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Jenseits der holländischen Berge - NITS
1987 läuft ein schöner Waverocksong im deutschen Radio rauf und runter. Und nicht nur in Deutschland, nein, Europaweit und auch in asiatischen Ländern stürmt der Song mit dem seltsamen Titel “In the dutch Mountains“ die Hitparaden. Das gleichnamige zugehörige Album ist eigentlich weit davon entfernt, ein „Hitalbum“ zu sein. Die Songs wurden ohne Zuhilfenahme der damals angesagten Synthesizers Live im Studio eingespielt und trägt stolz den Vermerk „This Album was not produced“ auf dem Cover. Die Musik schwankt zwischen eher leichtgängigen Gitarrenpopperlen wie dem Titelsong oder das später als Single ausgekoppelte “J.O.S. Days“, aber auch vertracktere, sperrigere Songs, große dunkle und zerrissene Balladen wie “Two Skaters“ oder “The Swimmer“, die ein wenig an Velvet Underground erinnern, das verstört verträumte “Oom - pah - pah“. Somit ist es eine wirkliche Überraschung, dass dieses Album ein solcher Erfolg wird, auch für die Musiker selbst. Doch die Band nimmt es gelassen, sie sind ja auch schon lang genug dabei, denn gegründet wurde die Band bereits 1974 und das erste Album erschien bereits 1978. Dieses nach der Band betitelte Werk war noch ein etwas richtungsloser Mix aus Rock, Pop und leichten Waveeinflüssen. Doch offenbarten Sie bereits hier ihre hohe Musikalität. Bereits ein Jahr später erschien dann Tent, das schon deutlich mehr Profil zeigte und die Nähe der Band zum New Wave, aber auch zu den alten Meistern wie den Beatles. Zwei weitere Alben folgten mit New Flat 1980 und Work 1981, wobei letzteres ein wirklich schlüssiges Wavewerk war und Klassiker wie “Red Tape“ oder “Slip of a tongue“ enthielt. Omsk erschien dann 1983 und definierte den Nits Sound endgültig. Die Songs, meistens zwischen Ballade und leicht beschwingtem Pop, besitzen immer eine eingängige Melodie, ein hervorragendes Arrangement und brillierenden Gesang. Es gibt immer überraschende Instrumentierungen, mal werden viele Keyboards verwendet, dann wieder normales Piano, elektrische Gitarren oder akustische, Streicher oder Blasinstrumente.
Der Zusammenhalt ist das immer interessante Schlagzeugspiel des Gründungsmitgliedes Rob Kloet. Einziges weiteres ständiges Mitglied ist Multiinstrumentalist, Komponist und Sänger Henk Hofstedde. Als weiteres beständiges Mitglied muss Keyboarder Robert Jan Stipps genannt werden, der etwas später zur Band stieß und Mitte der Neunzieger Jahre auch bis 2004 ausstieg. Musikinteressierte könnten Ihn auch aus der Band in der er vor den Nits spielte kennen, denn das waren immerhin Golden Earing.
Mit verschiedenen Mitstreitern ließen die drei 1983 die EP Kilo folgen, 1984 das sehr wuchtig instrumentierte und produzierte Adieu, sweet Bahnhof und zwei Jahre später das etwas abgespecktere Henk. Da die Band sich seit jeher als Liveband versteht, wollten sie dann mit In the dutch Mountains eben diesen Livesound auf Schallplatte übertragen. Denn viele ihrer reich produzierten Songs spielten sie Live wesentlich abgespeckter und introvertierter. Und auch der überraschende Erfolg von In the dutch Mountains brachte Sie nicht von Ihrem Weg ab. Sie begaben sich auf eine große Welttournee, nahmen zwischendurch das sehr introvertierte und fast rein akustische Minialbum Hat auf und dokumentierten ihre Livearbeit mit dem dreifachen Live Album Urk 1989. Dieses Album offenbart die wahre Pracht der Musik der Nits, denn die feingliedrigen Arrangements von Songs wie “Adieu, Sweet Bahnhof“, “Sketches of Spain“ oder dem traumhaften, von Piano dominierten “Nescio“ offenbaren die Musikalität und Spielfreude, mit der die Band zu Werke geht. Das nächste Album wurde dann ein Gegensatz zu der Arbeit der letzten Jahre, denn diesmal setzte man stark auf Synthesizer und setzte überhaupt keine Gitarren ein. Giant, Normal, Dwarf erschien 1990 bot gewohnt gute Kompositionen, nun halt wiedermal in einem völlig anderem Gewand. “Radio Shoes“, “Fountain man“ oder auch der Titelsong waren wieder hochmelodiös wie auch der Rest des Albums, ein ähnlich großer Erfolg wie 1987 sollte aber nicht wieder gelingen. Nach langer Tour reduzierte sich die Band auf die drei ständigen Mitglieder und ging zwei neue Projekte an, die miteinander verbunden waren jedoch unterschiedlicher nicht sein konnten. Da war zunächst das Album Ting, das diesmal nur auf Perkussion und zwei Klavieren basierte. Dazu gab es nur ganz selten eingestreute Gitarren oder Streicher. Mit Ting gelang der Band eins der intensivsten Alben, die ich kenne. Das verträumte “Fire in her Head“, das schwebende “Christines World“, ein beschwingtes “I try“ oder “Soap Bubble Box“, alles wunderbare Kompositionen fantastisch umgesetzt.
