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Zeit: 05.06.2004
Ort: Bochum
Interview: Face 2 Face
Stil: Rock
Nachdem meine bezaubernde Assistentin Katharina und ich uns ein paar Bands, die bei Bochum Total 2003 am ersten Tag spielten, angeguckt haben, begaben wir uns zu dem vereinbarten Treffpunkt und trafen dort pünktlich auf Pola und Jean, die uns zu unserer Überraschung zum Essen in das Etablisement, in dem die ganzen Musiker speisten, einluden. Auf dem Weg dorthin wurden von Pola schon mal zwei Dinge klargestellt: 1.Jean hat nichts zu sagen! 2.Pola macht die Witze und sonst niemand - ich erst gar nicht!!! Nachdem wir uns am Buffet bedienen durften, uns eine kuschelige Ecke aussuchten und Jean erklärten, dass wir es ihm nicht machen/besorgen wollten, begannen wir mit dem Interview beim Essen. Ich muss gestehen, dass dieses Interview der Hammer war und, wie man auch im folgenden lesen wird, sehr ungewöhnlich und witzig ablief. Beide waren einfach klasse. Mitten im Interview kamen noch kurz Judith und Mark, die wir danach wieder sahen. Als wir uns von allen verabschiedeten, sagte Judith mir noch:"Tut mir Leid, dass wir nicht alle da waren. Beim nächsten Mal aber dann alle zusammen." Dies wollte ich hier noch niederschreiben, denn selbstverständlich nehme ich sie beim Wort. Nach diesem Interview freue ich mich schon jetzt auf das nächste Mal. Später legten die Helden noch einen Auftritt hin, der es in sich hatte und die Menge nach den eher weniger überzeugenden Bands an diesem Donnerstag endlich zum kochen brachte.
MAS: Was habt ihr vor "Wir Sind Helden" gemacht?
Jean: Ich habe Musik studiert.
Pola: Ich habe auch Musik gemacht und habe aber noch kleinen Kindern das Schlagzeugspielen beigebracht. Ich war leidenschaftlicher Schlagzeuglehrer. Mark war Arzt und Judith hat studiert. Sie hat als Journalistin geschrieben und hat auch mal einen Comic aus dem Französischen übersetzt.
MAS: Wie habt ihr euch kennengelernt und wie kam es zu der Formation?
Jean: Wir Drei - Judith, Pola und ich - haben zusammen einen sogenannten Kochkurs gemacht und haben uns in Hamburg kennengelernt. Mark ist vor einem Jahr dazugestoßen, weil wir gemerkt haben, drei ist einer zu wenig. Wir haben zu dritt schon live gespielt, aber wir wollten eine richtige Band haben. Also der Bass hat gefehlt. Dann hat Pola ein bisschen in seinem Freundeskreis gekramt und schwupps Mark aus dem Hut gezaubert.
Pola: Genau so war das! Mark hat davor schon in einer anderen Band gespielt und irgendwie war mir dann klar, dass der da rein muss.
MAS: Was würdest ihr machen, wenn es mit WSH irgendwann mal nicht mehr weiter geht?
Jean: Oh...interessante Frage. Ich glaube, ich würde gerne Musik produzieren, also als Produzent arbeiten.
Pola: Was würde ich dann machen...Das weiß ich jetzt ehrlich nicht so genau. Eigentlich müsste man jetzt auch definieren, was "nicht mehr weitergeht" heißt. Wir können uns durchaus vorstellen, auf einem kleineren Niveau weiterzumachen. Sollte es mal eine lange Zeit bergab gehen, so könnte man wieder auf Tour gehen und mit der Band weitermachen.
MAS: Warum habt ihr euch so genannt?
Jean: Wir haben ganz lange einen Namen gesucht. Es ging so weit, dass wir auf Konzerten Stimmzettel verteilt haben. Da standen Vorschläge drauf und das Publikum sollte abstimmen, welchen Namen wir bekommen sollen. Da kam aber nichts bei raus. Oder doch, da kam was bei raus. Nämlich der Name "Tieftaucher".
