Artikel
Info
Zeit: 03.04.2009
Ort: Berlin - Vaihingen/Enz
Interview: E-Mail
Stil: Rock / Pop
Internet:
http://www.goodtimes-magazin.de
Wer sich besonders für die musikalischen Helden der 60er und 70er Jahre interessiert, bleibt im Zeitschriftenregal besser sortierter Läden fast zwangsläufig an den Coverbildern der GoodTimes hängen. Normalerweise schreiben Zeitungen ja nicht über Zeitungen. Und auch wenn die MAS nur aus Bits und Bytes besteht, kann sie ihren zeitungsartigen Charakter kaum verleugnen.
Da die gedruckten Kollegen aber nun mit der Ausgabe Juni/Juli (ein knappes halbes Jahr vor uns) ihre 100. Ausgabe herausgeben werden, der eine besondere “GoodTimes-CD beiligen wird (Review bei den Reviews), hat sich Norbert von Fransecky entschlossen, einmal nachzufragen, wer denn da im Computer-Zeitalter noch den Mut hat, Menschen zu animieren Papierstapel nach hause zu schleppen. Fabian Leibfried, Herausgeber und Chefredakteur der GoodTimes, stand ihm Rede und Antwort.
MAS: Erst Mal herzlichen Glückwunsch zur 100. Ausgabe. Ich denke, ich kann das Gefühl ein wenig nachvollziehen. Im November sind wir ja auch so weit. Dies Interview wird in unserer 94. Ausgabe erscheinen. Aber wir sind „nur“ ein Internet-Magazin. Der Schritt gedruckt zu erscheinen setzt natürlich erheblich mehr voraus.
1992 habt ihr begonnen, ein Magazin über „Musik von Gestern“ zu machen. Die Troggs, Procol Harum, Rory Gallagher waren frühe Cover-Motive. Das sind die 60er und 70er Jahre. Heute lautet der Untertitel Eures Magazins „Music from the 60s to the 80s“. Auf dem Cover der 100 sind die Beatles, Abba und U2.
Hat sich da thematisch etwas verändert? Sind die 80er „alt“ genug geworden und die Pop-Musik salonfähig?
Fabian Leibfried: Ja, mittlerweile sind die 80er zumindest teilweise ein Thema für GoodTimes. Gerade über Gruppen wie z.B. U2 können wir bedenkenlos berichten. Unsere Leser gehen ja auch mit Zeit.
MAS: Euer Magazin beschäftigt sich, wenn ich das nach der Lektüre einer Ausgabe beurteilen kann, überwiegend mit wieder veröffentlichten CDs aus der „guten alten Zeit“ und den aktuellen Aktivitäten der alten Helden.
Welche Rolle spielen bei Euch aktuelle Bands und Scheiben?
Fabian Leibfried: Gerade im Rezensionsteil spielen aktuelle Gruppen und Interpreten eine nicht untergeordnete Rolle. Hier haben wir in jeder Ausgabe weit mehr als 100 Besprechungen. Außerdem haben wir noch die Rubrik GoodTimes-Tipp und Newcomer eingeführt. Auch hier geht es um den "Nachwuchs".
MAS: Der Rolling Stone hat seine Wurzeln in der gleichen Zeit wie ihr. Wie würdest Du das Verhältnis der beiden Blätter zueinander beschreiben?
Fabian Leibfried: Die Schnittmenge unserer Leser ist hier über die letzten Jahre deutlich geringer geworden. Ich gehe auch davon aus, dass der Rolling Stones eine bestimmt um durchschnittlich mindestens 10 Jahre jüngere Zielgruppe hat.
MAS: Kannst Du was über die Altersstruktur Eurer Leserschaft sagen?
Fabian Leibfried: Unsere Leser sind zu über 90% männlich und Mitte 40.
MAS: Das überrascht mich. Die wären ja beim Start der GoodTimes erst Anfang 20 gewesen. Ich hätte erwartet, dass auch frühere Jahrgänge stark dabei sind. Habt ihr die inzwischen wieder verloren oder spielen die in einer größer gewordenen Leserschaft prozentual keine Rolle mehr?
