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Info
Zeit: 02.11.2024
Ort: Leipzig, Bandhaus
Internet:
http://www.bandcommunity-leipzig.org
http://www.facebook.com/InsulterGermany
www.facebook.com/TheSleazer
http://www.facebook.com/animamortuaMT
Eigentlich hätten Sleazer diesen Abend eröffnen sollen, aber die Reihenfolge der beiden internationalen Acts ist kurzfristig getauscht worden, und so sieht der etwas verspätet eintreffende Rezensent nicht Sleazer am Werk, sondern Animamortua, von denen er noch die letzten dreieinhalb Songs mitbekommt. Da die Malteser zur progressiven Metalsparte gehören, summiert sich daraus doch noch eine beträchtliche Spielzeit. Die intensive Arbeit der beiden Gitarristen, die sich auch die Leads teilen, und den sehr aktiven Drummer bekommt man schnell mit, die klangliche Einbindung des Basses in ein homogenes Gesamtbild gelingt aber nicht so richtig, und irgendwie bleibt der Tieftonbereich an diesem Abend irgendwie ein Fremdkörper im generell an der Grenze zwischen Power Metal und Thrash anzusiedelnden Sound der Band. Der Sänger, der wie ein Mix aus Angry Anderson und einem anderen Vokalisten, auf dessen Namen der Rezensent noch nicht gekommen ist, aussieht, artikuliert sich überwiegend im shoutenden Bereich, bleibt dort aber jederzeit zugänglich (obwohl er hier und da gefühlt neben der Spur liegt) und wird zudem von einem seiner Gitarristen mit Backings unterstützt, die wiederum hoch und klar aus den Boxen kommen und ihren Erzeuger für den Frontmannposten jeder Italometalband qualifizieren würden. Songs wie das neue „Black Hole“ gebärden sich recht tempovariabel, aber die Malteser vergessen auch eingängige Elemente wie den appellierenden Refrain dieser Nummer nicht. Obwohl sich der Füllstand des Bandhauskellers in überschaubaren Grenzen hält, zetteln sie sogar Mitsingspiele an, und siehe da, einige Anwesende beteiligen sich tatsächlich. In einem balladesken Intro zum Mitklatschen aufzufordern mutet trotzdem merkwürdig an – dass Animamortua wissen, wie man auf der Emotionenklaviatur spielt, beweist etwa die längere Akustikpassage im Setcloser, eingebunden in ein urlanges Solo verschiedenster Schattierungen, wobei man hier die Gitarristen auch wieder besser hört, die zuvor in den speedigeren Passagen ein wenig zu weit hinter einem diffusen Vorhang verschwunden waren. Eine Band, die man sich aber trotzdem am besten über die Tonkonserven erschließt, auch wenn die Stimmung trotz weniger Anwesender im Saal durchaus positiv ausfällt.
Sleazer treten also als zweite Band an und lassen im Intro dem Nichtkenner ihres Materials noch alle stilistischen Optionen offen. Dann brettert „Deadlights“, der Titeltrack ihres aktuellen Albumzweitlings, los und macht mit seinem klassischen Midtempo-Power Metal klar, dass die Italiener im Gegensatz zu ihrem Bandnamen keinen Sleaze spielen und im Gegensatz zur Optik ihres Sängers auch keinen Hardcore – besagter Vokalist führt eine klassische hohe Metalstimme ins Gefecht, und die beiden Gitarristen lassen sich schon im Opener nicht lumpen und finden sich zum ersten von noch vielen freundschaftlichen Duellen, agieren phasenweise auch doppelläufig, bauen ein überraschend komplexes Finale dran und sind trotz Verzicht auf Live-Keyboards und eher dezentem Sampleeinsatz Italometal, wie nur irgendwas Italometal sein kann. „Horror At Red Hook“ bringt dann auch noch den Speed zum Vorschein, den man mit dieser Stilistik assoziiert, und damit ist der Rahmen klar abgesteckt, der den Set dominieren wird. „Night Desire“ stellt den Quasi-Hit Sleazers dar, „Speed Of Fright“ behandelt textlich „Mad Max“ und klingt so, wie es heißt, und „Black Witch“ läßt den Vokalisten auch mal lautmalerische Elemente einwerfen und endet nach abermaligem frenetischem, teils speedigem, teils proggigem Solo in einem psychotischen Finale. Dass der Sänger auch die etwas tieferen Lagen beherrscht, zeigt er im älteren, speedigen „Heroes Of Disgrace“ und dort speziell im Refrain. Humor hat er auch: „With this song we pay tribute to Albano Carisi“, kündigt er „Sabbath Lord“ an, aber diese Nummer hat natürlich nichts mit Al Bano und auch nichts mit Romina Power zu tun, überrascht indes trotzdem mit einem doomigen Intro, bevor der Drummer das Tempo anzieht, der Sänger aber mit einer tiefen und rauhen ersten Strophe noch eine weitere Farbe einbringt. Das bleibt freilich eine Episode, wie der Halford-Schrei am Beginn des Setclosers „Sky Turns Red“, auch Closer des aktuellen Albums, klarmacht, einem Song, der im treibenden Midtempo zum Ziel kommt und den Hörer über die absonderliche Beckenarbeit im ersten Soloteil staunen läßt. Der klare und nicht überlaute Sound macht das Nachvollziehen der vielen Feinheiten und die Freude an der Spiellaune der fünf Italiener zum Genuß, und so ist die Stimmung unter den wenigen Anwesenden richtig gut.
