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Uiuiuiui! Was gab es im Vorfeld dieser Tour für Diskussionen! Musste man wirklich Millionär sein, um sich den stolzen Eintrittspreis von ca. 50 Euro für ein IRON MAIDEN-Konzert leisten zu können?
Anscheinend waren selbst im angeblich so knauserigen Schwabenland jede Menge Millionaros am Start, denn die nicht gerade kleine, von diversen Radrennen bekannte (Ich begann ebenjene Rennbahn zu hassen, die die Sitzplätze von den Stehplätzen trennte!), Stuttgarter Schleyerhalle war prall gefüllt und schwor schon beim ersten Anblick ins Innerste dieser Location offene Münder bzw. vor Freude strahlende Augen hervor. Welch Konzertereignis der Championsleague würde uns hier wohl bevorstehen?!? Ein paar Dinge standen also fest wie diverse primäre Geschlechtsmerkmale in kuscheligen, heiklen Situationen. Erstens: Metal lebt! Zweitens: Der neue Longplayer der Eisernen Jungfrauen bekam zu dieser Zeit, mit Rang Zwei in den offiziellen Deutschen Album-Charts, eine Überdosis Höhenluft zu schnuppern. Drittens: Die Anhänger des geschmiedeten Stahls hatten sich noch einmal fast vollzählig dazu aufgerafft ihren Idolen bei der voraussichtlich letzten, grösseren Gastspielreise die Ehre zu erweisen. Wenn das wohl kein Festtag wird!
Pünktlich zu den ersten Tönen des GAMMA-RAY-Openers "Garden Of The Sinner" erkämpften wir uns unseren Platz im weiten Rund der Stuttgarter Vorzeigehalle und schon jetzt war klar das die Hamburger Band um Metalveteran Kai Hansen alles andere als Kanonenfutter für die nach den Jungfrauen lechzende Meute war. Innerhalb der viel zu kurzen Dreiviertelstunde drangen zu keiner Zeit irgendwelche sehnsüchtigen "Maiden"-Rufe und schon gar keine fast zum Vorband-Inventar gehörenden Unmutsäusserungen des Publikums an die Lauscher eures MAS-Schreiberlings. Eher wohl das Gegenteil!
Mr. Hansen motivierte das Publikum durch seine lockeren Sprüche noch zusätzlich und so schaffte es das Quartett tatsächlich bei der Hymne "Heavy Metal Universe" fast die gesamte Zuschauermasse den Titel dieses Tracks zu brüllen. Ob die paar wenigen, die sich der Stimme enthalten haben, für immer Scheisse geblieben sind, wie der Frontmann betonte, entzieht sich leider meiner Kenntnis.
Ungewöhnlich gute Stimmung für einen Supportact also, aber dies war nicht weiter verwunderlich, da GAMMA RAY sowohl musikalisch hervorragend zum Headlinder des heutigen Abends passten, als auch in allen anderen Bereichen keine Steine in den Weg gelegt bekommen hatten. Das riesige GAMMA-RAY Banner thronte im hinteren Teil der Bühne, die Lichtshow war eines Hauptacts würdig und auch soundtechnisch gefiel mir der sympathische Haufen um einiges besser als z.B. bei der letzten offiziellen Tournee, obwohl der Gesang schon etwas lauter sein konnte.
Mit einer eindrucksvollen Version des auf Herrn Hansens Mist gewachsenen Helloween-Gassenhauers "I Want Out" beendeten die Nordlichter ihre Mission und durften sich noch einmal vom anwesenden Volk abfeiern lassen. Dort wurde dem Sänger wohl auch klar, das das Stuttgarter Publikum sehr wohl bei einem Metalkonzert genauso laut schreien konnte, wie bei einem Sieg des ortsansässigen VfB`s, was er ja vorher ironisch bezweifelt hatte. Tja Kai H., beim HSV gibt es zur Zeit wohl keinen Grund für euphorische Freudenschreie. Nix für ungut, ein geiler Gig war es trotzdem!
Tja, nun war es also soweit und nach dem Intro stürmten die Eisernen Jungfrauen fast schon traditionell zur ersten Singleauskopplung ihres aktuellen Albums, in diesem Fall "Wildest Dreams", die gigantische, mehrstöckige Bühne in der Stuttgarter Schleyerhalle.
Vor allem Frontsirene Bruce Dickinson war prächtig aufgelegt und hüpfte mit der Energie eines Känguruhs in den besten Jahren über die Bretter, so das man das tatsächliche Alter dieses Herren glatt vergessen konnte. Ebenfall als einen Blickfang konnte man das Stageacting von Gitarrero Janick Gers bezeichnen, der ständig den Kontakt mit den Fans an "seiner" Seite suchte und dessen Kung-Fu-Tritte gegen irgendwelche imaginären Gegner sogar Bruce Lee vor Neid erblassen lassen würde, wenn er nicht schon lange verblasst wäre. Gott hab ihn selig.