Das zweite Projekt war mehr das Projekt des Robert Jan Stipps, der mit dem Netherland Symphony Orchestra zusammen ein “Hjuvi“ aufnahm. Ein “Hjuvi“ ist eine klassische Komposition, die aus verschiedenen Räumen (Sätzen) besteht, die aus wiederum verschiedenen Kompositionen zusammengesetzt sind. Hierin wurden mit “Moved by her“, “Cars & Cars“ und “Nightfall“ auch drei Ting Kompositionen eingebaut und das ganze wurde auch mehrmals in Holland aufgeführt. Zwei Jahre später erschien dann wieder ein typisches Nits Album, Da Da Da war ein Album voller typischer Nits Kompositionen, bei denen die Band alle Register zog. Es gab also von eher leicht Instrumentierten bis zu pompös ausproduzierten Songs alles, was sich der Nitsfan wünscht. Man brachte 1995 dann noch den Best Of Sampler Nest heraus, der auch zwei neue Stücke enthielt und begab sich ein weiteres Mal auf Tour. Nach dieser Tour stieg Robert Jan Stipps dann aus und es wurde erst einmal drei Jahre still um die Nits. 1998 tauchten sie mit neuer Besetzung mit dem Album Alankomaat wieder auf. Mir war das Album etwas sperrig, ich habe es auch nur einmal gehört, kann deshalb nicht all zuviel dazu sagen. Jedoch waren die Nits jetzt wieder zu viert, neben Henk Hofstedde und Rob Kloet komplettierten Arwen Linnemann, die den Bass bediente und Laetitia van Krieken an den Keyboards und als Sängerin die Band. Eine Tour folgte und ein weiteres Best Of Album, die dreifach CD Hits bietet auf zwei der CD’s Singles und Songs aus der gesamten Schaffenszeit der Band und auf der dritten CD einen Ausschnitt aus dem Urk Live Album.
1999 verbrachte die Band dann in ihrem eigenen „Werf - Studio“, und in dieser Zeit nahmen sie eines ihrer wohl besten Alben auf: Wool. Zu dem Vierer gesellte sich noch Leona Phillppo, die einige Songs mit ihrer bluesgetränkten schwarzen Stimme veredelte. Dazu kamen noch ein Streichquartett und einige andere Gäste. Wool ist ein sehr intimes, Jazzbeeinflusstes Werk. Songs wie “Ivory Boy“, “26 A (Clouds in the sky)“, ”The Wind, The Rain“ oder ”Strawberry Girl“ bezaubern in Melodie, Gesang und Instrumentierung. Auch die sich anschließenden Liveshows präsentierten wieder eine höchst spielfreudige Band. Nach der Tour wurde es zunächst wieder ruhiger um die Band. Henk Hofstedde nahm sein schönes Soloalbum De draagbare Huis auf und die Band bereitete sich auf Ihr 30. Jubiläum vor. Zu diesem Anlass veränderte sich erneut die Band. Robert Jan Stipps kehrte zunächst nur für die anstehende Jubiläumstour zurück, von den Damen blieb nur Arwen Linnemann in der Band. Bei den sich anschließenden Aufnahmen für das Album 1974 blieb dann wieder nur das Trio Hofstedde, Kloet und Stipps. Das Album wurde wieder ein wesentlich elektronischer orientiertes und bietet einen Mix aus der verschiedensten Elementen der 30 jährigen Bandgeschichte. Das Album erschien in einem opulenten Digipack, das zusätzlich eine DVD mit 6 Videos von Liveauftritten aus den verschiedensten Schaffensphase der Band zeigt. Und damit sind wir auch schon in der Gegenwart angekommen, in selber Besetzung wurde das wieder etwas dunklere und romantischere Les Nuits aufgenommen, das bereits letztes Jahr in Holland und Frankreich erschien. Nun kommt es auch in Deutschland auf den Markt, und bei dem Potential, das die elf neuen Songs innehaben, wäre der Band mal wieder ein größerer Hörerzuspruch zu gönnen.
