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Artikel

Blues im Armani-Anzug - Eric Clapton zwischen Ghetto und Landhaus

Info

Autor: Peter Kemper

Titel: Eric Clapton. Ein Leben für den Blues

Verlag: Reclam

ISBN: 978-3-15-011214-4

Preis: € 24,00

272 Seiten

30. März 1945! Fünf Wochen vor Ende des Zweiten Weltkriegs wird Eric Clapton geboren. Pünktlich zu seinem 75sten Geburtstag veröffentlicht Peter Kemper eine neue Biographie des weißen Blues-Gottes.

Kemper hat – natürlich – seinen eigenen Blick auf Clapton. Die Alben, auf die es ihm besonders ankommt, sind im Wesentlichen bereits eingespielt, als ich 1969 eingeschult wurde. Da hatte Kemper, nur fünf Jahre jünger als Clapton, die Pubertät (wahrscheinlich) bereits fast hinter sich.

Das Solo-Werk von Clapton, das zu Beginn der 70er begann, erscheint in Kempers Biographie mehr oder weniger wie ein Echo auf das, was Clapton mit Cream, Blind Faith und – nachrangig – mit John Mayall’s Bluesbreakers veröffentlicht hat. (Vergleiche die Cover-Abbildungen auf der zweiten Seite der Fotostrecke nach Seite 128)

Der wichtigste Name neben Eric Clapton in Peter Kempers Biographie ist der von Robert Johnson. Der Bluesman, der der Legende nach seine Seele an der Crossroad dem Teufel verkauft hat, um besser Gitarre spielen zu können, erscheint als der entscheidende Einfluss für Eric Clapton. Kein Wunder, das kein Songtitel häufiger erwähnt wird, als „Crossroads“.


Auf meiner persönlichen Landkarte hat sich Clapton Mitte der 80er etabliert, als im Rahmen der Berichterstattung über die beiden von Phil Collins produzierten Alben Behind the Sun und vor allem August auch ältere Titel massives Airplay hatten. (Die beiden Alben gehören mit den laufenden Nummern 24 und 44 zu meinen frühesten CDs.) Die Songs, die mich damals angefixt haben („Forever Man“, „It’s in the Way that you use it“, „Promises“, „She’s waiting“, „Tulsa Time“, „Lay down Sally“, „After Midnight“, „Setting me up“ - zum Teil in den Live-Versionen von Just one Night) sind bei Kemper mit einer Ausnahme dagegen eher Randerscheinungen. Die Ausnahme ist „Leyla“, das Clapton unter dem Namen Derek and the Dominos veröffentlicht hat, bevor er begann offiziell unter seinem eigenen Namen anzutreten.

So entspricht der elder statesman of Rock, der im glänzenden Armani-Anzug auf der Titelseite von Kempers Buch erscheint, eigentlich viel mehr meiner Beziehung zu Clapton, als der von Kemper.

Kemper ist Fan. Das ist nicht zu übersehen. Aber er ist nicht unkritisch und ihm fehlt nicht die Distanz. Die lange Zeit sehr selbstbezogene und egoistische Art von Clapton wird genauso angesprochen, wie seine intensive Drogenkarriere – was allerdings für einen Rockstar (zumal der 70er Jahre) alles andere als ein Alleinstellungsmerkmal ist.
Just one Night (Live, 1980)


Spannender ist die Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Clapton zu den, bzw. dem „Schwarzen“. Auf Seite 181 zitiert Kemper eine Ansage Claptons während eines Konzerts im August 1976. „Ihr müsst verhindern, dass Großbritannien eine schwarze Kolonie wird. Schmeißt die Ausländer raus! Schmeißt die Kanaken raus! Schmeißt die Neger raus! Großbritannien muss weiß bleiben!“ Dass Clapton sich durchaus bewusst ist, was er hier sagt, macht der Fortgang der Ansage deutlich. „Normalerweise bin ich auf Droge, jetzt bin ich auf Rassismus! Das ist viel härter, Mann.“

Kemper entschuldigt hier nichts; aber er verdammt auch nicht in folgsamer political correctness. Er versucht zu verstehen, wie der schwärzeste aller weißen Blues-Musiker zu solchen Sätzen kommen kann - und in dem Zusammenhang auch noch dezidiert zur Wahl des rassistischen Recht-Außen-Politikers Enoch Powell aufrufen kann.

Kemper geht dabei weit über die Person des Gitarristen hinaus. Die Betrachtung des Phänomens der weißen Blackness, der Identifikation von weißen Musikern, bzw. Musikfans mit den „Negern“ und ihrer Kultur, ist einer der roten Fäden, der sich durch das Buch zieht und schon weit früher in der Beschreibung der frühen Jahren von Claptons Karriere aufgegriffen wird.

Am Ende (S. 192) kommt Kemper im Anschluss an die Regisseurin Lili Fini Zanuck zu dem Ergebnis, dass Clapton kein Rassenproblem, sondern ein Einwanderungsproblem hat(te). Was die Sache nicht einfacher, sondern vor allem hochaktuell macht. Der Brexit dürfte u.a. durch eine derartige Geisteshaltung zu erklären sein.

Norbert von Fransecky


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