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Titel: Make Metal small again. 20 Jahre Malmzeit (Metalbook, Vol. 2)
Verlag: Kohlhammer
ISBN: 978-3-17-043435-6
Preis: € 20
195 Seiten
Als ich vor einiger Zeit las, dass der deutsche Soziologe Hartmut Rosa, eine Soziologie des Heavy Metal geschrieben hat, verschaffte mir das ein Stück Genugtuung. Als ich dann auch noch feststellte, dass sich der Soziologe nicht einfach „sozusagen nach Feierabend“ in die Niederungen der Krachkultur begeben hat, sondern dass seine Soziologie auch noch bei dem renommierten Wissenschafts-Verlag Kohlhammer erschienen ist, von dem eine ganze Reihe theologischer Standardwerke stammen, die seit Studienzeiten mein Bücherregal zieren, war die Überraschung komplett. Sollte es der rüpelige Metal tatsächlich nicht nur zu gelegentlicher Erwähnung in ernsthaften Feuilletons gebracht haben, sondern nun auch in den Wandelhallen der Wissenschaft angekommen sein?
Anscheinend, ja. Denn die Worte Metal Book Vol. 1 auf der Titelseite verkündeten, dass das wohl keine Eintagsfliege sein sollte. Und tatsächlich, die Seiten vor dem hinteren Buchrücken kündeten die Metal Books Vol. 2 und 3 an. Beide liegen mittlerweile auf meinem Schreibtisch. Metal Book Vol. 2 ist gelesen und Thema dieser Rezension.
Es ist dem Kohlhammer Verlag bereits mit dem Buchtitel gelungen mich erneut zu überraschen. Dieses Mal legt er eine Bandbiographie vor. Warum nicht? Ich weiß schließlich, dass viele Metal Bands einiges zu sagen haben, sowohl textlich wie musikalisch. Bei Kohlhammer rechnete ich eher mit einer Auseinandersetzung mit textlich religiös – oder anti-religiös – geprägten Texten.
Die Überraschung war dann eher der Bandname. Denn von Malmzeit hatte ich bislang noch nichts gehört. King Diamond, Goethes Erben, Cradle of Filth, Emperor – all das hätte gepasst, aber Malmzeit? Nun gut, der Underground hat viele Etagen. Vielleicht hatte da ein Kohlhammer-Lektor einfach besonders tief gegraben.
Und dann lernte ich auf 190 Seiten Malmzeit kennen. Malmzeit bestehen aus Jörg Scheller und Jochen Neuffer, den beiden Autoren dieses Buches. Sie betreiben einen Heavy Metal Lieferservice, der Kammer Metal an jeden nur denkbaren Ort bringt, wenn er denn bestellt wird. Dabei brechen der Softwareingenieur Neuffer und der Hochschullehrer und Fitnesstrainer Scheller mit allen metallischen Konventionen.
Sie spielen ihre Konzerte grundsätzlich im Sitzen, gerne auf Sofas, vor denen ein Tisch steht, auf dem Teekanne und -tassen stehen. Die Lightshow kann aus einer Stehlampe bestehen. Die Kleidung ist jedem Lehrerzimmer angemessen.
Die Kapitel sind mit den Jahreszahlen von 2003 bis 2023 überschrieben, den Jahren in denen Malmzeit bislang aktiv waren. Und sie beschreiben tagebuchartig die in diesen Jahren stattgefundenen Auftritte. Dabei waren Malmzeit nie die Einladenden. Sie waren die Eingeladenen, die bei Geburtstagen, Jubiläen und anderen Gelegenheiten die musikalische Garnitur lieferten. Eingeladen hatten die, die den Metal Lieferservice bestellt hatten.
Die Lektüre von Make Metal small again hat irgendwann seine Längen, wenn ein Konzert-Event an den nächsten gehängt wird, aber das Duo hat genug Geschick, das Ganze in einem selbstironischen Ton kabarett-reif rüber zu bringen.
Das – und das besondere Wesen von Malmzeit - macht die Lektüre dieses Bandes zu einer durchaus vergnüglichen Angelegenheit. Was er allerdings in einem Wissenschaftsverlag wie Kohlhammer zu suchen hat, werde ich in einem Interview mit einem der Herausgeber der Metalbooks zu erfahren versuchen, wenn alle drei bisher erschienenen Titel gelesen und besprochen sind.
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