Um mehr über das neue Werk zu erfahren, stellte ich Henk Hofstedde einige Fragen via eMail, die mir dieser freundlicherweise, wenn auch sehr kurz, beantwortete. Dieses kleine Interview möchte ich abschließend hier noch wieder geben, ansonsten hoffe ich auf weitere schöne Alben einer der besten Popbands, die ich kenne.
MAS:
Hallo Henk, ich kenne die Band schon seit Jahren und habe nur „Alankomaat“ verpasst. Umso schöner, das ich Euch jetzt mal ein paar Fragen stellen darf. Wie entstehen in der Regel Eure Songs?
HH:
Nun, ich habe eine Die, setze mich aufs Fahrrad, radle ins Werfstudio, klemme mich hinter Gitarre und Mikrofon und beginne aufzunehmen. Manchmal sind da nur eine Melodie und ein paar Wortfragmente die als Grundlage dienen und die wir dann ausbauen. Am Ende des Tages haben wir dann einige Sachen aufgenommen und hören Sie uns an, und dann wird entschieden, was wie weiterentwickelt wird. Und das machen wir dann am nächsten Tag, bis wir merken, nun ist es unser Song.
MAS:
Vor 1974 hat sich das Lineup der Band wieder mal stark geändert. Warum haben die Mädels die Band verlassen?
HH:
Nun, Arwen wurde schwanger und hat nun ein Baby, was Ihr das häufige touren unmöglich machte, Titia und Leona wollten beide eigene Karrieren starten, was sie auch gemacht haben.
MAS:
Und wie kam es zur Rückkehr von Robert Jan Stipps?
HH:
Nun, ursprünglich kam er nur zur Jubiläumstour zurück, doch wir kamen auf Anhieb wieder so gut klar miteinander, also, es machte wieder soviel Spaß miteinander zu musizieren, das wir entschieden, wieder in dieser Dreierformation zu arbeiten.
MAS:
Was brachte Robert wieder oder neu in die Band ein?
HH:
Nun, er brachte halt alles, was Ihn schon immer ausmachte, wieder in die Band ein.
MAS:
Nachdem Ihr mit „Alankomaat“ und „Wool“ zwei Alben recht kurz nacheinander veröffentlicht habt, kam eine längere Pause und nun folgten mit „1974“ und „Les Nuits“ wieder zwei Alben recht schnell aufeinander. Wie kam es dazu?
HH:
Nun, wir komponieren und veröffentlichen so, wie die Musik entsteht. Wir sind leider keine guten Marketingmenschen und verfolgen diese Ziele nicht so ernsthaft.
MAS:
Von wem stammen die wunderbaren Streicherarrangements auf „Les Nuits“?
HH:
Alle Streicherarrangements wurden von Jasper Le Clerq gemacht, mit dem wir auch schon auf „Wool“ zusammengearbeitet hatten.
MAS:
Beschreibe bitte mal die Unterschiede zwischen „1974“ und „Les Nuits“ aus Deiner Sicht.
HH:
Nun, „1974“ war ein Hineinspringen und Tuchen in der elektronischen See, „Les nuits“ ist mehr Nachtbaden in einem ruhigen Fluß.
MAS:
Erzähle doch mal etwas zum wunderschönen Titeltrack. Wovon handelt er?
HH:
Es ist ein Liebeslied, der auf einem biblischen Text basiert. Dieselben Passagen hat auch schon mal Pete Seeger benutzt und ich glaube die Byrds haben es auch schon mal verwendet.
MAS:
Besonders gefällt mir auch das dunkel melancholische „The Hole“, aber aus dem Text bin ich noch nicht so richtig schlau geworden. Worum geht es da?
