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Zeit: 02.01.2007
Interview: E-Mail
Stil: Semi-Classic-Electronica
Schon ein wenig beeinflusst von der Warp'schen ‚London Sinfonietta'-Geschichte und ihrem eigenen Sideprojekt Alexander's Annexe entfernt sich Mira Calix via Eyes Set Against The Sun souverän von allem, was man gemeinhin in die Files Rock und Pop einordnen möchte. Mit Orchester, einem Schulchor und Violinen, von ihrer Vorliebe für Instrumente aus Holz einmal ganz zu schweigen, gerät das dritte Album der in London lebenden Südafrikanerin zur semi-klassischen Extravaganz, zum Drahtseilakt am Rande des Vorstellbaren und somit zum Spagat zwischen U- und E-Musik. "Protean", gerade einmal zweieinhalb Minuten lang, ist vielleicht der Prototyp Mira Calix'scher Soundvorstellungen - ein Tag im Wald, die Vögel singen, Äste knacken unter den eigenen Schritten und trotz aller Natürlichkeit bietet sich dem Betrachter ein vollkommen surreales Bild. Auf "The Way You Are When" baut die beeindruckende Musikerin dagegen zehnminütig fast gänzlich auf Holz und wo hin und wieder ein dementsprechendes Xylophonspiel einen einsamen, verlorenen Rhythmus vorgibt, geht es auf "One Line Behind" inklusive Orchester in die Ränge der ganz schweren Klassik.
MAS:
Ist es eigentlich Absicht, dass du deine Platten in Dreijahreszyklen veröffentlichst?
Mira Calix:
Es wirklich scheint so, dass ich auf diese Weise arbeite. Aber ich kann nicht vortäuschen, dass wirklich Absicht dahinter steckt. Das scheint eher schon mein natürlicher Zyklus zu sein, der ein wenig langsamer verlöuft...
MAS:
Meiner Meinung nach stecken hinter "Eyes Set Against The Sun" mehr neoklassische, damit meine ich Komponisten wie Steve Reich und John Cage, als irgendeine Art von Pop. Vielleicht tendierst du auch wirklich absichtlich in Richtung dieses Files?
Mira Calix:
Das ist wirklich lustig da ich immer selbst fühlte, in keinerlei File zu passen. Ich glaube, das Album entwickelte sich wirklich in Richtung dessen, was du eben erwähnt hast. Aber es ist dennoch so vollkommen unpassend, um nicht mit all dem auf Konfrontation zu gehen.
MAS:
Stimmt es, dass auf "Eyes Set..." mehr hölzerne, d.h. natürliche als elektronische Instrumente verwendet wurden.
Mira Calix:
Vielleicht schon, aber ich brauche eben die Electronics, um die natürliche Sounds zu bearbeiten und in Form zu bringen. Aber alles, was ich mache, geschieht mit meiner ganz speziellen und eigenen Methode.
MAS:
Was ist die Grundlage deiner neuesten Veröffentlichung, Improvisationen oder doch ‚richtige' Kompositionen, inklusive Noten ?
Mira Calix:
Definitiv arbeitete ich hier vor allem mit Kompositionen, obwohl mir aber auch Improvisationen eine Menge Spaß machen. Aber das ist eher mit der Sache in Verbindung zu bringen, die ich zusammen mit Sarah Nicolls und David Shepard in Alexander's Annexe mache. Aber bezüglich meiner eigenen Werke mit Mira Calix basiert wirklich alles auf Kompositionen und Strukturen. Ja, und manchmal auch wirklich mit Noten. Vor allem deshalb, weil ich mit verschiedenen Musikern zusammenarbeite.
MAS:
Wenn man de Struktur des kompliziert-interessanten ‚Warp'-Universums einigermaßen verstanden hat und sich ein Projekt wie Maximo Park auf der einen Seite befindet, dann rangierst du auf jeden Fall auf der anderen, gegenüberliegenden. Siehst du dich selbst hierbei als relativ eigenständige Künstlerin?
Mira Calix:
Ich möchte hierbei gerne der Meinung sein, das wir alle eben auch das mögen, was wie selber machen. Und das ist es letztendlich auch, was uns verbindet. Aber ich sage an dieser Stelle noch einmal, was ich in früheren Interviews schon antwortete, dass ich vor allem fühle, was ich mache und sich meine Auffassung diesbezüglich sehr von denen anderer unterscheidet. Und es ist gut, auf einem Label zu veröffentlichen, das so eine Vielfalt unterstützt und fördert. Ich denke, dass wir dementsprechend auch gute Stützen, eine links, die andere rechts, für diese Vielfalt abgeben.
