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In der Kolumne vom letzten Monat habe ich von unserem endgültigen Umzug nach Spandau im Februar 1997 berichtet. Nur wenige Wochen danach, am 24. März, ist meine Schwiegermutter Hildegard von Fransecky völlig unerwartet verstorben. So konnte sie unser Haus nur zwei Mal sehen und nur beim letzten Mal voll möbliert. Den blühenden Garten hat sie nie erlebt. Dabei hätten wir den Kauf des Hauses ohne ihre maßgebliche Hilfe nicht finanzieren können.
Besonders tragisch ist dabei, dass sie eine eigene Spandauer Geschichte hatte, auf deren Spuren wir uns gerne mit ihr begeben hätten. Als der Kauf des Hauses konkreter wurde, erinnerte sie sich an Orte, die uns heute vertraute Nachbarschaft sind – die Bötzow-Bahn, die Fähre zwischen Hakenfelde und Tegel-Ort, die Bürgerablage, an der sie in der Nachkriegszeit baden gewesen war.
Nach dem Krieg kam die damals 22jährige nach Spandau. Dienstverpflichtet hatte sie im besetzten Italien als Schreibkraft gearbeitet und konnte nach ihrer Entlassung aus amerikanischer Internierung nicht in die schlesische Heimat zurückkehren. So kam sie im Haus einer Bekannten in Staaken unter, dort wo die Bötzow-Bahn die Seeburger Straße kreuzt. Sie fand Arbeit – erst als Trümmerfrau bei dem Baumaterial-Händler Kluwe, dann bei Osram, später bei Siemens jeweils als Schreibkraft. (Das Foto könnte ein Bewerbungsfoto für die Arbeit bei Osram gewesen sein.)
In den nächsten Monaten suchte sie die im Krieg verstreute Familie wieder zusammen. Die Mutter war auf einem Gut bei Güstrow untergekommen; der Vater war in russischer, der Bruder in Frankreich in amerikanischer Gefangenschaft. Bereits 1948 konnte die Familie gemeinsam nach Niedersachsen ziehen, wo der Vater Hauptwachtmeister wurde. Nach Eintritt in den Ruhestand ging er mit seiner Frau nach Hannover, wo Hildegard eine Stelle bei der ostpreußischen Spirituosenfirma Teuke & König gefunden hatte, die gerne Flüchtlinge aus dem Osten einstellte. Dort lernte die geborene Hildegard Jahn auch ihren späteren Mann Oskar von Fransecky kennen. 1954 wird meine spätere Frau Maria von Fransecky geboren.
Die Entscheidung, welche CD, die ich mir im März 1997 zugelegt habe, in dieser Kolumne Berücksichtigung finden soll, fiel sehr schnell zwischen zwei Alben. Kurz nachgedacht habe ich auch über The Whole Shebang ! der christlichen Irish Folker The Electrics und Dimmu Borgirs 97er Album Enthrone Darkness Triumphant. Aber letztlich waren es die beiden ersten Alben, die ich mir in diesem Monat gekauft habe, zwischen denen die Wahl entschieden wurde.
Das Live-Doppelalbum 1996 von Royal Hunt |
Es gibt Bands, die irgendwie zusammengehören. Manchmal aus ganz objektiven Gründen, wenn man sich z.B. die „Purple-Familie“ vor Augen führt, zu der natürlich die „Söhne und Töchter“ Rainbow, Whitesnake, Gillan und Enkel wie Dio gehören. Oder auch das den Hard Rock begründende Quartett: Led Zep, Purple, Uriah Heep und Sabbath. Manchmal ist die Zusammengehörigkeit aber ein eher subjektives Gefühl beim Betrachter. Für mich gehören Angra und Royal Hunt, seitdem ich sie kenne, irgendwie zusammen.
Wobei die beiden Bands – soweit ich weiß – nichts miteinander zu tun haben. Beide Bands hatten eher transatlantische Querverbindungen; die Brasilianer Angra zu deutschen Bands wie Sieges even, Blind Guardian und Gamma Ray; während die Dänen Royal Hunt unter anderem mit Saga und Warrant (den Amis; nicht zu verwechseln mit den deutschen Speed Metallern gleichen Namens) unterwegs waren. Allerdings traf man sich um die Jahrtausendwende herum beim hannoverschen Label Steamhammer.
Dass sie für mich quasi ein Paar bilden, liegt sicher zum einen daran, dass beide Bands etwa zur gleichen Zeit auf meinem Radar erschienen sind – und ich mir meine ersten Alben von ihnen fast gleichzeitig im Abstand von vier Tagen in eben jenem März 1997 zugelegt habe.
Zum anderen aber haben sie einen nicht unähnlichen Mix von hochmelodischem Rock, aggressiven Parts und progressiven Ansätzen; wobei die Dänen etwas mehr in Richtung AOR tendieren, während Angra immer wieder Schritte hin zum Prog Metal machen.
Am 11. März ist das Live-Doppel-Album 1996 von Royal Hunt bei City Music in Potsdam in meinem Einkaufskorb gelandet. Am 15. März – genau 10 Tage vor dem Tod meiner Schwiegermutter - lag dann ein dickerer Brief vom Versandhandel Music Point im Briefkasten – darin u.a. Angras Holy Land. Und da ich das Album in der Collectors Edition bestellt hatte, war auch dies ein Doppel-Album, bzw. ein Album plus Bonus-Live-EP.
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