HH:
Das wundert mich nicht, denn „The Hole“ ist komplette improvisiert, musikalisch wie textlich. Es ist einfach nur intensiv, dunkel und mysteriös.
MAS:
Wie ist „les Nuits“ entstanden? Brachtet jeder Ideen mit, die ausgearbeitet wurden oder wurden die Songs von der ganzen Band entwickelt?
HH:
Die größten Teile des Albums haben wir als Band entwickelt.
MAS:
Neben Dir und Rob Kloet gibt es mit Eurem Soundtechniker Paul Tellmann eine weitere konstante in der band, die von Anfang an dabei ist. Welchen Stellenwert hat Paul?
HH:
Einen sehr großen. Live wie im Studio ist er für unseren sound verantwortlich und somit ein wichtiger Bestandteil der Nits Familie.
MAS:
Eine Frage muss ich noch stellen. 1986 ward Ihr mit „In the dutch mountains“ auf einmal in allen relevanten Charts vertreten. Hat dieser überraschende Erfolg irgendetwas an der Band verändert?
HH:
Der Erfolg von „ITDM“ war sehr überraschend, aber er hatte eigentlich keine großen Auswirkungen. Wir spielten ja schon seit mehr als 10 jahren und konnten auf einige Alben zurückblicken, also genossen wir es einfach und machten weiter wie immer.
MAS:
„Les Nuits“ erschien bereits in Frankreich und Holland vor gut einem halbem Jahr. Warum kommt es erst jetzt in Deutschland auf den Markt?
HH:
Da waren verschiedene Probleme mit der Plattenfirma dran Schuld.
MAS:
Woran arbeitet Ihr im Moment?
HH:
Nun, wir sind auf Tour (aber leider im Moment nicht in Deutschland, schaut für Termine unter www.nits.nl nach.)und arbeiten an einem Livealbum und einem „Roadmovie“, das aus Material aus 25 Jahren verschiedenster Videoaufnahmen bestehen wird.
Es gibt Bands, die haben einen Hit und verschwinden wieder. Für viele sind die holländischen Nits eine solche. Sie sind auf wohl jedem 80er Jahre Hitalbum mit Ihrem Smashhit “In the dutch Mountains“ vertreten. Doch dass diese fantastische Band bereits seit 1974 existiert und vor und nach In the dutch Mountains viele gute Alben abgeliefert hat, wissen wohl (leider) nur die Wenigsten. In diesen Tagen erscheint Ihr 17. Studioalbum Les Nuits. Das sollte genug Anlass sein, mal einen kleinen Blick auf eine lange Karriere jenseits der holländischen Berge zurückzublicken.
1987 läuft ein schöner Waverocksong im deutschen Radio rauf und runter. Und nicht nur in Deutschland, nein, Europaweit und auch in asiatischen Ländern stürmt der Song mit dem seltsamen Titel “In the dutch Mountains“ die Hitparaden. Das gleichnamige zugehörige Album ist eigentlich weit davon entfernt, ein „Hitalbum“ zu sein. Die Songs wurden ohne Zuhilfenahme der damals angesagten Synthesizers Live im Studio eingespielt und trägt stolz den Vermerk „This Album was not produced“ auf dem Cover. Die Musik schwankt zwischen eher leichtgängigen Gitarrenpopperlen wie dem Titelsong oder das später als Single ausgekoppelte “J.O.S. Days“, aber auch vertracktere, sperrigere Songs, große dunkle und zerrissene Balladen wie “Two Skaters“ oder “The Swimmer“, die ein wenig an Velvet Underground erinnern, das verstört verträumte “Oom - pah - pah“. Somit ist es eine wirkliche Überraschung, dass dieses Album ein solcher Erfolg wird, auch für die Musiker selbst. Doch die Band nimmt es gelassen, sie sind ja auch schon lang genug dabei, denn gegründet wurde die Band bereits 1974 und das erste Album erschien bereits 1978. Dieses nach der Band betitelte Werk war noch ein etwas richtungsloser Mix aus Rock, Pop und leichten Waveeinflüssen. Doch offenbarten Sie bereits hier ihre hohe Musikalität. Bereits ein Jahr später erschien dann Tent, das schon deutlich mehr Profil zeigte und die Nähe der Band zum New Wave, aber auch zu den alten Meistern wie den Beatles. Zwei weitere Alben folgten mit New Flat 1980 und Work 1981, wobei letzteres ein wirklich schlüssiges Wavewerk war und Klassiker wie “Red Tape“ oder “Slip of a tongue“ enthielt. Omsk erschien dann 1983 und definierte den Nits Sound endgültig. Die Songs, meistens zwischen Ballade und leicht beschwingtem Pop, besitzen immer eine eingängige Melodie, ein hervorragendes Arrangement und brillierenden Gesang. Es gibt immer überraschende Instrumentierungen, mal werden viele Keyboards verwendet, dann wieder normales Piano, elektrische Gitarren oder akustische, Streicher oder Blasinstrumente.
