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Artikel

PANOPTICON - Texanischer Groove Rock aus dem Spreewald

Info

Gesprächspartner: v.l.n.r.: Johannes Petereit (Voc), Gordon Herold (Dr), Thomas Muche (Git, Voc)

Zeit: 27.12.2007

Ort: Satt und selig, Spandau am Reformationsplatz

Interview: Face 2 Face

Stil: Progressiver Groove Rock

Internet:
http://www.panopticon-music.de

PANOPTICON ist ein noch (?) relativ unbekannter Name in der deutschen Prog- und Groove-Rock-Szene. Aber das Quartett aus dem Berliner Raum konnte schon die eine oder andere interessante Kerbe in ihre Colts ritzen. Vom noch aktuellen 2006er Album schwer beeindruckt, lockte Norbert von Fransecky drei von vier PANOPTICONlern in ein Cafe am Spandauer Reformationsplatz, das sich direkt gegenüber der St. Nikolai-Kirche in einem Barockhaus aus dem 18. Jahrhundert befindet, einem der ältesten Gebäude der Spandauer Altstadt.
Von dort aus versucht er Euch mit der Truppe vertraut zu machen, die im kommenden Jahr ihr nächstes, in gewissem Sinn erstes Album auf den Markt bringen wird.


Panopticon waren in den Jahren 2006 und 2007 Opening Act für fünf Deutschland-Dates von Toto. Eigentlich ein klarer Fall: Hier wird ein kommerziell viel versprechender neuer Act mit der Power einer etablierten Plattenfirma auf die Bühne geschoben. Nur: Im Fall der Speckgürtel-Berliner Panopticon sieht die Sache anders aus. Glück, der Zufall und die Begeisterungsfähigkeit der Toto-Musiker haben den Berechenbarkeiten des Showgeschäftes eine sympathische Schippe geschlagen.

Drummer Gordon Herold war in London als Mitarbeiter einer Promotionfirma unter anderem damit betraut, Toto und ihr Album Falling in between der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Irgendwann hat er ihnen das Panopticon-Demo The Die is cast in die Hand gedrückt. Die Toto-Leute waren beeindruckt, The Die is cast lief im Tourbus und irgendwann gab es dann ganz schlicht das Angebot, einige der Deutschland-Konzerte zu supporten.

Ein erstaunliches Angebot für eine Band, die noch keinen Plattenvertrag und eigentlich auch noch keine eigene Scheibe vorweisen kann. Denn The Die is cast ist nicht von den heutigen Panopticon eingespielt worden, sondern von Sänger Johannes Petereit und Gitarrist Thomas Muche als Duo in einer Zeit, in der eigentlich gar keine Band existierte.

„Thomas und ich hatten schon Jahre lang gemeinsam Musik gemacht und Songs geschrieben,“ erklärt Johannes. „Wir hatten eine Band namens Seven Days, eine reine Schülerband. Wir haben alles Mögliche gespielt und waren noch auf der Stilsuche.“

Irgendwann standen die beiden ohne Band da und entschlossen sich nicht aufzugeben, sondern das vorhandene Material erst einmal alleine aufzunehmen. Das Ergebnis wurde auf den Namen The Die is cast - "der Würfel ist gefallen" - getauft, und ist bislang das einzige Produkt von Panopticon.
2004 stieß Drummer Gordon Herold dazu, der bisher in einer 80er Jahre Cover-Band eher Funk- und Soul-Nummern von Chaka Khan, Kool and the Gang und Earth, Wind & Fire, aber auch Toto(!) auf die Bühne gebracht hatte. Als Marius Muche, der Bruder des Sängers, 2005 als Bassist einstieg, waren Panopticon in ihrer heutigen Form komplett.


Für die bisherige stilistische Ausrichtung von Panopticon zeichnet nicht zuletzt Thomas Muche verantwortlich, der ohne Wenn und Aber King’s X zu seiner Lieblingsband erklärt. Das hindert ihn nicht an einem kritischen Blick auf die Scheiben der letzten Jahre. „Die letzte gute Scheibe war eigentlich `Dogman´,“ bemerkt er völlig zu recht. Die mindere Qualität der folgenden Scheiben ist für ihn kein Zufall, sondern die logische Folge des quantitativ viel zu hohen Ausstoßes der Texaner.

Themenwechsel: Panopticon präsentieren sich als Berliner Band. Ihr Album erreichte mich allerdings über die Promofirma „Rock im Spreewald“ aus der Weltstadt Burg. Warum springen Hauptstädter in die wässerige Provinz? Die Antwort ist mehrschichtig.
„Berlin ist nicht besonders offen für progressive Rockmusik,“ erläutert Johannes. „Außerdem gibt es hier ein erdrückendes Überangebot an Bands. Und wir sind ja gar keine richtigen Berliner. Wir haben unseren Übungsraum in Berlin, im ehemaligen Orwo-Gebäude. Darum bezeichnen wir uns als Berliner Band, obwohl wir aus dem südlichen Umland kommen. Ich z.B. aus Rangsdorf.“ „Aber mittlerweile wohnen wir ja auch zum Teil in Berlin,“ korrigiert Gordon. „Marius wohnt in Berlin und ich auch - am Kudamm.“

Auf der Bandhomepage wird der Bandname ausführlich erklärt. Ein Panoptikum ist ein runder Raum, an dessen Peripherie sich (Arbeits)räume befinden, die durch Zwischenwände voneinander getrennt sind. So haben die Menschen in diesen Räumen keinerlei Möglichkeit mit ihren Nachbarn zu kommunizieren. Gleichzeitig kann man sie vom Mittelpunkt und durch Fenster von außen her beobachten und kontrollieren. Eine klaustrophobische Vorstellung, die sich auch in den Texten niederschlägt. Kontrolle, Leistungsdruck und Ent-Individualisierung sind Bedrohungen, die in fast jedem der zwölf Stücke thematisiert werden.

