····· Wolvespirit verkaufen Bullshit ····· Rock of Ages - Zusatzshows in 2025 ····· Ally Venable veröffentlicht Video zur neuen Single „Do you cry“ ····· Das zweite Album von Wizrd kommt zum Nikolaus ····· 40 Jahre Helloween - Das muss gefeiert werden ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Artikel

Oysterband: Trust in the power of music!

Info

Künstler: Oysterband

Zeit: 14.11.2010

Ort: Nürnberg - Hirsch

Internet:
http://www.oysterband.co.uk
http://www.myspace.com/oysterband

Als die OYSTERBAND vor zwei Jahren das letzte Mal in Deutschland zu Gast war, feierten die britischen Folkrock-Könige ihr 30-jähriges Jubiläum. Passend dazu hatte man die damals neue CD The Oxford girl and other stories mit im Gepäck. Ohne es zu wissen, gab man damit schon fast eine Vorschau auf die diesjährige Konzertreise. Denn dort zu hören gab es akustische Neufassungen alter OYSTERBAND-Songs - und diese Tour fand unter dem Banner „Oysterband acoustic“ statt. E-Gitarre und -Bass ließ man dieses Mal zu Hause, um zu zeigen, dass große Songs genauso gut im klanglich intimeren Rahmen funktionieren.

Und auch sonst war der Rahmen an diesem Sonntagabend in Nürnberg etwas intimer als erwartet. Als der MAS-Gesandte das Innere des Hirschs betrat, war mehr als die Hälfte des Raums bestuhlt - ganz rustikal mit Bierbänken. Deswegen fiel es anfangs auch gar nicht so arg auf, dass das Konzert leider nicht so gut besucht war, wie die Band es verdient gehabt hätte. Die Oysterband eben ist auch nach drei Jahrzehnten immer noch ein richtiger Geheimtipp in unseren Landen. Das hielt das Quintett aber nicht davon ab, ein wahres Melodienfeuerwerk abzubrennen. Dabei war selbiges in der ersten Hälfte des Konzerts noch relativ ruhig und entspannt. Das sanft gleitende „Over the water“ läutete den Start ein und das live leider etwas blasse „Walking down the road“ brachte Schwung in die Runde. Aber erst mit „Where the world divides“ fühlte man sich so richtig zu Hause und die Glückshormone begannen im Körper zu tanzen.


So ging es wohl auch dem Rest des Publikums, denn die Begeisterungsstürme über die gespielten Töne wurden beständig lauter. Es ist immer schön zu beobachten, wie die Musiker der Oysterband aus so einfach wirkenden Songs so grandios funktionierende Musik erschaffen. Hier sind noch richtige Musiker mit jeder Menge Herz und Seele am Werk, welche das was sie tun auch wirklich lieben und mit Hingabe ihre Werkszeuge (Akustikgitarre, Cello, Geige, Akkordeon, Konzertina und Schlagzeug) bedienen. Und wird man nicht schon von den Instrumentalisten in den Bann gezogen, so dann spätestens, sobald John Jones zu singen beginnt. Sein eindringlicher und emotionaler Gesang ist immer wieder ein Genuss. Hier braucht es keine übertriebene Posen und kein Anbiedern ans Publikum. Dass er auch mal mit verschränkten Armen vor dem Mikrofonständer steht, ist hier ganz natürlich. Dafür besitzt jede noch so kleine Geste Ausdruckskraft. Und das macht eine ruhige Ballade wie „Dancing as fast as I can“ zu einem grandiosen Stück Musik.

Mit dem intensiv dargebotenen „Bells of Rhymney“ (im Original von Pete Seeger) ging der erste Teil des Konzerts mit einem wahren Paukenschlag zu Ende. Hier traf soziales Sendungsbewusstsein auf Gefühl und eigentlich wollte niemand von dem Fünfer in eine Pause geschickt werden. Doch nach kurzer Unterbrechung stand die Oysterband wieder auf der Bühne. Obwohl, so ganz nicht. Plötzlich fand man John Jones und Gitarrist Alan Prosser vor der ersten Reihe im Zuschauerraum stehend, wie sie wirklich rein akustisch und ohne Mikrofone die Ballade „Lakes of Cool Flynn“ zum besten gaben. Selten erlebt man ein Publikum so still und gebannt. Gänsehautalarm! Diese Spannung löste sich dann aber wieder mit dem sehr dynamischen „Native son“, zu welchem die ersten wieder ihre Tanzbeine schwangen. So muss Folkrock klingen - so natürlich und kraftvoll, und das ganz ohne laute Gitarren. Gerade durch ihren momentan Drummer Dil Davies erhält die Oysterband einen massiven Schub. Scheint in ihm ein Tier zu schlummern, das ständig heraus möchte. Weitere Highlights waren das fantastisch, mehrstimmig gesungene „Blood red roses“, das New Order-Cover „Love vigilantes“ (welches sich die Band schon lange zu Eigen machte), das eindringliche Traditional „Rambling Irishman“, das den Atomkraftgegnern in Gorleben gewidmete „A fire is burning“ und das stimmungsvolle „The deserter“.

John und Alan ganz pur

Die Setliste war überhaupt äußerst interessant und dynamisch aufgebaut, so dass man in einem Fluss von einem Highlight zum nächsten getragen wurde. Kein Wunder, dass sich viele im siebten Musikhimmel wähnten und aus vollen Kehlen die alles anderen als dumpfbackigen Texte und Refrains mitsangen, wie bei „All that way for this“ oder „We could leave right now“, welches einen vorläufigen Schlusspunkt setzen sollte. Das konnte es aber doch nicht gewesen sein? War es auch nicht. Nach kurzer Zugabenpause gab es noch das beschwingte „Here comes the flood“, bei dem Teile der Band wieder auf Tuchfühlung mit den Zuschauern gingen. Intensiviert wurde das Ganze bei der wunderschönen Ballade „Put out the lights“. Wieder fand sich die Oysterband direkt, Auge in Auge stehend, vor den Fans wieder und spielte das Lied komplett ohne Strom. In diesem Moment hätte man auch eine Stecknadel fallen hören können. Lediglich beim Chorus wagte es das Publikum leicht seine Stimme zu erheben und ebendiesen mitzusingen. Wem hier keine Schauer über den Rücken liefen, der konnte nur taub oder tot sein.

Damit endete dieser grandiose Auftritt leider auch endgültig und die lauten und minutenlangen Zugabenrufe blieben leider unerhört. Aber so und so kann man nur folgendes Schlussfazit ziehen: Die Oysterband live, bodenständig und natürlich, akustisch und wahrscheinlich besser denn je!



Setliste:
Over the water
Walking down the road
Where the world divides
Molly Bond
Bury me standing
Street of dreams
Dancing as fast as I can
Sail on by
Bells of Rhymney
---
Lakes of Cool Flynn
Native son
Milford haven
Blood red roses
The lost and found
Love vigilantes
Rambling Irishman
All that way for this
A fire is burning
The deserter
We could leave right now
---
Here comes the flood
Put out the lights





Mario Karl


Zurück zur Artikelübersicht