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Artikel

Rob McHale, ein Nachbar von Tom Dooley, packt aus....

Info

Gesprächspartner: Rob McHale

Zeit: März 2021

Ort: Statesville / North Carolina - Wilhelmshaven

Interview: E-Mail

Stil: Singer / Songwriter / Folk

Unser Mitarbeiter Wolfgang Giese hatte bereits 2014 eine Platte von Rob McHale rezensiert, und aufgrund einer weiteren Besprechung der Platte Prophets on the Boulevard kam es dann zu einem näheren Kontakt zu dem Musiker aus North Carolina. Auf einem Konzert am 25. 10. 2019 trafen sich Wolfgang und seine Frau erstmalig mit Rob und seiner Lebensgefährtin Meg, und es entwickelte sich eine noch anhaltende Freundschaft. Der historisch sehr gut bewanderte Künstler hat sich intensiv mit bestimmten Figuren und Legenden der US-amerikanischen Geschichte beschäftigt und trägt dieses auch live sehr leidenschaftlich vor. Geschichten über Jesse und Frank James, General Custer und ganz besonders Tom Dooley gehören dazu. Nun hat sich Rob bereit erklärt, einige Fragen dazu im Rahmen eines Interviews zu beantworten.


MAS: Wo wurdest Du geboren und wo bist Du aufgewachsen?

Rob McHale: Ich wurde in Washington, D.C. geboren und wuchs auf in North Carolina. Das ist ein wundervoller Platz, um dort zu leben, das Klima ist dem von Teilen Europas ähnlich, obwohl es ein wenig warm im Sommer werden kann.

MAS: Welche Musik haben Deine Eltern gehört, als Du jung warst und Kind und auch später?

Rob McHale: Meine Eltern erfreuten sich an Big Band-Musik, wie Glenn Miller, speziell mochten sie Musik mit Bläsern, so wie von Herb Alpert And The Tijuana Brass, und die mochte ich auch ganz gern. Ihre Lieblingsmusik war recht weit entfernt von der Musik, die sich damals in den USA und in Europa etablierte.

MAS: Welche Musik hatte auf Dich einen tieferen Einfluss, als Du aufgewachsen bist, gab es spezielle Bands oder Musiker, die Du nennen kannst?


Rob McHale: Damals waren es die Folk-Revolution und die Akustik-Szene, die ordentlich Dampf machten, und verschiedene Rockbands. Da gab es eine Menge verschiedener Stile, an denen ich mich erfreute und ich zog viele von ihnen vor. So waren die Künstler, die am meisten Eindruck machten, Bob Dylan, Woody Guthrie, Neil Young, CSN, John Prine, Eric Clapton, The Beatles, The Stones, The Eagles und the Allman Bros.
Dann hatte mich auch der Blues gepackt, und ich war Fan des Chicago Blues und des Delta Blues, Leute wie Howlin’ Wolf, Buddy Guy, John Lee Hooker, Willie Dixon und Robert Johnson. Damit hatte ich mich angefreundet. Ich denke, Dylan und Guthrie waren es, die mich hinsichtlich ihrer Lyrik und der Texte am meisten erreichten. Der Blues jedoch war es, der Dich direkt in der Seele berühren kann. Ich war fasziniert vom makellosen Gitarrenspiel eines Eric Clapton oder Buddy Guy.

MAS: Erinnerst Du Dich an Dein erstes Livekonzert und welches war es?

Rob McHale: Mein erstes Konzert war das von Jethro Tull in der Clemson University in South Carolina.

MAS: Wie hat sich Dein Leben entwickelt auf dem Weg zu Deinen Songs, und wann hast Du die ersten geschrieben? Gibt es in diesem Zusammenhang Ereignisse, die Dich und den Inhalt Deiner Songs geprägt haben?