Die Songauswahl nach diesem furiosen Opener lies mich fast zur Vermutung hinreissen, das die Herren von Iron Maiden den Fans, auf ihrer wohl letzten grösseren Tour, ein Best-Of-Programm sondersgleichen bieten wollten, denn endgeniale Versionen von "Wrathchild", "The Trooper" bzw. "Can I Play With Madness", bei der fast jeder Song vor einem anderen passenden Bühnenbild präsentiert wurde, sprechen wohl für sich.
Als der bestens aufgelegte Frontmann nach diesem Ohrgasmus ankündigte, das es am heutigen Abend auch jede Menge Songs des neuen Albums zu hören gibt, konnte man schon Verständnis für vereinzelte Unmutskundgebungen einger Fans aufbringen, doch auch frische Songs wie "Rainmaker", "No More Lies", "Dance Of Death" bzw. "Paschendale" liessen die hervorragende Stimmung in der Halle nicht enden und fügten sich hervorragend in den Reigen der Klassiker ein.
Selbst ein Song aus der Ära mit Blaze Bayley, die ja nicht gerade wenige Maiden-Anhänger am liebsten aus ihrem Gedächtnis löschen würden, war in der Setlist vertreten und die Wahl fiel nicht auf die üblichen Verdächtigen wie "The Clansman" oder "The Sign Of The Cross", sondern mit "Lord Of The Flies" auf einer meiner absoluten Lieblingstracks aus dieser Zeit. Alle Achtung!
Leider blieb den Fans die Comebacksingle "The Wicker Man" in Stuttgart vorenthalten (oder war ich da schon wieder beim Bierholen bzw. beim Bierausscheiden ?!? - Scherz.) und man zog dieser Hymne den Titeltrack ebenjenes "Brave New World"-Albums vor. Schade, aber man(uel) kann schliesslich nicht alles haben.
Ansonsten gab es aber über die Songauswahl nichts zu meckern und das Konzert steuerte so langsam auf den Höhepunkt zu, denn "Fear Of The Dark" war an der Reihe und ich kenne keinen andern Titel bei dem die Fans einen so mächtigen Chor bilden bzw. zum siebten Mitglied der Band werden können. Die singende bzw. mit den Händen klatschende Menge, die ungefähr der Einwohnerzahl meines Heimatortes entsprach, wirkte von oben betrachtet wie ein einziges riesiges Lebewesen, das sich im Zustand höchster, freudiger Erregung vor Wohlgefühl auf dem Boden hin- und herwälzt. Einfach ein gigantischer Anblick!
Bevor die Band den offiziellen Teil dieses Gigs beendete, legte der Sechser mit "Hallowed Be Thy Name" fast noch einen drauf und das Publikum das "Springfloh" Bruce Dickinson mit "The Loudest Audience On This Tour" bezeichnete, musste nicht lange betteln um mit ihren Helden beim Zugabenblock ein Wiedersehen zu feiern.
Dieser begann überraschend mit dem balladesken "Journeyman", das sich ja bekanntlich auch auf der aktuellen Langrille "Dance Of Death" befindet. Warum auch nicht ? Gegen diese "kostenlose" Portion Gefügelhaut hatte sicher niemand etwas einzuwenden.
Nach dieser künstlich bedingten Hautveränderung wurde es endlich Zeit für Bandmaskottchen "Eddie", das in überdimensionaler Form mit rot leuchtenden Augen im hinteren Teil der Bühne , zu den Klängen von "The Number Of The Beast", sein Unwesen trieb. Es gibt glaub ich kein Monster das ich lieber nochmal sehen würde als good old Ed.
"Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat Zwei" und jeder, der schon etwas länger die Karriere der Engländer verfolgt, wusste mit welcher Nummer dieses Konzert enden sollte. Jawoll! "Run To The Hills" war der Grund für die finale Ekstase im Publikum (vielleicht auch für so manche feuchte Träume in der anschliessenden kurzen Nacht) und so endete ein Konzert das so ziemlich jeden der 5000 Cents wert war, die König Eddie als Tribut forderte. Mein persönlicher Anwärter für das Konzert des Jahres und alle anderen Kanditaten die sich angesprochen fühlen, sollen sich unverzüglich bei mir melden. Aber schnell, denn ihr habt nicht mehr lange Zeit!
www.gamma-ray.com
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Manuel Liebler
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