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Artikel

J-Rock erobert Deutschland? Im Gespräch mit GAN-SHIN RECORDS

Info

Gesprächspartner: Deville Schober

Interview: E-Mail

Stil: J-Rock

Internet:
http://www.brainzone.de/gan-shin/

J-Rock? Für viele hier zu Lande noch ein Fremdwort. Rock aus Japan? Gibt es das überhaupt? Und wie zum Teufel soll das klingen?

Doch vor allem in der wachsenden Manga- und Animeszene erfreuen sich die harten Klänge aus Japan seit geraumer Zeit großer Beliebtheit. Das neu gegründete Label Gan-Shin hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, Rock aus dem Land der aufgehenden Sonne nach Deutschland und schließlich Europa zu holen und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Ausverkaufte Konzerthallen von Bands wie Dir En Grey geben ihnen hierbei recht.

In einem Interview erklärte uns Deville Schober von Gan-Shin, warum J-Rock in Deutschland nicht weiterhin ein Fremdwort bleiben soll und gibt uns Auskunft über die Ziele und Ambitionen von Gan-Shin Records.


MAS:
Lassen Sie mich zunächst fragen: Wie und wann wurde Ihr Label Gan-Shin gegründet? Was können sie uns näheres dazu sagen? Wie kommt man auf die Idee, ein Label für japanischen Rock zu gründen?

Deville Schober:
Gan-Shin Records im Juli 2005 gegründet. Wie es zum Label kam: Deville Schober, Geschäftsführer von Brainstorm Musik Marketing war im Rahmen eines Meetings in München und hat dort durch Zufall ein D`espairsRay Poster gesehen. Da ihm die Band völlig unbekannt war, hat er einen Brainstorm Talent Scout zum Konzert nach Berlin geschickt. Das Feedback des Scout war äußerst positiv. Daraufhin wurde ein Meeting mit dem Veranstalter des Konzertes Neo Tokyo angesetzt. Bei diesem Meeting wurde Brainstorm von Neo Tokyo in die Visual Kei, J-Rock Szene eingewiesen. Die Informationen waren für uns sehr, sehr spannend. Da Brainstorm zu den größten deutschen Rockpromotion-Companies gehört und über eine 15 jährige Erfahrung in der Vermarktung von Bands verfügt, kamen wir zu der Entscheidung uns künftig um die Vermarktung japanischer Acts zu kümmern.
Fakt: Wir gründen zusammen mit Neo Tokyo ein Label und fangen an interessante Bands aus Japan in Deutschland/Europa zu vermarkten.

MAS:
Wodurch erklären Sie sich die wachsende Nachfrage von J-Rock in Deutschland? Sehen sie einen direkten Zusammenhang mit dem stetig zunhemenden Interesse an Manga/Anime und somit auch J-Culture im Allgemeinen in Deutschland? Wie wichtig ist hierbei die Zusammenarbeit mit Fachmagazinen wie der AnimaniA?

Deville Schober:
Dafür gibt es mehrere Gründe. Natürlich hat es was mit der Anime und Mangakultur und deren Wachstum zu tun.
Wichtig ist aber auch der Fakt, dass japanische Bands jetzt in Deutschland touren und damit auch für die Presse zur Verfügung stehen. Das Medienecho der letzten Monate war ja fantastisch und macht die Acts bekannter. Wir wissen, dass die Visus das nicht so gerne sehen, weil sie Angst haben, dass man ihnen die Szene wegnimmt. Dazu folgendes: Kein Visu in Deutschland muss Angst haben, die wirklichen Visual Kei Fans werden immer den Vorsprung haben und sind identisch.
AnimaniA ist für uns ein wichtiger Kooperationspartner, auf jeden Fall, wir bedanken uns hiermit für die tolle Zusammenarbeit bei der AnimaniA-Crew.

MAS:
Bisher ist die Zahl der Bands, die über ihr Label vermarktet werden, noch überschaubar. Gibt es schon weitere Kandidaten deren Alben für eine Veröffentlichung in Deutschland bereit stehen? Ich denke da z.B. an Bands wie Plastic Tree oder Pierrot.

