waren nur in den letzten Jahren ziemlich beschäftigt. Wir hatten 2006 unseren Durchbruch in Finnland und haben seitdem dort fleißig gespielt. Der Grund warum wir nicht überall getourt sind, ist dass wir bis jetzt kein Umfeld hatten, welches sich richtig anfühlte. Es ist eben nicht nur die Band selbst, die gut sein muss. Man muss auch die richtigen Leute finden, mit denen man arbeitet und die gut in dem sind was sie tun.
Dann bist Du jetzt bestimmt aufgeregt, dass Stars aligned in ganz Europa veröffentlicht wird?
Ja, wir sind aufgeregt und auch sehr dankbar. Ich war immer der Meinung, dass wir hier etwas haben, wovon die Leute hören sollten. Nun, wir haben hart daran gearbeitet, die richtigen Zutaten für dieses Album zu finden und ich glaube wir haben es ganz gut hingekriegt. Wir bekommen unsere Kicks vom Teilen dieser Dinge mit anderen. Darum sind wir auch superaufgeregt und bereit zu rocken!
Kannst Du mir ein bisschen was über die Geschichte von Euch als Band erzählen? Wann habt ihr entschieden Eure Kräfte als Gruppe zu bündeln?
Als Brüder geht die Geschichte natürlich zurück bis in unsere Kindheit. Aber ich glaube der Wendepunkt war, als unser Vater 50 wurde. Wir kamen zusammen und spielten das erste Mal gemeinsam. Jonne hatte vorher noch nie Bass gespielt. Aber er lieferte tolle Arbeit ab. Nach der Party dachten wir uns: „Hey, wir haben all die Instrumente um eine Band zu gründen - lass uns etwas zusammen machen!“ Unser erstes Album Expierence kam 2001 raus. Aber ich lebte damals noch immer in Indien und deswegen haben wir nur ein paar Konzerte gespielt. Der Durchbruch mit unserer zweiten Platte hat das Schicksal unserer brüderlichen Zusammenarbeit irgendwie besiegelt.
Erinnerst Du Dich daran, als Du das erste Mal Musiker sein wolltest? Nun gut, als Kind träumt man ja eher nur davon „Rockstar“ zu sein.
Yeah, wir spielten natürlich Rockstar, bevor wir überhaupt eine einzelne Note spielen konnten. Es gibt Bilder in unseren Familienalben, die das beweisen. Ich glaube es gab für uns nicht wirklich eine andere Option, als Musiker zu werden. Es ist scheint wohl in unserem Blut zu sein. Geboren um zu rocken - um es so auszudrücken. (lacht)
Dabei haben Euch Eure Eltern sicherlich unterstützt. Der Natur kann man sich ja schlecht widersetzen.
Ja, das haben sie. Unsere Eltern haben sich in einem Chor kennen gelernt, als sie Anfang 20 waren. Als Jugendliche haben wir auch viel Sport getrieben. Aber der Schwerpunkt lag immer auf der Musik. Unser Vater kommt normalerweise zu all unseren Konzerten, aber er kam nie, um mich Basketball spielen zu sehen. Das macht wohl auch einiges aus. Wir wurden regelrecht dazu erzogen Musik zu machen.
Die Musik der Von Hertzen Brothers klingt, als hättet ihr eine recht vielfältige Plattensammlung. Was hat Euch als Musiker beeinflusst und inspiriert?
Ich habe diese Vorstellung, dass sich der Musikgeschmack eines Einzelnen in seinen frühen Jugendjahren ziemlich festlegt. Obwohl wir alle möglichen Arten von Musik gehört und gespielt haben, reichen die größten Einflüsse in diese Zeit zurück. Rockbands wie Queen, Led Zeppelin, Black Sabbath, Pink Floyd, Yes, Rainbow, Deep Purple usw. Das sind die Bands die wir tagein tagaus zu Hause hörten. Natürlich können wir uns auch für spätere Bands begeistern, aber die wichtigsten Erfahrungen stammen aus dieser Zeit.
