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Zeit: 25.07.2022
Ort: Augsburg - Spectrum
Ursprünglich war der Auftritt bereits für 2020 geplant. Aufgrund von Corona wurde er mittlerweile um zwei Jahre nach hinten verlegt. Ausverkauft ist der Auftritt schon lange, so muss das sein! Die Hooters absolvieren gerade ihre 40-Jahre-Jubiläumstour, die sie durch ganz Deutschland führt. Auch verrückt, wenn man bedenkt, wie lange die Truppe schon aktiv ist.
Vor dem Spectrum stehen etliche, die aufgrund von Corona-Ausfällen Karten zu günstigen Preisen verkaufen. Im Innenbereich ist es ordentlich heiß, die Leute stehen dicht an dicht. Das Team vom Spectrum löst dieses Problem, indem es während des Konzerts kostenlos Leitungswasser verteilt. Respekt, das ist klasse!
Um 20 Uhr kommen die Hooters auf die Bühne, beginnen mit „I’m Alive“ und das Publikum rastet kollektiv aus. Augsburg begrüßt die Musiker frenetisch, der sprichwörtliche Funke springt sofort über. Dieser Zustand bleibt bestehen, bis das Konzert vorbei ist. Der Sound ist glasklar und bestens ausgesteuert. Den Musikern scheint diese Affenhitze nichts auszumachen. Sie drehen auf, bieten Spielfreude satt und präsentieren ihre Nummern mit dem Charme einer Newcomer-Band, jedoch mit der spielerischen Perfektion von Profis.
Bereits nach „Silver Lining“ ist jeder im Spectrum nassgeschwitzt, es wird getanzt, mitgesungen und eine große Party gefeiert. Erst beim etwas ruhigeren „Boys Of Summer“ nehmen sie ein bisschen den Fuß vom Gaspedal. Auch hier singen alle mit. Rob Hyman legt ein feines Piano-Solo hin, das zum groovelastigen „500 Miles“ führt. Hier spielt der fabelhaft aufgelegte Eric Bazilian ein Blues-Harp-Solo, dass einem Hören und sehen vergeht. Bei „Lucy In The Sky With Diamonds“ hat Gitarrist Tommy Williams seinen großen Auftritt. Äußerst gefühlvoll singt er diese Beatles-Nummer, bei dem ihn die restliche Band gesanglich unterstützt. Die Hooters haben diesem Stück ihren eigenen Stempel aufgedrückt, es gehört mittlerweile zum festen Bestandteil der Setlist.
Das hypnotische „All You Zombies“ verwandelt das Publikum in eine tanzende Masse. Das eher selten gespielte „Boys Will Be Boys“ ist mein persönliches Highlight, der Song kommt live noch um einiges besser als auf der Studioaufnahme. Der Irish-Folk-Faktor wird mit „Karla With A K“ und „25 Hours A Day“ um einiges gesteigert, beide Nummern versprühen Lebensfreude pur. Vielleicht ist es genau das, was ein Hooters-Konzert so besonders macht. Die vergangenen zwei Jahre waren für Band und Publikum alles andere als lustig. Konzerte fanden nicht statt, genau solche Ereignisse haben massiv gefehlt.
Schlagzeuger David Uosikkinen beweist mit einem eindrucksvollen Schlagzeug-Solo sein Können. So was muss man gesehen haben! Vor allem bei der Hitze könnte er sowas auch eher weglassen, aber das gibt es bei dieser Band nicht. Hier schont sich keiner – im Gegenteil. Sie nehmen viel Kontakt zum Publikum auf und animieren so die komplette Halle. Die Musiker legen sich mächtig ins Zeug und bieten eine perfekte Live-Show. Sympathisch, gut gelaunt und immer wieder für Überraschungen gut. Eine davon ist zweifellos „An jenem Tag“, das eigentlich von Dunja Rajter oder Karel Gott gesungen wurde. Eric Bazilian singt auf Deutsch, A Capella und alle singen beim Refrain lauthals mit. Das ist so simpel wie wirkungsvoll.
Die anschließenden „Johnny B.“ und „And We Danced“ bilden dann auch schon den Abschluss des regulären Sets. Bei „Johnny B.“ zeigt Gitarrist John Lilley sein Können und veredelt den Klassiker mit seinem Signatur-Solo. Der laut Rob Hyman „am Besten gekleidete Musiker aller Zeiten“ steht ansonsten bewusst in der zweiten Reihe, ist aber ein wichtiges Rädchen im Gefüge der Band. Der Zugabenblock beginnt mit „Where Do The Children Go“ eher etwas gemäßigt, was Musikern und Zuschauern gut tut. Gitarrist Tommy Williams spendiert ein astreines Gitarrensolo, bei dem er das Publikum gekonnt einbaut. Auch hier ist kein Stimmungsabfall zu erkennen.
„Give The Music Back“ sehe ich heute mit ganz anderen Augen wie sonst. Für mich klingt das heute wie ein Appell an die Politiker für die Corona-Situation im Herbst: Gebt dem Publikum die Musik zurück und lasst diese auch künftig zu! Die positiven Faktoren eines solchen Konzerts überwiegen für mich definitiv viele anderen Dinge. Eric Bazilian spricht hervorragend Deutsch und spielt dann das sauwitzige „Pissing In The Rhine“, das vom Publikum lautstark gefordert wird. Danach fegt die Hooters-Variante von „Major Tom“ alles weg. Dass das Dach des Spectrums nach dem Song noch auf den Grundmauern steht, ist reiner Zufall. Es gibt hier keinen, der nicht mitsingt.
Die beiden durch Joan Osborne bzw. Cyndi Lauper bekannt gewordenen Stücke „One Of Us“ und das umwerfende „Time After Time“, bei denen Band und Publikum noch einmal alles geben, beenden den fabelhaften Auftritt nach fast zweieinhalb Stunden. Die Band geht in einer lustigen Choreographie von der Bühne und lässt sich von dem begeisterten Augsburger Publikum gebührend feiern.
Der Gig war gigantisch, keine Frage. Wer ein Publikum über diese Zeit auf einem ständig gleich hohen Energielevel nach vorne peitschen kann und dabei trotz dieser Affenhitze keinerlei Ermüdungserscheinungen zeigt, verdient höchsten Respekt. Eric Bazilian wird nächstes Jahr 70 Jahre alt, Rob Hyman ist schon 72. Ich kann mir das beim besten Willen gar nicht vorstellen. Die beiden und auch der Rest der Band scheinen regelrecht in einen Jungbrunnen gefallen zu sein.
Wir sind uns einig: Wenn die Hooters nächstes Jahr wieder nach Deutschland kommen, sind wir definitiv auch wieder am Start!
Setlist:
I'm Alive
Hanging on a Heartbeat
Day by Day
Silver Lining
The Boys of Summer
500 Miles
Lucy in the Sky With Diamonds
All You Zombies
Boys Will Be Boys
Karla With a K
Twenty-Five Hours a Day
Drum Solo
Satellite
An jenem Tag
Johnny B
And We Danced
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Where Do the Children Go
Give the Music Back
Pissing in the Rhine
Major Tom (Völlig losgelöst)
One of Us
Time After Time
Stefan Graßl
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