Insulter reduzieren die Besetzung auf ein Trio und machen schon im Opener „Riders Of War“ klar, wo hier der stilistische Hase entlangläuft: Thrash der alten deutschen Schule ist angesagt, und vor allem Destruction scheinen bei den Hessen Eindruck hinterlassen zu haben. Beide Saitenspieler singen auch, wobei der Gitarrist den Löwenanteil übernimmt, etwas heller shoutet und zudem immer mal in plötzliches Gequieke verfällt – wer etwa den Refrain von Destructions „Curse The Godz“ kennt, weiß, wie sich das grundsätzlich anhört. Der Basser agiert stimmlich etwas tiefer und beteiligt sich gelegentlich auch an den Ansagen. Die erwähnten „Riders Of War“ kommen sehr flott ins Ziel geritten, allerdings macht die leicht proggige Songmitte schon klar, dass Insulter durchaus nicht permanent geradeaus klöppeln, sondern sich auch in den komplexeren Momenten von Destruction etwas Inspiration geholt haben. Auch der Speed variiert durchaus, in „Rebel At Heart“ mit feistem Blastspeed, in „...Of Rising Tides“ hingegen klassisches Ufta-Ufta. Mit „Into Battle I“ ist gar eine Art Ballade dabei, jedenfalls für Insulter-Verhältnisse – ein langes episches Intro mündet in relativ breites Midtempo. „...To The Last“, Titeltrack des aktuellen Albums, treibt das mit seiner epischen Rahmung einer Ufta-Blast-Kombination auf die Spitze, während „Altar Of Lust And Sin“ oder „The Hessians“ auch geschickte verschleppte bzw. groovige Passagen enthalten. „Horny Necromancer“ führt als weiteren Einfluß Motörhead ein, und das abschließende „Satanic Bier“ holt noch ein paar Punkelemente aus dem Keller, wobei das synchrone Schwingen der Saiteninstrumente als optisches Gestaltungselement wieder klar aus dem Metal kommt. Ab der Setmitte nehmen allerdings die technischen Probleme immer mehr zu, der Gitarrist schaltet sein Instrument gleich mehrfach versehentlich aus, und generell hört man ihn in der zweiten Sethälfte schlechter als in der ersten. Seinen Humor verliert er trotzdem nicht: „Wenn ich meine Gitarre ausschalte, erwarten wir, dass ihr mitsingt!“, verlautet nach „The Hessians“, wonach das humorbegabte Publikum freilich kontert und, nein, nicht „Die Hesse komme“ der Rodgau Monotones, sondern Achim Reichels „Alohahejahe“ anstimmt, also einen Kontrapunkt aus einer ganz anderen Region setzt. Auch hier herrscht gute Stimmung, die pseudoböse Attitüde der Lyrics findet also keine Entsprechung, und so haben alle, die nicht anwesend waren, durchaus etwas Interessantes verpaßt.
Setlist Insulter:
Riders Of War
Rebel At Heart
...Of Rising Tides
Ripper
Into Battle I
Altar Of Lust And Sin
The Hessians
Horny Necromance
Zombie Forces
...To The Last
Satanic Bier
Roland Ludwig
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