Fabian Leibfried: Viele Leser der ersten Stunde sind immer noch dabei. Über die Jahre haben wir unsere Leserschaft deutlich erweitert, oft mit unter 30-jährigen.
MAS: Wie hoch ist Eure verkaufte Auflage?
Fabian Leibfried: Wir verkaufen durchschnittlich deutlich über 20.000 Exemplare. GoodTimes hat seit Anbeginn Zuwächse im Verkauf zu verzeichnen. Und dieser Trend hält nach wie vor an (seit also fast 20 Jahren!). Durch die Jubiläumsausgabe versprechen wir uns nachhaltige, über den Trend hinausgehende, Verkaufszuwächse.
MAS: Wenn man den Bericht vom Gründungsherausgeber Peter Seeger liest, klingt das ganz anders als die Berichte von anderen ersten Ausgaben. Da ist oft von zusammen getackerten A4 Kopien zu lesen, die per Pedes in den umliegenden Plattenläden verteilt wurden. Die Good Times sind von Anfang an in einer 1000er Auflage erschienen, die bei einer Druckerei hergestellt wurde. Sie wurde sofort per Abo vertrieben und ist bereits mit der Nummer 10 an die Kioske gegangen.
Das klingt mehr nach professionellem Unternehmertum, als nach einem Fanprojekt aus Liebe zur Musik. Was war die Basis für einen so großen und schnellen Start?
Fabian Leibfried: Herr Seeger ging da tatsächlich völlig unbedarft an die Sache. Er hatte z.B. keinerlei Vorstellung von Pressevertrieb. Aber wie man sieht, hatte er den richtigen Riecher und den nötigen Geschäftssinn.
MAS: Wer hat für Euch geschrieben? Wart ihr Fans, Musiker, Journalisten? Hat sich das im Lauf der Jahre geändert?
Fabian Leibfried: GoodTimes hatte von Anfang an eine Mischung aus beidem - Erfahrene Journalisten (wie z.B. Hans-Jürgen Günther der u.a. für Sounds schrieb) und Musikfans mit guter Schreibe.
MAS: Im Prinzip begleitet Eure Existenz ziemlich genau die Zeit, in der das Internet als Medium seine Bedeutung gewonnen hat. Was bedeutet das für Euch als Printmagazin. Leidet eure Auflage genauso unter der virtuellen Konkurrenz, wie das bei CD-Verkäufen der Fall ist?
Fabian Leibfried: Für GoodTimes ist das Internet eher eine positive Begleiterscheinung. Wir können damit neue Leser bzw. Abonennten generieren, ohne dass die Printauflage darunter leidet.
MAS: Haben Musik-Print-Zeitungen eine Zukunft?
Fabian Leibfried: Ich denke Print wird es immer geben. Demzufolge auch immer Musikzeitschriften.
MAS: Und würdet Ihr heute noch einmal den Schritt zu einem Start als Print-Magazin wagen?
Fabian Leibfried: Wahrscheinlich wird die Anzahl der Titel geringer. Von dem her wäre ich, was eine neue Musikzeitschrift anbelangt, zurzeit eher vorsichtig.
MAS: Leben (die) Mitarbeiter finanziell von der Zeitung, oder ist das - wie bei vielen Bands - ein Hobbyprojekt neben den regulären 9 to 5 Jobs?
Fabian Leibfried: Wir haben vier Festangestellte und ca. 25 freie Mitarbeiter, die nebenberuflich für GoodTimes tätig sind.
MAS: Im Januar letzten Jahres hat der NikMa Verlag die Herausgabe der GoodTimes übernommen. Was hat sich dadurch verändert?
Fabian Leibfried: Eigentlich fast alles. Von der Anzahl der Mitarbeiter bis zu dem nie enden wollenden Termindruck. Besonders toll ist der persönliche Kontakt zu Musikern, Plattenfirmen, Veranstaltern etc.
MAS: Herzlichen Dank für die Antworten.
Fabian Leibfried: Gerne!
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