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Info
Zeit: 06.03.2007
Ort: Augsburg - Spectrum
Internet:
http://www.painofsalvation.com
Was mussten Pain of Salvation mit ihrer letzten CD Be nicht so alles einstecken? Zu verkopft und abgehoben hieß es da. Zu überamibitioniert, zu unschlüssig. Besonders in textlichen Hinsicht wollten und konnten vielen den philosophischen Gedankengängen eines Daniel Gildenlöw nicht mehr folgen. Und dann kam vor kurzem Scarsick. Wieder ein Dreh um 180° in eine andere Richtung. Beißende Sozialkritik stand nun auf der Agenda der Band. Musik und Text so eng verknüpft wir nur selten zuvor (man höre nur „Disco Queen“ oder „Spitfall“). Passend dazu um einiges lockerer, rockiger und direkter als noch drei Jahre zuvor. Was das jetzt mit diesem Konzertbericht zu tun hat? Eine ähnliche Entwicklung sagt man auch Pain of Salvation als Liveband nach. Früher als recht steifer und oft wenig erbauender Liveact verschrien (ganz im Gegensatz zu ihren musikalischen Ergüssen), ist man heute eine echt mitreißende Topnummer in Sachen „Progmetal on stage“.
Das hat sich wohl auch im Vorfeld der aktuellen Tour herumgesprochen, da das Augsburger Spectrum direkt nach dem Einlass schon recht gut gefüllt war und später aus allen Nähten platzte. Es mussten sogar die sonst so störenden Tische auf der Tanzfläche dem Besucheransturm weichen. Somit stand einem stimmungsreichen Konzertabend also nichts im Wege. Höchstens die kurzfristig ins Programm gerutschte Vorband The Last Supper, die so was von überhaupt nicht zum Hauptact des Abends passte. Diese kanadisch-amerikanische Freundschaft spielte ziemlichen trockenen und heftigen Groove Rock, irgendwo in der Schnittmenge aus Deftones, Godsmack und Sevendust. Sehr amerikanisch, sehr ins Gemächt drückend, aber auch sehr gewöhnlich. Wenn auch ziemlich leidenschaftlich und voller Elan gespielt. Da half auch der bei den letzten beiden Songs auf die Bühne gestellte Perkussionist nicht viel (den man übrigens in dem Klanginferno eh nicht zu hören bekam). Nach einer guten halben Stunde war der Zauber aber auch schon vorbei. Und ein paar feierwütige Headbanger konnte man doch für sich begeistern.
Was dann im Anschluss folgte, war schon ein ganz anderes Kaliber. Ganz großes Ohrenkino, mit dem Pain of Salvation bewiesen, dass sie (doch noch) zu den hellsten Sternen am Progrock-Firmament gehören. Dabei begann die Show ganz unprätentiös. Kein Intro, keine große Lichtshow - nur fünf Musiker die gemütlich auf die Bühne schlendern, sich ihre Instrumente schnappen und einfach drauflos spielen. Den Anfang des bunten Liederreigens machte der Titelsong des aktuellen Albums Scarsick. Mit seinen thrashigen Riffs genau das Richtige um das Blut in Wallung zu bringen. Die Stimmung in der Halle war von der ersten Note an sehr gut, auch wenn noch keiner Kopf stand. Nach dem melodischen „America“ (was live um einiges besser kam wie auf CD), folgten zwei Stücke des Debütalbums Entropia, bei dem Daniel Gildenlöw den neuen Mann am Bass, Simon Andersson, vorstellte. Besonders mit dem passend betitelten „!“ konnte ein erstes echtes stimmungstechnisches Ausrufezeichen setzen. Weiter spielten sich Pain of Salvation in der ersten Hälfte chronologisch von Album zu Album und variierten einzelne Songparts im Gegensatz zu den Albumversionen ein wenig. So bekam „Handful of nothing“ ein anderes und längeres Ende. „This heart of mine“ und „Song for the innocent“ wurde als Medley im Stil ihres Akustikalbums „12:5“ präsentiert. Und das ansonsten von einem Orchester unterlegte „Diffidentia“ von umstrittenen Album Be wurde (verständlicherweise) komplett entschlackt und erstrahlte im neuen metallischen Gewand. Großartig! Wäre sicher interessant das ganze Album in diesem basischen Arrangement zu hören.