Deville Schober:
Yes! Wir werden am 13.01. D`espairsRay (Album [Coll:set]) und am 27.01. das neue MUCC Album (Houyoku) veröffentlichen. Noch im Frühjahr folgt dann MERRY und NIGHTMARE. Mit weiteren Künstlern sind wir in Verhandlung.

MAS:
Ihre jetztigen Bands kommen eher, lassen sie mich sagen, aus der "Düsterecke". Würden sie sagen, dass diese Bands hierzulande am erfolgsversprechensten sind und wollen sie diesem Konzept treu bleiben? Oder können sie sich vorstellen auch Punk-, Alternative-, Hip Hop-, oder Popbands unter ihrem Label zu vereinen? Mir fallen da beispielsweise in Japan erfolgreiche Künstler wie Do As Infinity, Dragon Ash, Asian Kung-Fu Generation, The Pillows, The Brilliant Green usw. ein.

Deville Schober:
Wir werden uns auf die Bereiche ROCK (Metal, Gothic wie man bei uns in Deutschland sagt), ALTERNATIVE, PUNK beschränken, Hip Hop ist nicht unsere Baustelle. Wir werden die Bands vermarkten wo wir mit unserer eigenen Promotionfirma Brainstorm auch im Geschäft sind, da wir ja auch für Acts wie Metallica, Limp Bizkit, Marilyn Manson, Blink 182 oder die Bloodhound Gang arbeiten, sieht man wo die Richtung hingeht. Das können wir und das machen wir.

MAS:
Einige ihrer Bands, wie beispielsweise Dir En Grey, werden der populären Sparte "Visual Kei" zugeordnet. Nicht wenige vertreten die Meinung, dass diese Bands zwar optisch einiges hermachen, musikalisch aber weniger zu bieten haben. Wie stehen Sie zu diesem Vorurteil?

Deville Schober:
Dieses Argument ist absoluter Bullshit! Wer behauptet, dass Visual Kei Bands musikalisch nichts drauf haben, der hat keine Ahnung von Musik. Glauben Sie uns, wir arbeiten seit 15 Jahren im professionellen Musikbiz, wir wissen, was wir tun. Künstler, die ihr Handwerk nicht beherrschen würden von uns niemals promotet werden.
Die Visual Kei Bands sind sehr gute "Handwerker", das heißt sie beherrschen ihre Instrumente, sie sind sehr kreativ und sie haben einen roten Faden, der das Ganze zu einem Gesamtkunstwerk macht.

MAS:
Dir En Grey, Mucc und Kagerou durften schon Festival- und Konzertluft in Deustchland schnuppern. Wie war die Resonaz des Publikums und der Künstler selbst? Gibt es Pläne weitere Bands nach Deutschland zu bringen?

Deville Schober:
Die Resonanzen auf diese Bands waren hervorragend, die Mediengeschichten habt ihr ja mitbekommen. Jetzt ist es so, dass sich immer mehr große Tourneeagenturen bei uns melden und japanische Bands nach Deutschland holen wollen. Im nächsten Jahr werden wir mit Sicherheit DIR EN GREY, Mucc, Nightmare, kagerou, Moi Dix Mois, Merry und Hyde nach Deutschland holen, weitere Acts sind in Planung.

MAS:
Stichwort Marketing.
Konzerte sind sicher wichtig, aber auch das Medieninteresse sollte man nicht unterschätzen. Besteht die Möglichkeit, bald Videos oder Auftritte japanischer Bands auf den deutschen Musiksendern zu sehen?

Deville Schober:
Das mit unseren deutschen Musiksendern ist so eine Sache. Wie würde Franz Beckenbauer sagen "Schau ma mal". Wir sind dran!

MAS:
Auf amazon.de beispielsweise sind bisher durchweg positive Kritiken zu lesen, wie zufrieden sind sie derzeit mit der Resonanz und auch den Verkaufszahlen in Deutschland?

Deville Schober:
Wir sind sehr zufrieden, richtig spannend wird das Thema aber wirklich erst, wenn wir simultan mit Japan veröffentlichen. Momentan haben wir ja Alben auf den Markt gebracht, die viele Fans schon vor Monaten in Japan bestellt haben.

MAS:
Bisher wurden über ihr Label nur Alben veröffentlicht, denken sie auch über die Veröffentlichung von Singles nach?