Pola: Fanden wir allerdings nicht so toll, weil ich das sofort mit "Toilettentieftaucher" asoziiert habe. Fand ich dann nicht so geil. War dann so ein Witz bei uns. Naja, egal. Und dann haben wir gesucht und irgendwann war der Name "Helden" im Raum. Fanden wir irgendwie gut, wussten aber auch nicht weshalb genau. Dann machten wir daraus "Wir Sind Helden". Wir haben aber dann auch im Nachhinein festgestellt, dass wir die Bedeutung cool fanden, weil das Wort momentan auch für irgendwelche Kriegshelden verwendet wird. Wir wollten dem Wort eine neue Bedeutung geben. Helden, Altagshelden, Leute, die ihre Träume zu leben.
Jean: Wobei auch diese Großkotzigkeit wichtig ist. Es ist einfach großkotzig, sich "Helden" zu nennen.
MAS: Was ist für euch ein Held?
Jean: Signor Rossi. Das ist eine Figur aus einem Comic. Herr Rossi sucht das Glück! Das ist mein Held!
Pola: Ich habe ja schon meinen Stoff vorweggenommen. Für mich sind Helden Menschen, die ihre Träume leben - um dem mal einen ernsten Unterton zu geben...Arschloch [Pola nach einer kleinen Stichelei zu Jean]! We're only in it for the money, you know.
Jean: Im Grunde sind wir ein Wirtschaftsunternehmen.
Pola: Wir versuchen jegliche Form von Freundschaft und Emotionalität rauszuhalten.
Jean: Manchmal kann man aber die fehldende Sympathie nicht wirklich kompensieren. Man geht sich auf die Nerven, weil man sich gar nichts zu sagen hat...Tja!
Pola: Tja!
MAS: Tja!...Hat sich für euch mit dem Erfolg eurer ersten Platte was geändert? Was ist für euch positiver oder auch negativer als vorher?
Jean: Es ist sehr schön, dass mehrere Leute zu unseren Konzerten kommen...Mehr? Mehrrr? Mehrerere...
Pola: MEHR Leute! Ja, genau. Mehr Leute.
Jean: Ja, mehr. Also mehr als einer. Das ist für uns das Sichtbarste seit dem Erfolg...also...also...ehm...
[Pola gibt Schnarchgeräusche von sich]
Jean: Alles drumherum hat sich verändert, die Zeitungslandschaft und so...Aber man verfolgt es sicherlich. Ich würde mal sagen, es ist alles sehr...nennen wir es..."virtuell".
MAS: Wie kam es zur Veröffentlichung von "Guten Tag"? Hat euch jemand von einem Label vorher angesprochen?
Pola: Das ist eine sehr schöne Geschichte, die ich aber jetzt gerne mal erzählen möchte. Ach ja, Jean. Bringst du mir was mit? Einen Salat und bitte noch Apfelschorle?
Jean: Ja, sicher! Apfelschorle. Sicher, sicher. Hat noch jemand einen Wunsch?
Bezaubernde Assistentin: Nein danke.
MAS: Nein danke.
Pola: Ich hätte gerne so einen gemischten Salatteller...so "ämärikän".
Jean: Das ist das Orangene, oder?
Pola: Genau, das Orondschene.
Jean: Kommt sofort.
[Jean macht sich auf den Weg]
Pola: BLÖDMANN, BEEIL DICH! So...Also es war so: Wir hatten letztes Jahr noch gar keine Plattenfirma, jedoch einen Verlag. Wir waren in der mislichen Lage, dass wir zwar sehr viel live gespielt haben, aber keine Tonträger hatten, die wir nach den Konzerten verkaufen. Unser Verlag hat uns dann eben die Aufnahmen finanziert. Dann haben wir mit unserem Freund und Produzenten Patti, der übrigens in den beiden Videos mitspielt - das ist der kleine Blonde, die Songs aufgenommen und eine EP gemacht. Da war GUTEN TAG auch schon drauf. Wir wollten die EPs eigentlich nur nach Konzerten verkaufen, aber unser Verlag hat dann angefangen, die auch an Radios zu schicken. Wir dachten, dass wir ein oder zwei Plays bei kleinen Sendern bekommen, aber auf einmal haben alle möglichen Sender angefangen, den Song zu spielen. Dann kam uns die Idee, dass wennn es schön so läuft, wir auch ein Video machen sollten. Das Video haben wir dann mit einem kleinen befreundeten Filmteam aufgenommen. Das lief dann alles mit ganz schlichten Mitteln unter anderem in unserem Proberaum. Das Video schickten wir dann über unsere Verlag zu MTV uns so kam es, dass wir auf einmal ohne Plattenfirma auf MTV liefen, was eigentlich gar nicht geht oder passiert. Wir waren dann in einer ganz coolen Situation, da das Lied schon lief und wir schon eine Video hatten. Also konnten wir uns quasi unsere Plattenfirma aussuchen, so dass wir GUTEN TAG noch mal als Single veröffentlich haben.