MAS:
Was ist der Unterschied zwischen Chantal Passamonte und Mira Calix und was bedeutet Mira Calix als solches?
Mira Calix:
Natürlich bin das in erste Linie ich selbst. Ich wollte mit ihr vor allem andere von mir selbst ablenken. Aber es ist schon recht bizarr, ein Alter Ego zu besitzen. Ich nehmen an, dass sich sie als der Music Maker von uns sehe. Und sie besitzt auch keine Verpflichtungen gegenüber dem täglichen Leben wie Abwaschen und so weiter. Sie macht eigentlich nur die schönen Sachen von uns beiden. Ein wirklich glückliches Mädchen.
MAS:
Was ist die Absicht hinter Alexander's Annexe, deinem Side-Projekt, und wie kam diese Zusammenarbeit zustande?
Mira Calix:
Ich traf David, als ich zum ersten Mal mit der London Sinfonietta zusammenarbeitete. Er ist hier ein fest angestellter Musiker. Wir kamen wirklich gut miteinander aus und trotz unseres doch recht unterschiedlichen musikalischen Backgrounds stellten wir fest, dass wir, wenn es um das Musik machen ging, doch Gemeinsamkeiten hatten. David brachte Sarah dann zu einem meiner Gigs mit und zusammen trafen wir uns anlässlich der "Warp Works And 20th Centuary Masters"-Aufführung in Rom wieder. Hier ging es darum, New Electronic von Aphex Twin, Boards Of Canada usw. zu nehmen, diese in Noten zu fassen und diese in Kontext mit neuzeitlicher Klassik zu setzen, die auch mit Electronic arbeitet. Wir fanden diesen Stilmix überaus inspirierend, aber was wir dann wirklich wollten war, selbst ein Stück zu schreiben als einfach Sachen zu adaptieren. Ich fühlte, dass wir hiermit auf dem richtigen Weg waren. Es war eine überaus spontane, aber auch einschneidende Entscheidung. Wir genossen es, zusammen zu arbeiten und auch die Herausforderung, die damit verbunden war.
MAS:
Was sind die Hauptinspirationen in dem derzeit gelben Mira Calix-Kosmos?
Mira Calix:
Hmmm. Von der Beschaffenheit her ist dieser ziemlich kontrastreich. Kontraste interessieren mich, wie hart und spröde, weich und süß. Ich habe gerade meine gelbe Phase beendet - das Resultat ist "Eyes Set Against The Sun", aber es gibt noch so viele andere Farben. Ich bin sicher, hiervon wird es mehr geben. Die Musik, die ich gerade mag, wechselt recht oft, aber das, was ich von der Musik, die ich mag, erwarte ist, dass ich sie fühle und sie mich irgendwo anders hin versetzt, weg von dem Ort, an dem sich diese in dem Augenblick höre. Das sind alles Dinge, die ich mit mir ins Studio nehme und die mich vor allem anspornen, gerade solche Musik zu schreiben die mich mehr befriedigt als andere
MAS:
Sind in Zukunft vielleicht weitere Kollaborationen geplant?
Mira Calix:
Ich bin relativ sicher, dass das passieren wird. Es macht mir Spaß, mit Leuten, denen ich in musikalischer Hinsicht Vertrauen und Bewunderung schenke, zusammenzuarbeiten. Es ist gerade der Kontrast, mit Anderen zusammenzuarbeiten, hier Zeit und Ideen zu teilen und dann zurück zu meinen eigenen Arbeiten zu kommen, wo ich die komplette Kontrolle über alles habe, der mich inspiriert. Ich denke nicht, dass ich entweder nur allein oder nur mit anderen Musikern arbeiten könnte.
MAS:
Sind mit dem doch recht aufwendigen Mira Calix-Konzept auch Shows geplant?
Mira Calix:
Zur Zeit arbeite ich mit einem klassischen Komponisten mit Namen Tansy Davies an einer Oper, was völliges Neuland für mich ist, mich aber absolut inspiriert. Es sind auch eine Reihe anderer Projekte für dieses und für das nächste Jahr geplant, was aber alles Kollaborationen sind. Und da diese fast alle auf Performances basieren, wird es hier auch einige Shows geben.
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