Deville Schober:
Nein, Singles machen für uns nicht wirklich Sinn, vielleicht machen wir die später über eine Online-Plattform verfügbar.

MAS:
Die Übersetzung der Booklets ins Deutsche ist sehr lobenswert. Werden sie diesen Standart auch weiterhin beibehalten? Wie wichtig denken Sie sind solche Übersetzungen für den Käufer?

Deville Schober:
Vielen Dank für die Blumen, ja wir werden diesen Standart beibehalten. Ich denke es ist für viele Menschen sehr wichtig auch zu wissen, was die Bands singen. Natürlich beherrschen viele Visus ein bischen japanisch. Aber auch die anderen sollten die Möglichkeit haben sich in die Songtexte reinzudenken!

MAS:
Thema Sprache: Ein weiser Mann sagte einst: "The language barrier doesn't exist in great music". Denken sie trotzdem, dass viele, aufgrund der japanischen Sprache, vor dem Kauf eines J-Rock Albums zurückschrecken?

Deville Schober:
Es wird mit Sicherheit solche Menschen geben, das werden wir nie ändern können. Aber wir leben in einer globalen Welt! Rammstein darf in Japan und USA auch deutsch singen, warum sollte der Weg umgekehrt nicht erlaubt sein?

MAS:
Mit Hyde haben sie schließlich einen Künstler unter Vertrag, der mittlerweile komplett auf englisch textet. Halten Sie das für verkaufsfördernd? Also wäre es aus ihrer Sicht im Hinblick auf internationale Vermarktung günstiger, wenn mehr japanische Künstler den Schritt gehen würden, englisch zu texten?

Deville Schober:
Wir überlassen das dem Künstler, es ist kein Muss um im Markt stattzufinden. Wir müssen nicht alles veramerikanisieren. Ich bin froh, dass die Visual Kei Szene größtenteils in ihrer eigenen Sprache singt!

MAS:
Wie gestaltet sich für Sie die Zusammenarbeit mit dem japanischen Vertrieb und japanischen Künstlern?

Deville Schober:
Sehr gut, sehr kreativ und kooperativ. Wobei ich dazu sagen muss, dass diese Dinge bei uns komplett über Neo Tokyo laufen, da von uns keiner japanisch beherrscht und die meisten Verhandlungen in japanisch laufen.

MAS:
Wo sehen Sie den Unterschied zwischen japanischen Künstlern und japanischer Rock- und Popmusik im vergleich zu dem, was wir aus Europa und Amerika gewohnt sind?

Deville Schober:
1. die Musiker sind sehr, sehr höflich! 2. sie benötigen weitaus weniger Alkohol als viele der US Bands. Der Großteil der Bands hat ein sehr gutes Outfit, was wir bei westlichen Bands oft vermissen, was wiederum aber genau für Printmedien sehr wichtig ist. Wer will schon ein langweiliges Bandfoto in seinem Magazin abbilden.

MAS:
Wie sehen Sie die Zukunft des J-Rock in Deutschland? Halten Sie es eher für einen kurzfristigen Trend oder denken Sie, dass sich J-Rock hier auch langfristig durchsetzen kann?

Deville Schober:
Nein es wird kein kurzfrister Trend, das Thema wird sich etablieren! Es gibt in Japan und Korea eine ganze Reihe hervorragender Acts und diese beiden Märkte sind ja keine Entwicklungsländer. Natürlich werden sich da Acts international durchsetzen. Natürlich werden auch eine ganze Reihe Acts wieder von der Bildfläche verschwinden und das sind die Mitschwimmer.

MAS:
Und zu guter letzt, wie sehen sie die Zukunft für ihr eigenes Label? Welche Pläne haben sie auf lange Sicht?

Deville Schober:
Wir sind Realisten, wir befinden uns noch ganz am Anfang. Es gibt noch viel zu tun. Wir arbeiten hart an Gan-Shin! Gan-Shin wird größer werden, so planen wir ab dem nächsten Jahr Veröffentlichen in Gesamt-Europa. Das heißt, wir dehnen unsere Aktivitäten von Deutschland auf den ganzen Kontinent aus. Wir werden auch eine ganze Reihe neuer Künstler signen und freuen uns auf neue tolle Künstler aus Asien.

MAS:
Besten dank für das ausführliche Interview.

Alexander Koschny


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