MAS: Soll ich noch auf Jean warten oder weitermachen?
Pola: Nönö, mach ruhig weiter. Wie gesagt, er ist eigentlich nur Beiwerk. Wenn ich das Rinderfilet bin, ist er quasi die Kartoffeln.
MAS: In Liedern wie "Müssen Nur Wollen" kritisiert ihr ja irgendwo die Gesellschaft. Welche Dinge gibt es da, die euch bei der allgemeinen Einstellung der Menschen heute besonders gegen den Strich gehen. Woher kommt die Inspiration für solche Texte?
Polo: Erst mal haben wir eine Schaar von Lieder, die gesellschafts- und konsumkritisch sind. Und dann gibt es da auch Lieder wie AURÉLIE oder DIE NACHT, die eigentlich nicht so sind...
[Jean kehrt zurück]
Polo: Viel zu viel Dressing, verdammt!!! Blödmann! Wo ist die Apfelschorle?
Jean: Hab ich vergessen.
Polo: Naja...Hör einfach zu, dann kommst du rein...Es gibt eben die eine Gruppe von konsum- und gesellschaftskritischen Lieder. Und dann gibt es Songs, die Liebeslieder oder Alltagsbeobachtungen sind. Bei den kritischen Sachen geht es uns hauptsächlich um Konsum, wobei wir uns aber selber als einen Teil der Gesellschaft sehen. Wir sagen jetzt nicht:"Wir bringen euch jetzt die Weisheit." Wir entdecken vieles bei uns selber und in der Gesellschaft. Momentan merke ich bei mir selber, wie es dazu tendiert, diese ganzen materiellen Träume und den Konsum allgemein in Frage zu stellen.
Jean: Mein neues Handy kann Fotos machen!
Polo: Schön!!!...So ist es auch bei MÜSSEN NUR WOLLEN. Bei MÜSSEN NUR WOLLEN geht es konkret um diesen Druck, dass einem sugeriert wird, man könne alles mögliche auf einmal in seinem Leben verwirkliche: Glücklich sein, Karriere machen, eine tolle Beziehung führen, aber dann auch noch tolle Affären haben und dabei noch in dem ganzen Extrem gelassen sein. Man hat eben das Gefühl, dass ein Großteil unserer Generation unter diesem Traum leidet.
MAS: Wie würdet ihr eure erste Platte/eurer erstes Album selbst in einem Satz/kurz beschreiben?
Jean: Ein Blumenstrauß schöner Melodien.
MAS: Kommt mir bekannt vor.
Pola: Unsere erste Platte?! In einem Satz?
MAS: Okay, können auch mehr Sätze sein.
Pola: Es ist das Spektrum, das wir im Moment haben. Wir sind glücklich, dass wir jetzt die Platte draußen habe. Wir hatten davor ja nur zwei Singles. Das war immer ein sehr enges Korsett. Das war immer ein Teilaspekt, der von der Band gezeigt wurde. Bei den Album wurde jetzt die ganze Palette abgedeckt. Wir haben ein paar langsame Stücke, aber auch kritische und schnelle Lieder. Deswegen fühlen wir uns so ganz wohl damit. Das sind wir, das waren wir und das werden wir auch in 3 Jahren sein.
MAS: Welches Lied gefällt euch auf dem Album persönlich von euch am besten?
Jean: Ich habe mehrere Lieblingslieder, aber für mich persönlich ist es DU ERKENNST MICH NICHT WIEDER.
Polo: [Äfft Jean nach] "Ich habe mehrere Lieder!"
[Jean weint]
Polo: Ich habe AUCH mehrere Lieder.
Jean: Ich finde alle Lieder schön, bei denen kein Schlagzeug dabei ist!!! Das ist ja leider viel zu selten!!!
Polo: Also mein Lieblingslied...LIEDERRRRRRRR IST/SIND DU ERKENNST MICH NICHT WIEDER...
