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Titel: Freddie Mercury. Ein intimer Einblick von dem Mann, der ihn am besten kannte
Verlag: Bosworth Edition
ISBN: 978-3-86543-313-8
Preis: € 17,95
422 Seiten
Eine bemerkenswert andere Rock-Biographie! Das liegt am Autor und seiner einzigartigen Beziehung zum Portraitierten. Nein, nein! Dies ist kein Enthüllungsbuch aus den Boudoirs von einem langjährigen Intimpartner des bi-sexuellen Sängers. Letztlich stand ihm Peter Freestone, wenn man dessen Darstellung trauen darf, aber noch wesentlich näher - als persönlicher Assistent, Freund und Mädchen-für-Alles von Ende 1979 bis zu seinem Tod am 22.11.1991.
Queen-Fans mögen bei dem Zeitrahmen die Stirn runzeln. Und ja, sie haben Recht! Freestone, der nie ein Queen-Fan war, stößt erst 1979 zum Tross von Freddie Mercury. „Killer Queen“, A Night a the Opera, „We will rock you” und „We are the Champions” waren da schon lange Vergangenheit- und erscheinen auch im Rückblick nicht. Lediglich „Crazy little Thing called Love“, das klassische Live Killers-Doppelalbum und „der Flügel, an dem „Bohemian Rhapsody“ geschrieben wurde“, werden auf den gut 400 Seiten gelegentlich erwähnt.
Dass Freestone gerade zur „Bohemian Rhapsody“ Zugang findet, ist kein Zufall. Der Opernfreund war Garderobier im Royal Opera House im Londoner Covent Garden. Am 7. Oktober 1977 trat Mercury dort als Überraschungsgast bei einer Wohltätigkeitsgala auf. Vierzehn Tage später rief Queen-Manger Paul Prenter beim Chef-Garderobier des Royal Ballets an, um zu fragen, ob es möglich sei, dass einer der Mitarbeiter Queen bei einer sechswöchigen UK-Tour begleiten könne. Damit fing alles an.
Immer näher wächst Freestone in den inneren Kreis hinein, erst als Garderobier der ganzen Band, dann nur noch für Freddie Mercury allein, dann als Koch, Haushälter, Katastrophenmanager und und und - zuletzt als einer der ganz wenigen Menschen, die Mercury in seinen letzten Stunden begeleiteten und an seinem Totenbett standen. Er war es, der danach für die Beerdigung, die Benachrichtigung der Familie, die Wege zum Standesamt und ähnliches Sorge trug.
Freestone schreibt konsequent aus seiner Perspektive. Die Momente, in denen die Band auf der Bühne steht, erscheinen fast wie die Zeit, in der ein Lebenspartner zur Arbeit geht und "weg" ist. Berichtet wird ab dem Moment, in dem Freestone dem Meister den Bademantel am Bühnenausgang über die Schultern legt. Was auf der Bühne passiert und ob das dem Mann für alles irgendwas bedeutet, darüber schweigt Freestone.
Die ersten beiden Kapitel schildern chronlogisch die Zeit, die Freestone mit der Band verbrachte. Besondere Aufmerksamkeit widmet er dabei der Zusammenarbeit Mercurys mit Montserrat Caballe. Seiner Meinung nach sah Mercury darin den Höhepunkt seiner Karriere.
Dann folgen verschiedene einzelne Aspekte, die nur zum Teil Rock-Biographie typisch sind, wie z.B. die Arbeit an den Videodrehs. Dann geht es um Wohnungseinrichtungen, Kleidung, die Feierkultur im Hause Mercury, Ernährungsgewohnheiten und vieles mehr.
Freestone ist ein völlig loyaler Bewunderer seines Chefs. Dennoch scheint er so ehrlich zu sein, dass man mit etwas offenen Augen durchaus auch ein kritisches Bild von Mercury gewinnen kann, der nie in der Lage war sich auf ein Buch, oder auch nur einen Spielfilm, der nicht ganz auf seiner Welle lag, zu konzentrieren und jede Beschäftigung mit Politik ablehnte.
In gewisser Hinsicht erscheint der schillernde Glitzerstar, der (sexuelle) Tabus brach, ein konsequent eigen gewähltes Leben führte und für einige der grandiosesten und innovativsten Kompositionen des 20. Jahrhunderts (mit)verantwortlich ist, als Spießer, der sich nur für seine unmittelbare Umgebung und deren Gestaltung kümmert. Seine Lieblingslektüre waren Kataloge von Versteigerungen. Zum Bieten entsandte er dann u.a. Freestone, um durch seine Anwesenheit die Preise nicht in die Höhe zu treiben.
Dass andere für ihn da waren, war für Mercury offenkundig selbstverständlich. Wenn er seine Liebe zur Gartengestaltung austobte, endete das nach der Planung und dem Bestellen mit der Inempfangnahme neuer Pflanzen und vielleicht noch ein paar Spatenstichen. Die Umsetzung war dann ohne weitere Worte die Sache anderen.
Ein echter Monarch!
Aber auch mit königlicher Großzügigkeit. Viele Worte verliert Freestone über Mercurys Begeisterung Geschenke möglichst persönlich auszusuchen und zu übergeben - von den engsten Freunden, bis hin zu Liebhabern, Geschäftspartnern und Dienstpersonal.
Für Fans stellt dieses Buch ein Füllhorn von Informationen dar. Immer vorausgesetzt sie stimmen, ist es fast wie ein nachträgliches Big Brother Fenster ins Privatleben des Stars - mit der Einschränkung, dass der Regiesseur entscheidet, was zu sehen ist, und was verborgen bleibt.
Ganz nebenbei. Die anderen Mitglieder von Queen-Mitglieder bleiben in dieser Biographie völlige Randfiguren. Jeder temporäre Begleiter Mercurys findet erheblich mehr Beachtung.
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