Rob McHale: Nun, ich begann in meinen frühen Zwanzigern eigene Stücke zu schreiben, aber oft meine ich, dass ich seit meinen späten Dreißigern erst wirklich gute Songs schrieb. Schon früh liebte ich den Sound der akustischen Gitarre, jedoch widmete ich mich zunächst für einige Jahre einer "elektrischen" Periode. Die ganze Zeit über zerrte jedoch etwas an mir, zur akustischen Gitarre zurückzukehren, und das ist es auch, wo meine wahren Wurzeln liegen.
In meinen Zwanzigern arbeitete ich auch als Frachtpilot und flog solch alte Maschinen aus der Ära der Dreißiger und Vierziger, wie etwa die DC-3, in den ganzen USA und in Kanada. Es hat eine Menge Spaß gemacht, sogar mit dem spärlich ausgestatteten Cockpit, das oft undicht war, so dass Regen oder Schnee durchkam. Wir waren damals jeder möglichen Wettersituation ausgesetzt und für einige Jahre schien das wie ein Überlebensspiel. So musste ich einige Flugzeuge aufgrund von Triebwerksausfällen oder anderen wichtigen Problemen zurücklassen, aber die Freude am Fliegen hat mir geholfen, einige dieser prekären Situationen zu überwinden.
In meinen frühen Vierzigern wusste ich, dass ich musikalisch eigentlich zu breitflächig aufgestellt war, ich spielte zu viele Stile, so konzentrierte ich mich schließlich ausschließlich auf die akustische Gitarre. Zu jener Zeit züchtete ich auch Pferde (belgische und deutsche Warmblüter) und später ebenfalls Rinder. Die Farmumgebung spielte eine enorme Rolle bei der Gestaltung meiner Musik. Das Leben im Einklang mit der Natur ist wohltuend für die Seele - die Spaziergänge in einem Wald, einfach nur an einem kleinen Bach zu sitzen, und sanften Fluss des Wassers zu lauschen, die zarten Klänge der Vogelgesänge.
Das war ein Teil der Realität des Lebens, draußen im Regen und Schnee zu arbeiten, dann die Hitze der Sommer in Carolina, und rund um die Uhr musste man für das Vieh sorgen. Ich habe alles getan, was man sich auf dem Bauernhof vorstellen kann, ich habe mehrere hundert Meter Zäune eingebaut und auf dem Feld oder bei Bedarf an den Gebäuden gearbeitet, eigentlich schien mir das auch nichts auszumachen, das war ein großartiger Lebensstil und es herrschte eine gute Verbindung mit Mutter Erde. Heute besuche ich immer noch gerne die Farm, obwohl ich kein Vieh mehr züchte.

MAS: Wann hast Du Dein erstes Album aufgenommen und wie ging es anschließend weiter?

Diskografie

Company Town (2010)
Fields (2014)
Tom Dooley and Friends (EP, 2016)
Prophets on the Boulevard (2018)
'40 Ford Coupe (2021)
Rob McHale: Ich habe 2008/2009 mein erstes Album, "Company Town", aufgenommen und produziert, ich hatte Verhandlungen mit einem Plattenlabel geführt und die Veröffentlichung verschoben, bis es zu einer Entscheidung gekommen war. Damals war noch nicht der richtige Zeitpunkt für mich und die Bedingungen wären zu restriktiv gewesen. Kurz nach der Veröffentlichung im Jahr 2010 traf ich den Produzenten Chris Rosser und seitdem habe ich alle Alben mit ihm in seinem Studio in Asheville, North Carolina, aufgenommen.

MAS: Worum geht es in der Regel inhaltlich bei Deinen Alben?

Rob McHale: Ich war schon immer fasziniert vom 19. Jahrhundert und vom wilden Westen und habe mich auch stark von der Ära des US-Bürgerkriegs inspirieren lassen. Im Vergleich zu unserem heutigen Lebensstil von Menschen beschäftigte ich mich mit den Schwierigkeiten, mit denen Menschen sich damals auseinandersetzen mussten, nur um am Leben zu bleiben. Die langjährige Erfahrung in der Landwirtschaft half und hilft mir, mich mit ihren Problemen und ihrem Überlebenskampf zu identifizieren, stets abhängig von Regen, Sonne und von der Bodenbeschaffenheit. Alle diese Lieder, die ich geschrieben habe, sind historisch nachvollziehbar und in vielen anderen habe ich versucht, eigene Erlebnisse mit einzubeziehen, bin teilweise auch an bestimmte Orte gereist, um eine innere Verbindung herzustellen und einige Geschichten habe ich auch erfunden und in Songs verpackt.
Wenn es irgendwie möglich ist, versuche ich, mich mit den Charakteren bestimmter Personen zu identifizieren. So bin ich hierzu auch zu den meisten historischen Stätten der Songs gereist, zum Beispiel nach Montana („Custer’s last Stand"), zur James Farm in Missouri („The Ghost of Jesse James"), Castlebar, Irland, („The Castlebar Races") oder nach Boston („Common Ground"). Ich habe einige der Legenden dieser Zeit auf meinem 2014er Album Fields einbezogen, so General George Custer und seinen letzten Einsatz, im Song „Surrounded again", so wie seinen Bruder Captain Tom Custer, der ebenfalls die Schlacht am Little Big Horn verloren hatte. Oder im Song „Fire and the Guns" ist es Sherman's zerstörerischer Marsch im Süden. Dann geht es um den elfjährigen Kampf von Dred Scott um die Befreiung von der Sklaverei, der letztlich mit der Ablehnung durch den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten endete, und eine kleine irische Geschichte wird mit „The Castlebar Races" erzählt.
Tom Dooley and Friends (EP, 2016)