Nach dem einem Aufenthalt beim Album One hour by the concrete lake folgten die absoluten Showhöhepunkte. Zuerst das extrem schwermütige und extrem starke„Ashes“, von dem man sich einfach treiben lassen konnte. Dann die ebenso gigantische Ballade „Undertow“, welches ebenfalls einer Neubearbeitung unterzogen wurde. Zuerst langsam, nur mit Pianobegleitung gesungen, bevor die Band einstieg und man am Schluss wieder sanft zum Klavier zurückkehrte. Also Daniel seine letzten Worte in das Mikrophon hauchte, hätte man glatt eine Stecknadel fallen hören können, so ergreifend klang der Song an diesem Abend. Zum Ende des regulären hieß es dann „Let’s Disco“ mit dem skurrilen „Disco Queen“. Auf CD etwas daneben klingend, entpuppte sich dieser Song für die feierwütige Meute als formidabler Stimmungsmacher und brachte ordentlich Schwung in die ins Haus. Mit ein wenig Glitter hätte man sich glatt wie im Studio 54 fühlen können. Da tat eine kleine Verschnaufpause gut. Die gab es auch, bevor Pain of Salvation unter tosendem Jubel noch einmal für drei Songs auf die Bühnenbretter zurückkehrten. An deren erster Stelle stand die überraschendste Nummer des Konzerts: ein Cover des Leonhard Cohen-Titels „Hallelujah“ als Bandversion. Sehr schön! Danach wurde noch die balladeske Schimpftirade „Cribcaged“ und „Used“, der Opener des PoS-Meisterwerks The perfect element pt. 1, gespielt, bevor nach knapp zwei Stunden endgültig Schicht im Schacht war.
Leider muss man sagen, denn Pain of Salvation bewiesen mit jedem einzelnen Song des Konzerts ihr Klasse und man hätte gerne noch länger zugesehen. Jeder Ton, jedes Break saß perfekt. Dazu durfte man immer wieder stauen wie Vordenker Gildenlöw die emotionalsten Gesangslinien aus sich heraus sang und dazu perfekt die Sechssaitige zupfte. In Sachen Gesang wurde Daniel noch von seinen restlichen Bandmitgliedern tatkräftig unterstützt. Besonders von Gitarrist Johann Hallgren. Dieser schien extra viel Spaß auf der Bühne zu haben. Tat er immer wieder so als wäre er der größte Poser der auf Gottes Erden wandle, musste er im nächsten Augenblick schon wieder über sich selbst lachen. Überhaupt gab sich die ganze Band gelöst und unverkrampft. Man hatte überhaupt nicht den Eindruck, dass hier trockene Musiktheoretiker am Werk sind, sondern fünf einfache Typen mit jede Menge Rock ´n Roll im Blut. Und in diesem Punkt unterscheiden sich die Schweden von einigen anderen Kollegen aus dem progressiven Sektor.
Hier eine kurze Zusammenfassung des Auftritts eines Herren der neben mir stand: Sound super, Band super, Setlist super, Konzert geil! Hoffen wir, dass Pain of Salvation sich bald wieder in unseren Breitengraden vorbeischauen, damit auch die Daheimgebliebenen den Zauber der Band erleben können. Diesen soll es übrigens auch bald für zu Hause geben. Denn das Konzert ein paar Tage zuvor in Amsterdam wurde auf Zelluloid gebannt und wird wohl in absehbarer Zeit auf DVD veröffentlicht werden. Da steht jetzt schon fest: Pflichtkauf!
Setlist:
1. Scarsick (Scarsick)
2. America (Scarsick)
3. ! (Entropia)
4. Nightmist (Entropia)
5. Handful of Nothing (One Hour By The Concrete Lake)
6. New Year's Eve (One Hour By The Concrete Lake)
7. Ashes (The Perfect Element Part I)
8. Undertow (Remedy Lane)
9. This Heart of Mine/Song for the Innocent (Remedy Lane/The Perfect Element Part I)
10. Chain Sling (Remedy Lane)
11. Diffidentia (Be)
12. Flame to the Moth (Scarsick)
13. Disco Queen (Scarsick)
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14. Hallelujah (Leonard Cohen-Cover)
15. Cribcaged (Scarsick)
16. Used (The Perfect Element Part)
Mario Karl
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