Der Zusammenhalt ist das immer interessante Schlagzeugspiel des Gründungsmitgliedes Rob Kloet. Einziges weiteres ständiges Mitglied ist Multiinstrumentalist, Komponist und Sänger Henk Hofstedde. Als weiteres beständiges Mitglied muss Keyboarder Robert Jan Stipps genannt werden, der etwas später zur Band stieß und Mitte der Neunzieger Jahre auch bis 2004 ausstieg. Musikinteressierte könnten Ihn auch aus der Band in der er vor den Nits spielte kennen, denn das waren immerhin Golden Earing.
Mit verschiedenen Mitstreitern ließen die drei 1983 die EP Kilo folgen, 1984 das sehr wuchtig instrumentierte und produzierte Adieu, sweet Bahnhof und zwei Jahre später das etwas abgespecktere Henk. Da die Band sich seit jeher als Liveband versteht, wollten sie dann mit In the dutch Mountains eben diesen Livesound auf Schallplatte übertragen. Denn viele ihrer reich produzierten Songs spielten sie Live wesentlich abgespeckter und introvertierter. Und auch der überraschende Erfolg von In the dutch Mountains brachte Sie nicht von Ihrem Weg ab. Sie begaben sich auf eine große Welttournee, nahmen zwischendurch das sehr introvertierte und fast rein akustische Minialbum Hat auf und dokumentierten ihre Livearbeit mit dem dreifachen Live Album Urk 1989. Dieses Album offenbart die wahre Pracht der Musik der Nits, denn die feingliedrigen Arrangements von Songs wie “Adieu, Sweet Bahnhof“, “Sketches of Spain“ oder dem traumhaften, von Piano dominierten “Nescio“ offenbaren die Musikalität und Spielfreude, mit der die Band zu Werke geht. Das nächste Album wurde dann ein Gegensatz zu der Arbeit der letzten Jahre, denn diesmal setzte man stark auf Synthesizer und setzte überhaupt keine Gitarren ein. Giant, Normal, Dwarf erschien 1990 bot gewohnt gute Kompositionen, nun halt wiedermal in einem völlig anderem Gewand. “Radio Shoes“, “Fountain man“ oder auch der Titelsong waren wieder hochmelodiös wie auch der Rest des Albums, ein ähnlich großer Erfolg wie 1987 sollte aber nicht wieder gelingen. Nach langer Tour reduzierte sich die Band auf die drei ständigen Mitglieder und ging zwei neue Projekte an, die miteinander verbunden waren jedoch unterschiedlicher nicht sein konnten. Da war zunächst das Album Ting, das diesmal nur auf Perkussion und zwei Klavieren basierte. Dazu gab es nur ganz selten eingestreute Gitarren oder Streicher. Mit Ting gelang der Band eins der intensivsten Alben, die ich kenne. Das verträumte “Fire in her Head“, das schwebende “Christines World“, ein beschwingtes “I try“ oder “Soap Bubble Box“, alles wunderbare Kompositionen fantastisch umgesetzt.
