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Info
Zeit: 23.07.2010
Ort: Musikzentrum, Hannover
Besucher: 500
Fotograf: Norbert von Fransecky
Internet:
http://www.tenyearsafternow.com
Ich habe die Vergangenheit des Rock'n'Roll gesehen - und sie hieß Ten Years after und sie war so geil, dass mir die Zukunft des Rock'n'Roll im Moment ziemlich scheißegal ist.
Es war keine Begegnung mit einer alten Liebe. Natürlich, die Seite Ten Years after war auch vor dem Konzertbesuch kein völlig unbeschriebenes Blatt, aber dort standen eigentlich nur ein paar Randnotizen.
Als die Truppe, damals noch mit Frontmann Alvin Lee, auf der Bühne von Woodstock stand, wurde ich gerade eingeschult. Da ich nie ein musikalischer Ignorant war, war das Grund genug einen positiven, oder zumindest neugierigen Haken im Langzeitgedächtnis zu machen. Und klar, „I'm going home“ war auch mir ein Begriff. Und dann gab es da Ssssh, eine der ganz wenigen Scheiben aus dem Bereich Rock/Pop, die es in der Musikabteilung der Stadtbücherei Hannover-List gab. Grund genug, dass ich sie mir ausgeliehen habe. Großen Eindruck kann sie nicht gemacht haben. Lediglich das rock'n'rollige „Bad Scene“ (haben Ten Years after in Hannover leider nicht gespielt) hat es auf eine BASF-Cassette geschafft. Später habe ich von einem Bekannten - als musikhistorische Pflichtübung - Cricklewood Green aufgenommen. Hat keinen tieferen Eindruck hinterlasssen.
Warum jetzt der Konzertbesuch? Ganz einfach: Vor einem dreitägigen Hannoverbesuch habe ich Google bemüht, was da wohl Konzert-mäßig los sei - und da war wenig los, aber immerhin am Abend vor dem Abflug Ten Years after. Die waren als musikhistorisches Phänomen immer noch mit dem positiven Haken im Langzeitgedächtnis verlinkt. So kam es am 23. Juli 2010 zu der historischen Begegnung von Ten Years after und Norbert von Fransecky.
Und so stand ich nun um 20.15 (Konzertbeginnn: 20 Uhr) im nicht vorhandenen Fotograben vor der Bühne des Musikzentrums und wartete mit dem auf über 500 Fans anwachsenden Publikum auf die Musik-Legende. Drei Stücke lang durfte ohne Blitz fotografiert werden (die Standard-Anweisung). Erst danach merkte ich, welche Sardinenbüchsenatmosphäre in dem praktisch ausverkauften Club herrschte. (Für die Logistik gibt es eine 4-minus mit Fragezeichen. Getränke gab es nur an einem Tresen mitten im Gewühl. Wer wie ich noch Restbestände einer pazifistischen Ethik in sich trägt, macht sich in dem Gedränge nicht auf den Weg zur Tränke.)
Ab 20 Uhr 30 bemühten sich auch die alten Recken plus jüngerem Frontmann, als Alvin Lee Ersatz, auf die Bühne. Und binnen Minuten brannte die Luft.
Leo Lyons (Bass) |
Bassist Leo Lyons grinste wie ein Honigkuchenpferd und begrüßte das Publikum, als wäre es eine Ansammlung von alten Freunden. Hinter dem Drumkit saß mit einem eigentlich verbotenen Hawaii-Hemd Ric Lee. Er wirkte optisch wie ein Frührentner in einer Freizeitband, zimmerte der Band den ganzen Abend dennoch einen mehr als amtlichen Schlagzeug-Sound. Nach einer Stunde musikalischer Vollbedienung war es seine Aufgabe an den Bühnenrand zu treten und das Ensemble vorzustellen.
Da gab es noch zwei bislang nicht erwähnte Mitstreiter. Zum einen Keyboarder Chick Churchill, der ähnlich wie Lee eine eher seniorenmäßige Optik bot, im Zweifelsfall sein Keyboard aber brennen lies.
Vor allem aber Frontmann Joe Gooch, der Jungspund im Rampenlicht, der mit Gesang und Gitarre gleich beide Hauptrollen zu übernehmen hatte. Und ich glaube nicht, dass eine Nase, bzw. ein Ohr im Saal die Rock-Legende vermisst hat, die er mittlerweile seit 7 Jahren ersetzt. 1974 hatten Ten Years after sich aufgelöst. Eine Reunion 1988 blieb ein kurzes Intermezzo Seit 2003 ist das Quartett, bis auf Alvin Lee, in Originalbesetzung wieder unterwegs.
Setlist:
King of the Blues
Hear me calling
Angry Words
I’m coming on
Big black 45
50.000 Miles
Hobbit
Love like a Man
Slip slides away
Change the World
School Girl
Crying
Goin’ home
+ Zugaben
Was ich sagen kann ist, dass das was sie gebracht haben aus enem Guß war und mit Power, riesiger Spielfreude und einer entspannten Gelassenheit über die Bühne gebracht wurde. Am ruhigsten wirkte dabei Lee, am coolsten Gooch, am begeistertsten Lyons.
Wer einen wirklich fetten, absolut authentischen Blues-Rock mit einem riesengroßen Ausrufezeichen hinterr dem „Rock“ sehen will, der fährt mit Ten Years after mit Gewissheit besser, als mit allem, was derzeit den Blues-Rock wieder neu belebt. Der voll ausverkaufte Club war mehr als verdient. Und sie sind in diesem Jahr noch verschiedentlich auf deutschen Bühnen zu erleben. Nutzt die Chance! Wer weiß, wie lange Ihr sie noch habt?
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