Jean: Nachmacher.
Polo:..und DIE NACHT.
Jean: So eine Schnulze. Sowas berührt mich gar nicht. Ich mag es ja nur, wenn es so heavy ist.
MAS: Musstet ihr euch bei der Entstehung der Platte musikalisch einschränken oder verändern, um irgendwelchen Ansprüchen des Labels gerecht zu werden?
Polo: Nein! Wir waren ja in der Glücklichen Situation, dass wir uns die Plattenfirma aussuchen konnten und dann noch die Verträge so gestalten konnten, wie wir es gerne wollten. Wir haben die dann mit Patti, unserem Produzenten, aufgenommen. Irgendwann war sie dann fertig, wir haben die dann vorgelegt und gesagt:"Ja, das hier ist unsere Platte." Dann meinte man:"Ja, finden wir gut. Was kommt denn auf das Cover drauf?" Dann haben wir denen auch noch unser Cover-Foto demonstriert...
MAS: Wie kam es eigentlich zu diesem Foto?
Polo: Oh, das war eine ganz lustige Geschichte. Die erzähle ich jetzt auch mal. Ich bin grad so in Fahrt.
Jean: Kann ich auch helfen? Wir hatten eine Foto-Session mit einem sehr guten und sehr netten Fotografen, Gerald. Wir wollten dann Fotos machen und haben ihm schon am ersten Tag gesagt, dass wir zu so einem türkischen Hochzeitsfotografen in Kreuzberg wollen. Die haben da so geile, trashige Hintergründe. Er fand die Idee so toll, dass er frühzeitig seine Foto-Session abgebrochen hat, uns sofort dahin geschleift hat und dann sagte: "So, ihr macht jetzt diese Fotos!" Wir sind dann darein gegangen, haben uns entsprechend gestylt und haben gesagt, dass wir eine Band sind und gerne Bandfotos vor diesen Hintergründen machen möchten. Dann haben wir eine Serie geschossen und das kam dabei heraus.
MAS:Was hört ihr Privat für Musik?
Jean: METALLICAAA!!! Also zur Zeit höre ich gerne Metallica's St. Anger. Dann höre ich gerne die neue Radiohead-Platte, Sigur Ros...
MAS: Welche Musiker haben euch persönlich in euren früheren Jahren/eurer Kindheit am meisten beeinflusst?
Jean: Also TATSÄCHLICH METALLICA, The Police und dann noch...
[Pola gibt wieder Schnarchgeräusche von sich]
Jean:...und seit neustem höre ich gerne Costa Chovic [Ich habe keine Ahnung, wie man das schreibt!].
MAS: Ehm...aha...Kosta Chovic?
Pola: Kosta Kovic...oh mann...
Jean: Nein, Kosta Chovic ist ein anderer.
Pola: Achso, Kosta Kovic ist ja Kommerzkacke.
MAS: Wer ist das überhaupt?
Jean: Das ist ein Komponist, ein Spätromantiker. Interpol mag ich auch gerne und dann noch - eine deutsche Band - Kettcar, eine Band, die ich sehr geil finde.
MAS: Und gibt es eine aktuelle Platte, die euch besonders gefällt? [Diese Frage wurde selbstverständlich bewusst in diesem Moment gestellt.]
Jean: WUAAAAAH, DAS HABE ICH DOCH GRAD GESAAAAAGT!!! S.T. ANGER VON METALLICA, DAS VON KETTCAR...
MAS: Ach ne! Tut mir echt Leid.
Jean:...und noch das neue Blur-Album.
MAS: Ihr seid ja für eure Live-Qualitäten sehr bekannt. Gab es für euch einen Auftritt, den ihr nie vergessen würdet, weil er besonders gut oder besonders schlecht war?
Jean: Also jetzt mal ganz ernsthaft. Es gibt super Tage und es gibt gute Tage.
Pola: Super Tage, gute Tage! [Äfft wieder Jean nach]
Jean: Kannst du mal aufhören? Ich gebe mir wenigstens Mühe! [Jean muss wieder weinen] Nein, war nur ein Witz. Wir sind eine ganz lustige Band.
Pola: Ja, wir mögen uns eigentlich. Aber jetzt mal ohne Witz: Wir sind in erster Linie eine Live-Band.