Was inspiriert Dich generell Musik und Lieder zu schreiben - aktuelle Ereignisse, Bücher die Du gelesen oder Filme die Du gesehen hast?
Alles kann inspirierend sein. Bei mir persönlich ist es meist ein Buch, ein Gedicht oder einfach eine Melodie, die ich von weit weg gehört habe. Alles was die Seele aufwühlt. Ich bekomme meine Inspiration von Dingen welche mein Herz berühren. Dinge wie Sehnsucht, Tränen, Liebe, Mitgefühl. Das sind Sachen die mein Äußeres durchdringen und die mich bewegen. Ich hoffe wirklich, dass unsere Musik das auch schafft.
Wie Du vorhin schon erwähntest, hast Du bereits in Indien gelebt. Ich kann mir vorstellen, dass diese ganz andere Kultur ihre Auswirkungen auf Musik und Texte hat.
Definitiv! Ich habe damit begonnen Lieder zu schreiben, als ich 98 nach Indien gezogen bin. Ich habe mich völlig in die indische Musik verliebt - beides, karnatische, genauso wie hindustanische. Östliche Philosophien und andere mystische Geschichten finde ich textlich sehr inspirierend. Dichter wie Rumi, Hafiz, Gibran, Rilke und andere sind meine Helden. Ich habe mich sehr in das Studium von indischer Musik und ihrer Entstehung eingearbeitet, die ganz anderes ist als die westliche. Ich glaube man kann diesen Einfluss in unserer Musik auch hören. Ich mag es, Dinge in indischen Tonleitern, ähnlich wie Ragas zum Beispiel, zu schreiben, was dem Ganzen einen indischen Touch gibt.
Wenn ich Dein Gesagtes nun so interpretiere, hat Musik nicht nur mit Unterhaltung zu tun, sondern sie soll vor allem die Seele berühren.
Für mich ist Musik pure Energie und hat ausschließlich mit der Seele zu tun. Selbst wenn du es wissenschaftlich siehst, was sind Klangwellen anderes als Schwingungen und Energie? Der Schlüssel ist zu wissen, wie sie in uns widerhallen, um verschiedene Stimmungen und Gefühle zu erschaffen. Ich verstehe nicht, warum wir nicht versuchen sollten das Potenzial anzuzapfen, welches Musik mit sich trägt. Natürlich kann Musik auch „einfach nur Spaß“ sein. Aber wenn wir zusammen etwas erschaffen, versuchen wir immer dass Innere zu berühren. Wir folgen einer Art Regel, nach der wir nichts machen möchten das nicht unsere eigenen Herzen berührt. Nur so ist es möglich, diese schönen Energien auch auf andere zu übertragen.
Viele Musiker haben die Ansicht, dass Musik zu erschaffen eine recht egoistische Angelegenheit ist und sie dem eigentlichen Zweck dient das rauslassen zu können, was sich in ihnen versteckt. Aber wie Du gerade schon erläutert hast, trifft das für Euch nicht wirklich zu. Du möchtest eher die Herzen anderer erhellen.
Um ehrlich zu sein, mag ich mein Ego überhaupt nicht. Ich hoffe nicht, dass wir das alles aus egoistischen Gründen tun. Aber natürlich gibt es da einen Drang etwas zu erschaffen. Das ist Fakt. Ich fühle mich unruhig, wenn ich nicht in mich gehe und etwas zum Preisgeben ergreife. Wir möchten nicht bewusst die Herzen der Leute berühren. Das ist nicht die treibende Kraft. Die treibende Kraft ist für uns, dass das Leben, die Liebe und die Musik so überwältigend schön sind, dass wir sie mit anderen teilen wollen. Es gibt so viele Dinge in dieser Welt, die dunkel, ekelhaft und abweisend sind. Aber es gibt auch viele Dinge die schön, ermutigend und hell sind. Ich möchte, dass diese mein Leben füllen.
