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You can’t keep a good Band down - 35 Jahre URIAH HEEP im Spiegel des neuen Box-Sets Chapter & Verse (Kapitel 3)

Kapitel 3: Der zweite Höhepunkt und seine fatalen Folgen

Im vergangen Monat hatten wir den Aufstieg Uriah Heeps zur Weltspitze verfolgt und auch schon die ersten Trudelbewegungen der 70er Jahre-Maschine beobachten müssen. Was folgt ist der Versuch sich mit neuen Flügeln in größeren Höhen zu halten. Aber die Flügel schmelzen, der Vogel fällt. Der finale Aufschlag konnte zum Glück bis heute abgewendet werden.


CD 4: Der Ikarus-Effekt

Der neue Mann an den vier Saiten - Trevor Bolder

Bevor Firefly als zehntes Uriah Heep-Album erscheinen konnte, mussten die Heep-Fans einen Schock verdauen. Der angezählte Sänger, eines der Aushängeschilder der Band verließ Drogen bedingt die Band. Für viele Fans schien damit das Schicksal der Band besiegelt. Konnte die Rock-Band Uriah Heep ohne ihn weiter existieren? Schließlich war Byron nicht nur Stimme und Gesicht des Quintetts, sondern auch der kreative Gegenpol zu dem Romantiker Ken Hensley. Als bekannt wurde, wer der Nachfolger werden sollte, wurde die Sorge nicht geringer. Die Vergangenheit des neuen Sängers war alles andere als beruhigend. Der Pop-Chor The Les Humphries Singers mit seinen Hits wie “Kansas City“ oder “Mexico“ dürfte für Rock-Fans ein rotes Tuch gewesen sein. Auch am Bass gab es einen erneuten Wechsel. John Wetton wurde durch Tevor Bolder ersetzt.


Als Firefly erschienen war, zeigte sich, dass es Uriah Heep alles andere als geschadet hatte, John Lawton als Sänger zu rekrutieren. Für Insider war das allerdings keine so große Überraschung. Denn Lawton hatte seine Stimme vor allem deshalb an Les Humphries verliehen, um seine Brötchen vernünftig belegen zu können. Dass er Heep würdige Fähigkeiten besaß, hatte er bei den epischen deutschen Hard Rockern Lucifer’s Friend bereits ausreichend bewiesen.

Melodie und Fantasy prägten das grandiose Firefly. Ken Hensley schrieb sechs von acht Stücken. Bei einem siebten war er Co-Autor. Stück Nummer acht war das extrem rockige “Who needs me“ aus der Feder von Lee Kerslake. Heep schienen es geschafft zu haben. Das laue High and mighty war vergessen, der Ausstieg des charismatischen Frontmannes bewältigt. Uriah Heep legten mit Firefly ein weiteres Highlight ihrer Karriere vor. Die Scheibe verfügt über so viel grandioses Material, dass selbst das Übergehen des mystischen Titeltracks und des kraftvollen Rockers “The hanging Tree“ auf der CD-Box verzeihlich ist. Firefly ist eine Scheibe, die stark an Demons and Wizards anknüpft und mit einer Ausnahme (“Rollin’ on“) uneingeschränkt Best of-fähig ist.

Das zweite klassische Uriah Heep Line-up knackte die Single-Charts

Was nach der Rettung aussah, war aber nur ein Zwischenhoch. Zwar konnte das Line up Box-Hensley-Kerslake-Lawton-Bolder nach der LP-Hochzeit in der Box-Byron-Hensely-Kerslake-Thain-Ära
mit den folgenden beiden Scheiben Single-Erfolge wie nie zuvor einfahren, aber der Erfolg sollte sich bald als Danaergeschenk entpuppen. Die Single “Free me“, mit der die Charts aufgerollt wurden, war Segen und Fluch zugleich. Uriah Heep bekamen nun auch in den Mainstreamblättern größte Medienaufmerksamkeit. Kein Wunder, so poppig wie die Single “Free me“ waren Heep noch nie gewesen. War das dann doch der Einfluss von John Lawtons Vergangenheit, oder der gezielte Versuch der Band auf den gut geölten Disco-Zug aufzuspringen?