Besetzung
Johannes Petereit (Voc)
Thomas Muche (Git, Voc)
Gordon Herold (Dr)
Marius Muche (B, Voc)
Auf eine Weltsicht, ob düster und hoffnungslos oder nicht, will die Band sich aber nicht festlegen lassen. „Es gibt nicht das eine Weltbild in der Band,“ hält Johannes fest. „Wir sind auch nicht negativ, sondern kritisch.“ „Mit den Dingen, die wir ansprechen, wollen wir auch nicht sagen "So ist die Welt", sondern wir wollen Gefahren aufzeigen, die wir sehen,“ ergänzt Gordon. „Im Mittelpunkt steht aber sowieso die Musik. Wenn ein Riff nicht funktioniert, dann funktioniert auch der inhaltsreichste Text nicht.“ Nur einfach einlullend über Belanglosigkeiten zu singen, dazu ist sich die Band aber auch wieder zu schade.


Am Ende des Albums steht „Forest Symphony“, das Stück mit dem raffiniertesten Text des Albums. Ein Mann drängt eine junge Frau dazu mit ihm in den Wald zu kommen. Ein bedrohliches Klischee, das nur zu bekannt ist und die Rollen der Handlung klar verteilt. Dann aber bekommt die Geschichte eine unerwartete Wandlung. Das Paar erreicht eine blutige Lichtung und der Hörer erfährt, dass der „Böse“ sein vermeintliches Opfer an den Ort geführt hat, an dem die junge Frau ihr Kind ermordet hat, um sie mit ihrer Tat zu konfrontieren. „Ja,“ gibt Johannes zu. „Das Stück ist durchaus von den Zeitungsberichten über Kindermorde und -misshandlungen geprägt, die man in den letzten Jahren vermehrt zu lesen bekommt.“

Als Mit-Autor ist bei der „Forest Symphony“ ein gewisser M. Fritz Schadow genannt, der noch an anderer Stelle im Booklet auftaucht. „Er gehörte in der Zeit vor den Aufnahmen zur Band, als wir noch als Trio auftraten,“ erklärt Thomas. „Er hat noch an einigen Stücken, die später auf die CD gekommen sind, mitgearbeitet. Dann ist er ausgestiegen, weil er was anderes als Musik machen wollte. Irgendwann ist er mehrere Wochen in Australien rumgefahren.“. Das war im Rahmen von Panopticon nicht möglich. „Wir sind schon ziemlich perfektionistisch,“ gibt Johannes zu. Und das kostet Zeit, die für die Band da sein soll.

Zum Beispiel um beim Fanfest des Berliner American Football Teams „Berlin Thunders“ aufzutreten. Und das ist ja nicht ganz die Umgebung, in der man eine Progband erwartet. „Ich weiß auch nicht ganz genau, wie man da auf uns gekommen ist,“ grinst Johannes. „Wir sind von jemandem von deren Management angesprochen worden und haben einfach „Ja“ gesagt.“ Der Auftritt war weder eine Katastrophe, noch ein Highlight der Bandgeschichte. „Es war einfach ein Konzert unter anderen,“ gibt sich Gordon nüchtern. „Wir sind einfach heiß darauf zu spielen und auf der Bühne zu stehen,“ ergänzt Johannes eifrig.


Merkwürdig, dass sich Ende Dezember dann nur ein einziger Live-Termin (Ende Januar in Dresden) auf der Homepage finden liest. „Wir konzentrieren uns zurzeit voll auf die nächste CD,“ liefert Gordon die Erklärung. „Da sind wir jetzt in der heißen Phase. Die CD wird auf jeden Fall im kommenden Jahr erscheinen.“
Eine Plattenfirma gibt es noch nicht. Aber da ist die Band wohl nicht ganz ohne Hoffnung. „Zumal wir auch den einen oder anderen special guest dabei haben werden,“ lüftet Gordon vorsichtig den Zipfel der Decke, die über etwas liegt, das noch ein Geheimnis bleiben muss. Denn wer die Gäste sein werden, dazu gibt es kein weiteres Wort. Wenn man aber noch mal einen Blick an den Anfang des Interviews wirft, beginnt man natürlich etwas zu ahnen.

Gesprächiger werden die drei wieder, als es um stilistische Veränderung beim noch namenlosen kommenden Album geht. „Das wird schon etwas anders aussehen“, macht Johannes klar. „`The Die is cast´ haben wir schließlich zu zweit geschrieben und dann aufgenommen. An das neue Album gehen wir als Band ran. Da sind die Stücke teilweise richtig beim Jammen entstanden oder ausgearbeitet worden.“ Und es kommen ja auch andere musikalische Vorlieben dazu. „Ich komme ja aus der Funk-Ecke,“ erinnert Gordon. „Das bringt dann gelegentlich schon noch etwas mehr Härte rein.“ „Und Marius steht auf Sachen wie Mars Volta und Incubus,“ bringt Johannes den nicht anwesenden vierten Mann ins Spiel.

Norbert von Fransecky


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