Das nächste Album, Tom Dooley and Friends, habe ich als Widmung an Edith Carter aufgenommen, sie ist eine Historikerin, Lehrerin und Gründerin eines historischen Dorfes im Herzen von "Tom Dooley Country". Sie war auch Betreiberin des Tom Dooley Museums in ihrem Whippoorwill Village. Die Carters sind Nachkommen einer wichtigen Person in der Legende um Tom Dooley, Dr. George Nicolas Carter. Ich traf Edith zum ersten Mal, nachdem sie von meinem Tom Dooley-Song „Tom Dula (Set me free)“ gehört und mich für einen Besuch eingeladen hatte. Seit dieser Zeit bin ich mit ihr und ihrer Familie befreundet, sowie mit einigen Historikern und Nachkommen in der Gegend, die sie Happy Valley nennen. Das ist am Fuße der Blue Ridge Mountains in North Carolina.
Der Umkreis, in dem sich die Legende um Tom Dooley abspielte, umfasst ein Gebiet in einem Umkreis von ca. acht Kilometern, mit Ausnahme des Ortes seiner Verurteilung und seiner Hinrichtung, in Statesville, North Carolina, etwa 35 Meilen südlich. Es war ein großes Privileg für mich, die ganze Geschichte auf der Happy Valley Fiddler's Convention, am Grab von Laura Foster bei Sonnenuntergang und bei Kerzenlicht zu erzählen. Mein Bruder Pat begleitete mich bei der Veranstaltung auf seiner Mundharmonika auf meinen Songs, die ich über die Legende geschrieben habe. Ich hatte das Glück, dass Pat viele Jahre, über 25 Jahre lang, mit mir in der Band auftrat und aufnahm. Pat hat ein bemerkenswertes Talent auf der Mundharmonika. Außerdem erzähle ich die Geschichte in dem Podcast The real Tom Dooley Story, der auf YouTube zu finden ist.

MAS: Erzähle uns doch etwas über Tom Dooley. Du erzähltest mir, dass Du in der Nähe des Ortes, an dem er gehängt wurde, lebst.



Rob McHale: Ich lebe nur 25 Minuten von dem Ort entfernt, an dem Tom Dooley 1868 gehängt wurde, (Die richtige Schreibweise seines Namens ist Dula, obwohl es Dooley ausgesprochen wird.) und ungefähr 40 Meilen von dem Gebiet entfernt, in dem die Familie Dula lebte. Tom wurde wegen angeblichen Mordes an seiner Freundin Laura Foster erhängt - aufgrund von Indizien im ersten "National love triangle murder mystery" in den USA. Heute gilt Tom als unschuldig.
Unterwegs traf ich Charlotte Corbin Barnes, die Autorin von The Tom Dooley Files und Dooley. Frau Barnes hat diese Legende über 30 Jahre lang studiert und eine Fülle von Informationen entdeckt. Für mich ist sie die führende Autorität auf diesem Gebiet. Frau Barnes und ich haben viele historische Shows in der Region präsentiert und werden dies auch in Zukunft tun. Ein kürzlich erschienenes Buch des dänischen Autors Jan Kronsell, Who killed Laura Foster (2020), ist ebenfalls ein außergewöhnliches Buch zu diesem Thema. Jan reiste eigens in die USA, um für dieses 400 Seiten starke, leicht zu lesende Buch zu recherchieren.

MAS: Wie oft hast Du Tourneen in Europa unternommen und wo und wann war das?

Rob McHale: Ich liebe es, in Europa zu spielen, es fühlt sich an, als wäre ich zuhause. Meine Vorfahren lebten in Hamburg, im Elsass, Irland und England. So trete ich in Europa seit 2011 auf, anfänglich in Irland, jedoch die letzten Jahre auch in England und Schottland, und es gab 2019 auch eine Reise nach Deutschland. Ich hoffe, in diesem Jahr (2021) die im letzten Jahr ausgefallene England-Tournee nachholen zu können und auch eine Show in Crail, Schottland, spielen zu können. Ich fand heraus, dass sich das Publikum an den Beiträgen über die amerikanische Geschichte zu erfreuen schien, und auch an den Ähnlichkeiten der Kulturen. Man achtet besonders auf Details, so dass ich nach der Show immer auf Diskussionen vorbereitet bin. Ich freue mich darauf, wieder nach Europa zu kommen und auch andere Länder zu besuchen.