Wie auch immer: Bei der langjährigen Anhängerschaft war der Ruf der Band versaut. Alte Fans wanden sich schaudernd von der „Pop-Band“ ab und das neu gewonnene Single-Publikum sollte sich als nicht zuverlässig herausstellen. Im schnelllebigen Chartsgeschäft ist Fantreue selten. Hier zählt immer nur der neuste Trend.


Dass Heep allerdings nicht wirklich im Pop-Milieu aufgegangen war, ist auch auf dem Box-Set Chapter & Verse erkennbar. Die beiden anderen Innocent Victim-Tracks beweisen das eindrücklich. “Free’n’Easy“ ist der bis dato härteste und schnellste Track der Band überhaupt und “Illusion“ ist eine grandiose Ballade. Bei aller Fragwürdigkeit der Außendarstellung der Band in dieser Zeit war Innocent Victim ein Album mit großen Stärken. In dieser Hinsicht wurde es auf dem sehr durchwachsenen Nachfolger Fallen Angel wesentlich dünner. Die Single-Auskoppelungen “Come back to me“, eine romantische Ballade, mit der sich Lee Kerslake an seine Frau, die ihn verlassen hatte, wandte, und das poppige “Love or nothing“ (Merkwürdiger Weise nicht auf Chapter & Verse vertreten), starteten noch einmal in die Hitparaden durch. Das gehörte sich für eine mit “Free me“ dermaßen eingeführte Band auch. Ob die Singles auch ohne den Vorläufer gechartet wären? Das weitere Beiblatt des Albums war überwiegend dürftig.

Danach war endgültig Schicht im Schacht - berechtigter maßen übrigens. Conquest, das letzte Album mit Ken Hensley, das mit drei Tracks auf Chapter & Verse sehr großzügig bedacht wurde, ist einer der absoluten Tiefpunkte in der Bandgeschichte. Vielleicht ist das dem erneuten Personalwechsel auf gleich zwei Positionen geschuldet. Es wurde nicht nur John Lawton durch den ungeeigneten John Sloman ersetzt. Außerdem war der langjährige Drummer Lee Kerslake zu Ozzy Osbournes Solo-Band abgewandert und durch Chris Slade (Ex-Mannfred Mann, später AC/DC, Firm und Asia) ersetzt worden. Eine Besetzung, die nicht lange hielt und beinahe das Ende von Uriah Heep eingeleitet hätte.

Der letzte Mohikaner: Mick Box - Gitarrist seit Anfang an

Dass Slade nicht bleiben würde, war von vorneherein klar. Die Katastrophe begann als Hensely, der mit Sloman absolut nicht einverstanden war, ebenfalls ging. Ironischer Weise wurde der Band hinterher bewusst, dass Sloman tatsächlich keine gute Wahl war. Und plötzlich standen Mick Box und Trevor Bolder alleine da. Als dann auch noch der Versuch den Ausstieg von Ken Hensley als Chance zu nutzen und seinen alten Rivalen David Byron zurück zu holen scheiterte, entschloss Bolder sich, ein zweites Mal der Nachfolger von John Wetton zu werden und den Bassisten bei Wishbone Ash zu ersetzen. Uriah Heep war zur One Man Band namens Mick Box geworden. Box, der seit 10 Jahren mit und für die Band gelebt hatte und alle ihre Höhen und Tiefen miterlebt hat, war am Ende und hätte diese Krise beinahe auch persönlich nicht überstanden. Zwei Tage lang verkroch er sich sturzbetrunken in seiner Wohnung.

Auf Chapter & Verse spielen diese turbulenten Monate eine besondere Rolle. Auf keiner der sechs CDs sind so viele non Album Tracks vertreten wie hier (“Let it ride“, I won’t change“, „LA Woman“ und “I’m alive again“).

Fortsetzung folgt...

Norbert von Fransecky


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