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Zeit: 03.09.2005
Ort: Stuttgart
Der 05.09.2005 sollte es also sein. Olli Schulz in Stuttgart. Noch wenige Tage zuvor hätte mir der Name Olli Schulz ein Schulterzucken, maximal ein scharfes Nachdenken, in welchem Zweitligaverein dieser Jemand zu finden wäre, entlockt. Doch seit der Zusage seines Managers von Grand Hotel van Cleef ihn persönlich interviewen zu können, hatte ich die Weiten des Internets durchsucht, fleißig seine Homepage inklusive Videos und Hörproben studiert und mir schlaue Fragen überlegt. Nicht zu clever, sonst schreckt das ab, aber bloß kein Standardkram, sonst kann man es gleich lassen. Bloß nicht anbiedern, das hassen Musiker wohl am meisten. Jedenfalls die, die keine goldenen Wasserhähne im Bad haben. Nach einem guten Tag Vorbereitung fühlte ich mich bereit. Eigentlich war das gelogen - kein klarer Gedanke wollte hervorkommen.
Um 20 Uhr sollte das Konzert in der Röhre beginnen, 17 Uhr war als Termin für das Interview angesetzt. Punkt 16 Uhr machte ich mich auf den Weg, zu spät wollte ich bei meinem ersten Interview nicht sein. Aber nicht zu pünktlich, aber Warten konnte man immer noch. Kurz vor 17 Uhr wählte ich wie ausgemacht die Handy-Nummer:
"Hallo?" - Ja hallo, ich rufe an wegen dem Interview von Olli mit Musik an sich…" - Pause - "Oh. Ja, wir haben uns verfahren, wird alles etwas später, lass es uns nach dem Konzert machen." - Klick -
Kein Problem, dachte ich, meine einzige innerliche Regung war Erleichterung. Doch als die abflachte kam schon die nächste Anspannung. Nach dem Konzert also.
Ah das Konzert.
200 Leute bevölkerten den kleinen Club, böse Zungen hätten von einer guten Mischung aus Studenten und Langzeitstudenten gesprochen. Statt einer Vorband gab es einen Kurzfilm, der einen 3-Leute Auftritt auf einem Country-Festival in Hamburg-Horn visualisierte. Der geforderte Playback-Auftritt verlief, wie man vermuten kann, aus Veranstaltersicht nicht wirklich erfolgreich, das lag aber wohl auch an den Erwartungen der Zuschauer. Hauptact war Harry aus dem Big-Brother-Container (Staffel 2, falls es wirklich jemanden gibt, den das interessiert). Amüsant war's trotzdem. Der Kommentar durch Olli Schulz, der 20 € Gage für den Auftritt kassierte, tat sein Übriges. Dann ging's los, gespannt war ich aus journalistischer und privater Sicht. Denn schließlich fiel durch den geplatzten Interviewtermin auch der Tagesordnungspunkt "Gästeliste" unter den Tisch, so dass Eintritt fällig wurde. Was soll, Karriere kostet. Schließlich sollte ja noch das Interview folgen.
Das Konzert begann mit der "Ankunft der Marsianer" und war der Auftakt für eine Mischung aus Musik und Geschichten erzählen. Nach weiteren Songs, wie "Der Moment", "Spooky Girlfriend" und "Und dann schlägt dein Herz", konnte man es besonders gut erleben. Eine Geschichte über ein Splatterfilmfestival, samt Tombola und einem glücklichen Freddy-Krüger-Puppen-Gewinner Olli Schulz war gut anzuhören und verbreitete das Gefühl von Intimität und Schaffensfreude. Doch erst der Song "Human of the week" brachte zum ersten Mal etwas Stimmung in die bis dahin etwas träge Menge. Leider kränkelte der Sound etwas, so dass ein paar Anläufe nötig waren. So gabs eben noch eine Geschichte über den Menschen der Woche und die Sangeskünste von Sarah Connor. Doch auch hier machte die Soundanlage der Röhre etwas Probleme.
Nach dem Song "Weil die Zeit sich so beeilt" häuften sich diese noch, was auch die Stimmung von Olli Schulz merklich schmälerte. Trotzdem gab's noch eine Story über seine Metalvergangeheit und eine Interpretation eines Tom Petty Songs. "Schon lange was defekt", ein eher ruhig angelegter Song über eine Beziehung, brachte mal wieder Sounddefizite zum Vorschein. Deswegen brach Olli Schulz den Song einfach ab, das Thema seiner Meinung nach zu wichtig für Knackgeräusche - Geschichte. 100 Minuten dauerte der Auftritt insgesamt, etwas lustlos wirkte dabei das letzte Drittel. Gut die Soundanlage wollte einfach nicht so richtig und knackte fröhlich in die Songs. Doch die Spontanität und Nähe zum Publikum, welche durch die Mischung aus Gesang und nettem Erzählen vermittelt werden sollten, zeigten leichte Risse. Keine Starallüren, nein. Aber der gereizte Unterton vergaß etwas, dass nicht nur der Künstler sich auf das Konzert gefreut hatte. Aber vergeben und vergessen, zumindest aus persönlicher Geltungssucht, schließlich sollte das Wichtigste ja noch kommen - das Interview. Ein kurzer Anruf, dann sollte es soweit sein.
"Hallo?" - "Ja, ich wollte nochmals wegen unserem Interviewfragen, wie wir es machen…" - "Oh, ja ne das ist schlecht jetzt, geht heute nicht mehr."
Autsch. 10 eng beschrieben Blätter drückten schmerzhaft in meiner Hosentasche. Dann sollte es also nur ein Konzertbesuch werden, denn das versprochene E-Mail Interview lässt noch bis zum heutigen Tage auf sich warten.
Ein Resumée? Für alle, die Olli Schulz nicht interviewen, sondern seine Musik hören wollen und einen Club in der Nähe haben, der eine funktionsfähige Soundanlage besitzt, sei gesagt, dass Live Olli Schulzes Musik zu dem wird, was sie sein soll. Eine unkomplizierte, trotzdem zum Nachdenken bringende, anspruchsvolle Unterhaltung. Also hingehen.
Die restliche Geschichte bleibt dann wohl nur noch eine Anekdote, die man sich aufbewahren kann bis zu dem Tag, wenn Olli Schulz einem wirklich gegenüber steht.
Immerhin.
Alexander Kitterer
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