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Touren, bei denen Bands ein Album am Stück spielen, haben schon ihren ganz besonderen Reiz. Dies war zuletzt bei Magnums On A Storyteller’s Night-Tour zu sehen, bei der die Stimmung wirklich sehr gut war. Ähnlich spektakulär verspricht auch diese Tour zu werden, auf der W.A.S.P. ihr kommerziell erfolgreichstes und wohl auch bestes Album The Crimson Idol noch einmal in voller Länge und mit Videosequenzen präsentieren. Als ich diese Neuigkeit erfuhr, stand fest: Diese Tour findet nicht ohne uns statt! Als ich ins Spectrum reinlaufe merke ich schon, dass an diesem Abend wirklich die Hölle los ist. Es ist an diesem Abend zu meiner großen Freude unbestuhlt und es tummeln sich etliche Metalfans der alten Schule, die schon sichtlich gespannt sind, was der Abend denn so bringt.
Die Vorband V8 Wankers versprechen rotzigen Rock ´n Roll von der ersten bis zur letzten Minute. Und das ziehen sie gnadenlos durch. Ähnlich vom Aussehen her wie Rose Tattoo geben sie Vollgas und schmettern ihre Rock n Roll-Hymnen mit gewaltigem Druck ins Augsburger Publikum. Dabei lassen sie von der Spielfreude und vom Einsatz her so manche wesentlich bekanntere Band ganz schön alt aussehen. Nach etwa einer halben Stunde sind die V8 Wankers soweit fertig und bekommen vom Augsburger Publikum mehr als nur Gefälligkeitsapplaus.
Nun steigt die Spannung. Der Bühnenhintergrund ist mit einer riesigen Leinwand ausgestattet, auf der dann wohl die im Vorfeld erwähnten Videosequenzen abgespielt werden. Als das Licht ausgeht und die ersten Töne des Albums aus der PA kommen, gibt es für das Publikum kein Halten mehr. Blackie Lawless und seine Mannen betreten die Bühne mit einer Routine und Souveränität, die schon mächtig beeindruckt. „Titanic Overture“ läutet die Saga ein, die Mischung aus Konzertereignis und Videoshow funktioniert einwandfrei. „Invisible Boy“ spart nicht mit brutalen Bildern, es ist nichts für zarte Gemüter. Die Musiker sind zwar im Vordergrund, im Mittelpunkt des Konzerts stehen jedoch eindeutig die Videosequenzen. Und die haben es wirklich in sich. Sind die Songs des Albums schon akustisch sehr intensiv, verleiht ihnen die visuelle Umsetzung noch eine zusätzliche Dramatik. Bei „Arena Of Pleasure“ drücken die Jungs mächtig aufs Gaspedal, der Song ist klasse. Eine der besten Szenen ist hier sicherlich, als Jonathan, der Hauptdarsteller der Geschichte, mit einer Whiskeyflasche das Schaufenster eines Gitarrenladens zerbricht und sich dann eine Gitarre klaut. So nimmt das Schicksal seinen Lauf ...
Der Überklassiker des Albums, „Chainsaw Charlie“ ist mit den Videosequenzen an Intensität kaum mehr zu toppen. „The Gypsy Meets The Boy“ ist eine kleine Verschnaufpause zwischen den wirklich sehr temporeich gespielten anderen Songs. Sehr cool gemacht ist auch der Clip zu „Dr. Rockter“, bei dem ein an Falco erinnernder Drogendealer Jonathan im Backstagebereich besucht und ihm allerhand mitbringt. Bei „The Idol“ gibt Augsburg alles, hier wird mitgegrölt und mitgesungen, was das Zeug hält. Nach der sehr gefühlvollen Ballade „Hold On To My Heart“ nimmt die Geschichte ihren Lauf und es geht langsam aber sicher dem Ende zu. Das abschließende „The Great Misconceptions Of Me“ zeigt einen Jonathan, der sich erhängt und anschließend - wie auf dem Albumcover - auf den Boden gelegt wird. Ein großartiger Song mit einem ziemlich tragischen Ende. Augsburg steht Kopf und feiert W.A.S.P. nach allen Regeln der Kunst ab. Ich bin total begeistert, und der Großteil des Augsburger Publikums auch.
Blackie kündigt an, nach einer kurzen Pause wieder zurückzukommen. Das kann man machen, muss man aber nicht. Bei W.A.S.P. weiß man ja schon im Vorfeld, dass nach spätestens 70 Minuten Schluss ist. Deshalb denken viele, dass sie noch mal ein Stündchen dranhängen. Doch es bleibt dabei: W.A.S.P. sind einfach Minimalisten. Blackie und Co. kommen zurück auf die Bühne und spielen ein brachiales “L.O.V.E. Machine“, das vom Publikum sehr kräftig mitgesungen wird. „Wild Child“ ist ein Überklassiker, der immer funktioniert und mit „Take Me Up“, dem leider einzigen Song des neuen Albums Dominator beweisen W.A.S.P., dass sie auch im Jahr 2007 noch starke Musik präsentieren können. Das unnachahmliche „Blind In Texas“ bildet dann leider auch schon den Schlusspunkt des Konzerts. Der Jubel ist groß und ich hoffe noch auf eine Zugabe aber bereits beim Verabschieden ertönt aus der PA ein Song, also ist es wirklich schon vorbei. Als ich einen kurzen Blick auf die Setlist der Band die zwei nicht gespielten Songs „Burning Man“ und natürlich „I wanna Be Somebody“ entdecke, ärgere ich mich ein bisschen. Die zwei Songs hätten sie eigentlich schon auch noch spielen können.
Nach dem Konzert unterhalte ich mich noch mit einem etwa 16 jährigen Jungen mit einem mächtig seltsamen Akzent. Er erzählt mir, dass er und noch 3 Kumpels von ihm extra aus Österreich angereist kommen, um W.A.S.P. zu sehen. Der einfache Anfahrtsweg für das wackere Quartett beträgt ja nur „läppische“ 340 km! So viel Einsatz wird meistens belohnt und die vier betonen, dass es für sie ein absolut großartiger Auftritt war. Dem kann ich nur zustimmen.
Gerne hätte ich mir ein T-Shirt mit dem Crimson Idol-Logo gekauft, aber der stolze Preis von 25 Euro (fast 3 Euro teurer als der Eintrittspreis) schrecken letztendlich ab. Ich bin mir sicher: Hätten sie für das Shirt an diesem Abend 15 Euro verlangt (und dabei immer noch genügend verdient), hätte sich ein Großteil der Anwesenden Gäste ein T-Shirt gekauft. Beim Heimweg ist mir erst bewusst, was dies doch für ein einmaliges Konzertereignis war und ich freue mich riesig, dabei gewesen zu sein. Die Tour wird anscheinend 2008 fortgeführt. Wenn dies der Fall ist und W.A.S.P. in Eurer Stadt aufschlagen gibt es nur eine Möglichkeit: Hingehen, anschauen, total begeistert wieder heimgehen!
Stefan Grassl
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