Das zweite Projekt war mehr das Projekt des Robert Jan Stipps, der mit dem Netherland Symphony Orchestra zusammen ein “Hjuvi“ aufnahm. Ein “Hjuvi“ ist eine klassische Komposition, die aus verschiedenen Räumen (Sätzen) besteht, die aus wiederum verschiedenen Kompositionen zusammengesetzt sind. Hierin wurden mit “Moved by her“, “Cars & Cars“ und “Nightfall“ auch drei Ting Kompositionen eingebaut und das ganze wurde auch mehrmals in Holland aufgeführt. Zwei Jahre später erschien dann wieder ein typisches Nits Album, Da Da Da war ein Album voller typischer Nits Kompositionen, bei denen die Band alle Register zog. Es gab also von eher leicht Instrumentierten bis zu pompös ausproduzierten Songs alles, was sich der Nitsfan wünscht. Man brachte 1995 dann noch den Best Of Sampler Nest heraus, der auch zwei neue Stücke enthielt und begab sich ein weiteres Mal auf Tour. Nach dieser Tour stieg Robert Jan Stipps dann aus und es wurde erst einmal drei Jahre still um die Nits. 1998 tauchten sie mit neuer Besetzung mit dem Album Alankomaat wieder auf. Mir war das Album etwas sperrig, ich habe es auch nur einmal gehört, kann deshalb nicht all zuviel dazu sagen. Jedoch waren die Nits jetzt wieder zu viert, neben Henk Hofstedde und Rob Kloet komplettierten Arwen Linnemann, die den Bass bediente und Laetitia van Krieken an den Keyboards und als Sängerin die Band. Eine Tour folgte und ein weiteres Best Of Album, die dreifach CD Hits bietet auf zwei der CD’s Singles und Songs aus der gesamten Schaffenszeit der Band und auf der dritten CD einen Ausschnitt aus dem Urk Live Album.
1999 verbrachte die Band dann in ihrem eigenen „Werf - Studio“, und in dieser Zeit nahmen sie eines ihrer wohl besten Alben auf: Wool. Zu dem Vierer gesellte sich noch Leona Phillppo, die einige Songs mit ihrer bluesgetränkten schwarzen Stimme veredelte. Dazu kamen noch ein Streichquartett und einige andere Gäste. Wool ist ein sehr intimes, Jazzbeeinflusstes Werk. Songs wie “Ivory Boy“, “26 A (Clouds in the sky)“, ”The Wind, The Rain“ oder ”Strawberry Girl“ bezaubern in Melodie, Gesang und Instrumentierung. Auch die sich anschließenden Liveshows präsentierten wieder eine höchst spielfreudige Band. Nach der Tour wurde es zunächst wieder ruhiger um die Band. Henk Hofstedde nahm sein schönes Soloalbum De draagbare Huis auf und die Band bereitete sich auf Ihr 30. Jubiläum vor. Zu diesem Anlass veränderte sich erneut die Band. Robert Jan Stipps kehrte zunächst nur für die anstehende Jubiläumstour zurück, von den Damen blieb nur Arwen Linnemann in der Band. Bei den sich anschließenden Aufnahmen für das Album 1974 blieb dann wieder nur das Trio Hofstedde, Kloet und Stipps. Das Album wurde wieder ein wesentlich elektronischer orientiertes und bietet einen Mix aus der verschiedensten Elementen der 30 jährigen Bandgeschichte. Das Album erschien in einem opulenten Digipack, das zusätzlich eine DVD mit 6 Videos von Liveauftritten aus den verschiedensten Schaffensphase der Band zeigt. Und damit sind wir auch schon in der Gegenwart angekommen, in selber Besetzung wurde das wieder etwas dunklere und romantischere Les Nuits aufgenommen, das bereits letztes Jahr in Holland und Frankreich erschien. Nun kommt es auch in Deutschland auf den Markt, und bei dem Potential, das die elf neuen Songs innehaben, wäre der Band mal wieder ein größerer Hörerzuspruch zu gönnen.
Um mehr über das neue Werk zu erfahren, stellte ich Henk Hofstedde einige Fragen via eMail, die mir dieser freundlicherweise, wenn auch sehr kurz, beantwortete. Dieses kleine Interview möchte ich abschließend hier noch wieder geben, ansonsten hoffe ich auf weitere schöne Alben einer der besten Popbands, die ich kenne.
MAS:
Hallo Henk, ich kenne die Band schon seit Jahren und habe nur „Alankomaat“ verpasst. Umso schöner, das ich Euch jetzt mal ein paar Fragen stellen darf. Wie entstehen in der Regel Eure Songs?
HH:
Nun, ich habe eine Die, setze mich aufs Fahrrad, radle ins Werfstudio, klemme mich hinter Gitarre und Mikrofon und beginne aufzunehmen. Manchmal sind da nur eine Melodie und ein paar Wortfragmente die als Grundlage dienen und die wir dann ausbauen. Am Ende des Tages haben wir dann einige Sachen aufgenommen und hören Sie uns an, und dann wird entschieden, was wie weiterentwickelt wird. Und das machen wir dann am nächsten Tag, bis wir merken, nun ist es unser Song.
MAS:
Vor 1974 hat sich das Lineup der Band wieder mal stark geändert. Warum haben die Mädels die Band verlassen?