Jean: Wir haben schon gerne live gespielt, als nur 7 oder 8 Leute da waren. Und jetzt ist es einfach noch viel geiler, wenn die Leute Texte mitsingen können, sich auf Händen tragen und so komisch reinspringen. Wie heißt das?
Bezaubernde Assistentin: Stagediving.
Pola: Arschbombing. Haben wir selber mal praktiziert.
MAS: War die Resonanz bisher immer positiv?
Pola: Es war ja mehr so, dass keine Sau da war. Das war so eine Negativerfahrung, dass die Band dann auf einmal in der Überzahl war. Eine negative Resonanz gab es bisher noch nicht. Das kann aber auf Festivals passieren, aber wir haben noch nicht auf so vielen gespielt. Ich hoffe mal, dass uns das nicht passiert. Ich denke mal, man leidet da schon sehr darunter, wenn man spielt und die Leute pfeifen.
MAS: Gab es einen Auftritt von euch, von dem ihr behaupten würdet, dass er euer bester war?
Jean: Ja, im Backstage in München. Das war ein unfassbarer Auftritt. Die Leute waren definitiv in überzahl. Es war einfach...da fehlen mir die Worte. Es war der Hammer.
Pola: Ab dem ersten Song Stagediving. Dann hat Judith gesagt, dass jeder, der den Song kennt und mitsingen kann, auf die Bühne kommen soll. Auf einmal war die Bühne voll mit 100 Leuten. Die Bühne hat gewackelt und es war einfach toll.
MAS: Was haltet ihr von den ganzen Casting-Shows?
Pola: Oh, das werden wir oft gefragt.
MAS: Das habe ich mir schon gedacht.
Pola: Wieso? Wirken wir gecastet?
MAS: Nein, es ist nur so, dass es in den Medien momentan sehr aktuell ist.
Pola: Jaja, ich werfe dir gleich dein Diktiergerät da runter. Aber ne, es muss ja schon jemand bescheuert sein, um uns zu casten, oder?
Jean: Okay, jetzt mal wieder ernsthaft und ohne Witz. Also ich finde an diesem Casting-System nichts besonderes, weil es zusammengecastete Bands schon seit den 70ern gibt. Es wird nur eben von den Medien momentan öffentlich gemacht. Es ist aber alles sehr kurzlebig. Genau wie diese Reality-Shows, die auch eine Zeit lang im Trend waren.
Pola: Es ist nur momentan so, dass die Leute erkennen, dass es alles "gemacht" ist. Ich will das jetzt auch nicht bewerten. Ein guter Interpret kann auch sehr viel sein. Es muss ja nicht jeder Musiker selbst seine Songs schreiben. Wenn mann gut singen kann und Songs von anderen singt, so ist nichts daran auszusetzen. Ich habe das Gefühl, dass ganz viele Leute so eine gewisse Sehnsuncht nach "authentischen" Bands, die nicht gemacht wurden, entwickelt haben. Die Leute möchten lieber Bands, von denen man weiß, dass sie selbst entstanden sind. Aber es ist sicher schön, dass es beides gibt, also Leute, die diese Casting-Geschichten mögen, und eben Leute, die lieber selbst was ganz bestimmtes wollen.
MAS: Habt ihr engen Kontakt zu euren Fans oder haltet ihr sie lieber auf Distanz?
Pola: Ja, schon. Wir gehen auch immer nach unseren Konzerten raus und quatschen mit den Leuten. Das kann man aber auch nicht immer machen. Es ist aber nicht immer cool. Es kommt auch manchmal vor, dass irgendwelche Betrunkenen kommen. Oft sind Leute dabei, die dann gewisse Schranken nicht mehr achten. Dann wird es auch unangenehm. Die versauen es dann den anderen und auch uns. Bisher war es aber immer das Geilste, wenn welche kommen und sagen "Hey, war geil!". Man lernt dann auch ein bisschen die Mentalität von dem Ort kennen, wo man gerade ist. Wenn wir Mails kriegen, versuchen wir die dann alle zu beantworten. Unser Gästebuch ist uns auch sehr wichtig.
MAS: Gab es oft Leute, die sehr aufdringlich waren?
Pola: Ja. Es werden, wie schon gesagt, die Grenzen nicht geachtet. Meist sind es Betrunkene. Es kommen dann Leute, die umarmen Judith einfach so. Das geht natürlich nicht. Das würde man ja auf einer Party auch nicht einfach so machen. Oder es kam auch mal einer auf die Bühne, der Judith angetanzt hat, was auch sehr unangenehm sein kann.