Wer von Euch dreien schreibt die Melodien und Texte? Hat jeder eine bestimme Rolle im Erschaffen von Liedern?
Kie und ich schreiben die meisten Texte. Dieses Mal hatten wir „ein kleines bisschen Hilfe“ von unserem Freund Mikko Laiho, besser bekannt als L.A. Skin. Was die Musik betrifft, arbeiten wir drei Brüder zusammen. Wir haben viel Zeit damit verbracht es „einfach richtig“ zu machen, bevor wir ins Studio sind.
Sind Eure beiden anderen Bandmitglieder Mikko Kaakkuriniemi und Juha Kuoppala gleich berechtige Musiker bei den Von Hertzen Brothers oder doch eher „musikalische Erfüllungsgehilfen“?
Kaakkuri und Juha sind gleichberechtigte Bandmitglieder und sehr wertvolle Jungs für uns. Sie sind unglaubliche Musiker. Obwohl die Musik nur von uns Brüdern geschrieben wurde, könnten wir unsere Visionen nicht ohne die beiden verwirklichen.
Diskografie
Dieses Mal haben wir die Lieder sehr danach ausgewählt, indem wir fragten, ob ein bestimmter Titel „zur Palette addiert“ werden soll oder nicht. Wir hatten viele Songs aus denen wir auswählen konnten, haben uns aber letztlich auf diese neun Titel konzentriert, welche letztlich auf dem Album landeten. Die vorherigen Alben waren alle über eine Stunde lang und wir wollten es jetzt ein wenig kürzer halten. Ein Album welches man wirklich von Anfang bis Ende durchhören möchte.
Wenn Du Stars aligned mit den bisherigen Platten vergleichst, wie unterscheidet sie sich nun?
Ich war immer glücklich mit den Songs auf den Alben. Aber oft habe ich mir gedacht, man hätte mehr daran arbeiten können, wie die Band klingt. Dieses Mal haben wir aufmerksamer an jedem einzelnen Sound gearbeitet. Unser Produzent James Spectrum ist ein ziemlich „klangorientierter“ Produzent. Er war niemals mit etwas zufrieden, was einfach so okay war. „Stars aligned“ zu machen war ziemlich fordernd für uns, da wir wirklich fühlten, dass wir den Von Hertzen Brothers-Sound neu erschaffen. Wir wollten den „Neu laden-Knopf“ drücken. Und ich denke wir haben einen guten Job abgeliefert.
Was ist wichtiger für Dich, die positiven Reaktionen des Publikums bei Konzerten oder die Befriedigung vom Fertigstellen eines ziemlich coolen Songs?
Für mich ist das Verteilen das Salz in der Suppe. Ich bekomme meinen Treibstoff von der Interaktion zwischen dem Publikum und der Band. Es kümmert mich dabei nicht, wer den Song geschrieben hat, wer ihn aufführt und wer die Band ist und das alles. Für mich zählt die Erfahrung einer Einigkeit und eines kollektiven Eintauchens in die Musik. Im Optimalfall verlierst du dich komplett in der Musik und das ist ein großartiges Gefühl. Diese Erfahrung ist nichts anderes als die Energie der Musik, welche das Herz öffnet.
Habt ihr schon einmal in Deutschland gespielt? Falls nicht, solltet ihr bald mal hier vorbeischauen.
Wir haben hier ein- oder zweimal gespielt. Kann mich aber nicht mehr genau erinnern. Auf jeden Fall in Berlin. Ja, uns würde es schon gefallen, hier mal zu touren. Aber ich glaube wir müssen dazu noch ein bisschen warten, bis das Album wirklich großartige Kritiken bekommt und die Leute interessiert an dem sind, was wir tun.
Wo siehst Du Euch in fünf Jahren - gibt es einen Plan oder große Hoffnungen für die Zukunft?
Es gibt nur diesen einen Moment. Meine Hoffnung ist, mit den Leuten, die momentan an Bord sind, weitermachen zu können - egal in welche Richtung es uns führt. Wer weiß das schon?
Mario Karl
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