HH:
Nun, Arwen wurde schwanger und hat nun ein Baby, was Ihr das häufige touren unmöglich machte, Titia und Leona wollten beide eigene Karrieren starten, was sie auch gemacht haben.
MAS:
Und wie kam es zur Rückkehr von Robert Jan Stipps?
HH:
Nun, ursprünglich kam er nur zur Jubiläumstour zurück, doch wir kamen auf Anhieb wieder so gut klar miteinander, also, es machte wieder soviel Spaß miteinander zu musizieren, das wir entschieden, wieder in dieser Dreierformation zu arbeiten.
MAS:
Was brachte Robert wieder oder neu in die Band ein?
HH:
Nun, er brachte halt alles, was Ihn schon immer ausmachte, wieder in die Band ein.
MAS:
Nachdem Ihr mit „Alankomaat“ und „Wool“ zwei Alben recht kurz nacheinander veröffentlicht habt, kam eine längere Pause und nun folgten mit „1974“ und „Les Nuits“ wieder zwei Alben recht schnell aufeinander. Wie kam es dazu?
HH:
Nun, wir komponieren und veröffentlichen so, wie die Musik entsteht. Wir sind leider keine guten Marketingmenschen und verfolgen diese Ziele nicht so ernsthaft.
MAS:
Von wem stammen die wunderbaren Streicherarrangements auf „Les Nuits“?
HH:
Alle Streicherarrangements wurden von Jasper Le Clerq gemacht, mit dem wir auch schon auf „Wool“ zusammengearbeitet hatten.
MAS:
Beschreibe bitte mal die Unterschiede zwischen „1974“ und „Les Nuits“ aus Deiner Sicht.
HH:
Nun, „1974“ war ein Hineinspringen und Tuchen in der elektronischen See, „Les nuits“ ist mehr Nachtbaden in einem ruhigen Fluß.
MAS:
Erzähle doch mal etwas zum wunderschönen Titeltrack. Wovon handelt er?
HH:
Es ist ein Liebeslied, der auf einem biblischen Text basiert. Dieselben Passagen hat auch schon mal Pete Seeger benutzt und ich glaube die Byrds haben es auch schon mal verwendet.
MAS:
Besonders gefällt mir auch das dunkel melancholische „The Hole“, aber aus dem Text bin ich noch nicht so richtig schlau geworden. Worum geht es da?
HH:
Das wundert mich nicht, denn „The Hole“ ist komplette improvisiert, musikalisch wie textlich. Es ist einfach nur intensiv, dunkel und mysteriös.
MAS:
Wie ist „les Nuits“ entstanden? Brachtet jeder Ideen mit, die ausgearbeitet wurden oder wurden die Songs von der ganzen Band entwickelt?
HH:
Die größten Teile des Albums haben wir als Band entwickelt.
MAS:
Neben Dir und Rob Kloet gibt es mit Eurem Soundtechniker Paul Tellmann eine weitere konstante in der band, die von Anfang an dabei ist. Welchen Stellenwert hat Paul?
HH:
Einen sehr großen. Live wie im Studio ist er für unseren sound verantwortlich und somit ein wichtiger Bestandteil der Nits Familie.
MAS:
Eine Frage muss ich noch stellen. 1986 ward Ihr mit „In the dutch mountains“ auf einmal in allen relevanten Charts vertreten. Hat dieser überraschende Erfolg irgendetwas an der Band verändert?
HH:
Der Erfolg von „ITDM“ war sehr überraschend, aber er hatte eigentlich keine großen Auswirkungen. Wir spielten ja schon seit mehr als 10 jahren und konnten auf einige Alben zurückblicken, also genossen wir es einfach und machten weiter wie immer.
MAS:
„Les Nuits“ erschien bereits in Frankreich und Holland vor gut einem halbem Jahr. Warum kommt es erst jetzt in Deutschland auf den Markt?
HH:
Da waren verschiedene Probleme mit der Plattenfirma dran Schuld.
MAS:
Woran arbeitet Ihr im Moment?
HH:
Nun, wir sind auf Tour (aber leider im Moment nicht in Deutschland, schaut für Termine unter www.nits.nl nach.)und arbeiten an einem Livealbum und einem „Roadmovie“, das aus Material aus 25 Jahren verschiedenster Videoaufnahmen bestehen wird.
Wolfgang Kabsch
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