MAS: Man kann ja bei euch als Fan ein Robin werden. Was ist ein Robin? Wie kamt ihr dazu? Weshalb "Robin"?
Jean: Die Robins sind ein kleiner Privatclub, der sich gebildet hat. Das sind Leute, die bereit sind, von uns aufgetragene kleine Operationen durchzuführen. Diese sind natürlich äußerst legal, aber auf jeden Fall geheim. Wenn man Mitglied werden möchte, kann man eine Bewerbung schreiben.
Pola: Im Moment muss man von sich ein Foto bei der Gartenarbeit mitschicken und ein Gedicht aus 5 vorgegebenen Wörtern schreiben.
Jean: Und dieser "Club", so könnte man das nennen, handelt aber auch eigenmächtig, führt selbstverwaltet Aktionen durch, die sich im Spektrum von Gewaltpräventionen bis...[Jean grübelt und murmelt noch irgendwas Wirres vor sich hin]
MAS: Und warum "Robin"?
Pola: Wegen Batman. Der hat ja auch seinen Robin.
MAS: Warum habt ihr eigentlich so komische Namen?
Pola: Das musst du unsere Eltern fragen.
MAS: Ach, das sind eure richtigen Namen?
Jean: Ja, das sind unsere richtigen Namen! [Jean weint wieder]
Pola: Judith hatte schon einen Künstlernamen und dann dachten wir uns "Was die Olle kann, können wir auch!". Mein echter Nachname ist Roy. Mein Vorname stimmt nicht, aber den sage ich dir auch nicht.
Jean: Mein Vater hieß Jean-Jacques Tourette und meine Mutter hieß Maria Franzke. Und die haben mich dann Michel Tourette genannt.
Jean: Ich habe das Gefühl, du bist nicht zufrieden mit unseren Antworten.
MAS: Doooooch, sicherlich! Ich meine, ich habe einen viel schlimmeren Nachnamen.
Pola: Wie heißt du denn mit Nachnamen?
MAS: Alexopoulos.
Pola: Heißt nicht der Schlagzeuger von Rage auch so? (Häresie! Terrana heißt der! Anm.d.Red.)
Jean: Das ist griechisch, oder?
Pola: ACH NE!
[Jean weint]
MAS: Würdet ihr für den Erfolg auch auf Englisch singen?
Pola: Für den Erfolg sind wir schon mit so einigen ekelhaften Leuten ins Bett gekrochen. Da werden wir doch auch auf Englisch singen können. Ja, klar. Sicher. Für Geld machen wir doch alles. Moneyyy!! Judith hat ja selber mal Comics übersetzt. Es liegt nah, dass wir mal aus Bock einen Text übersetzen. Wir haben auch schon GUTEN TAG übersetzt, aber nicht aufgenommen.
MAS: Habt ihr es vor?
Pola: Das wissen wir noch nicht so genau. Vielleicht.
MAS: Wo seht ihr euch in 10 Jahren?
Pola: Jean sehe ich einsam an einer Theke sitzen.
Jean: Warum habt ihr mich nach dem Album rausgeschmissen? Verdammt noch mal!!!
Pola: Joah, und ich sitze in meinem Pool und denke mir, ich könnte mal wieder Jean was spenden und spende ihm 7 Euro.
Jean: Also ich könnte mir vorstellen, in 10 Jahren im Ausland zu leben. Vielleicht in Spanien.
Pola: Schon in 10 Jahren?
Jean: In 10 Jahren schon? In 10 Jahren ERST! Ich hoffe, dass wir da noch Freunde geblieben sind.
Pola: Du meinst wohl, wir müssen erst noch Freunde werden.
Jean: Vielleicht kennen wir uns in 2 Jahren so gut, dass man schon sagen muss, dass wir Freund sind...also aus Gewohnheit. Ich hoffe mal, dass wir uns in 10 Jahren noch in die Augen sehen können.
Pola: Ein tolles Schlusswort.
MAS: Okay, dann bedanke ich mich für das Interview und wünsche euch noch weiterhin viel Erfolg!
Internet:
www.wirsindhelden.com
www.heldenverehrung.com
Niko Alexopoulos
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