MAS: Gibt es wesentliche Unterschiede im europäischen Publikum und wie unterscheidet es sich generell vom US-amerikanischen Publikum? Welche Unterschiede können besonders hervorgehoben werden?


Rob McHale: In den USA spiele ich mit meiner Band und solo, meistens in Innenräumen, in Theatern, Cafés, auf historischen Gesellschaften, Bibliotheken und bei Hauskonzerten. Ich spiele auch gelegentlich auf mehreren Festivals und ab und zu gibt es auch Veranstaltungsorte, an denen das Publikum leider recht laut ist. So halte ich mich zurück und übe mich darin, mich mehr zu konzentrieren. Meine Band und ich sind wie fahrende Gesellen, natürlich mein Bruder Pat und Frank Berridge am Bass, Jim Singer mit seiner 150 Jahre alten Geige und Peter McCranie am Dobro. Ich spiele die Akustikgitarre und singe.

MAS: Man liest oft, dass die Zeit für CDs und LPs ablaufen wird und es nur noch Downloads für den Musikkonsum geben wird. Was denkst Du darüber? Wird es so eintreten? Und was wären die Konsequenzen für Dich als Musiker?

Rob McHale: Das Musikgeschäft hat sich im Laufe der Jahre dramatisch verändert und die digitalen Trends haben für uns grundsätzlich gut funktioniert, so dass Künstler Menschen auf der ganzen Welt erreichen können. Im Radio und in anderen Medien gibt es jetzt viel mehr Möglichkeiten, aber die CD-Verkäufe laufen am besten bei Shows. Ich mag es, jemandem etwas Physisches, also eine CD zu geben, die er in der Hand halten und schätzen kann und auch, um die darin enthaltenen Texte zu lesen. Vielleicht gibt es in Zukunft ein Hologramm mit der Kunst und dem Inhalt und die Musik wird nur noch gestreamt. Ich bevorzuge es aber, so wie es jetzt noch ist, mit physischen CDs.

MAS: Welche musikalischen Zukunftspläne hast Du?

Rob McHale: Wir werden wahrscheinlich 2022 mit den Arbeiten zu einem neuen Album beginnen. Das ist immer ein wunderbarer Entwicklungsprozess. Ich liebe es, den Beiträgen der anderen Musiker zu den einzelnen Songs zuzuhören und sie mit einzubeziehen.

MAS: Gibt es Musiker, mit denen Du gern einmal für ein Album zusammenarbeiten möchtest, und warum?

Rob McHale: Wenn es eine Studioproduktion gibt, von der ich träume, dann ist das eine zusammen mit Gordon Lightfoot. Ich mag seine Art und seine Musik, und weil er überhaupt ein ganz toller Mensch ist, und man gern mit ihm zusammen ist. „The Wreck of the Edmond Fitzgerald" ist bis heute einer meiner liebsten Songs.

MAS: Würdest Du auch andere Musik als jetzt aufnehmen und spielen, wenn Du damit mehr Geld verdienen könntest? Wenn, welche Musik würdest Du spielen, um damit in die Charts zu kommen?

Rob McHale: Ich bin glücklich mit dem, was ich musikalisch umsetze, ich spiele mit wunderbaren Leuten in der Band und halte gern die Tradition des Geschichtenerzählens und der Geschichte am Leben. Das Folk-Publikum ist zwar kleiner als das des der Mainstreams, jedoch gehöre ich genau hier hin. Originaltext hierzu: "I don’t think this horse can be painted a different color."

MAS: Zu guter Letzt: Gibt es etwas, das Du speziell den Lesern von Musik An Sich als Botschaft mitgeben möchtest?

Rob McHale: Ich möchte insbesondere den Lesern von Musik An Sich und den hervorragenden Mitarbeitern dafür danken, dass sie sich auch so sehr für die Folk-Musik einsetzen, das spielt für mich eine wichtige Rolle. Ihr seid Teil der Lebensader von Künstlern und es bedeutet uns allen sehr viel, Menschen zu haben, mit denen wir unsere Musik teilen können. Sie sind die Lebensader der Künstler und es bedeutet uns allen sehr viel, Menschen zu haben, mit denen wir Musik teilen können. Vielen, vielen Dank, und ich hoffe, Euch alle "auf der anderen Seite" (the flip side) zu sehen.

Wolfgang Giese


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