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Info
Zeit: 16.04.2005
Interview: E-Mail
Stil: Avantgarde-Pop
Internet:
http://www.nick-grey.com
Mit dunkler bis befremdlicher Lyrik und einem hervorragend eingespielten Random Orchestra hat Nicolai Moldoveanu aka Nick Grey letztes Jahr (zum ersten Mal) sein Debut Album Regal Daylight veröffentlicht - ein großartiges Stück Musik, das in seiner Skurrilität und Viel- bzw. Undeutigkeit allerdings geradezu danach schreit, miss- oder gar nicht verstanden zu werden. Leider haben wir letztes Mal versäumt, mit dem jungen Rumänen über sein Album zu sprechen - Labelwechsel und Rerelease von Regal Daylight sollen nun Anlass geben, das nachzuholen.
MAS:
'Regal Daylight' wurde bereits letztes Jahr über Sensitive Records veröffentlicht. Jetzt gibt es bereits einen Re-release bei Stateart. Wie kam es zu diesem schnellen Label-Wechsel?
Nick Grey:
Sensitive Records war mein eigenes do-it-yourself Label, und unsere Verbreitungsmöglichkeiten waren natürlich sehr begrenzt. Sensitive Records hat hauptsächlich nur in Frankreich und Belgien verkauft. Marco von Stateart habe ich getroffen, als ich nach einem europäischen Vertrieb suchte: Er fühlte sich sofort zu unserer Musik hingezogen und wir wurden schnell Freunde. Wir bemerkten, dass es eine künstlerische Verbindung zwischen Stateart und Sensitive gab, es war das selbe Feuer.
Als ich später Sensitive Records aus persönlichen Gründen auflösen musste, hat er mir freundlicher Weise angebeuten unser Album auf etwas professionellere Weise zu re-releasen. Eine tolle Sache war das.
MAS:
Wird es irgendwelche Unterschiede zwischen den beiden 'Regal Daylight'-Releases geben?
Nick Grey:
Nein, es gibt keinen großen Unterschied zwischen den beiden Releases, abgesehen von einem ganz leicht veränderten Booklet. Um ehrlich zu sein: Ich würde auf keinen Fall irgend etwas an diesem Album verändern... nicht, dass ich es für perfekt halte, aber meiner Meinung nach ist es besser ein Werk so zu belassen, wie es ursprünglich gemeint war.
MAS:
Wie bist du zur Musik gekommen und in welchen Projekten warst du tätig, bevor du das Random Orchestra gegründet hast? Wie hast du das Komponieren gelernt?
Nick Grey:
Ich bin durch meinen Vater zur Musik gekommen, der ein klassischer Tenor ist und mich aufgezogen hat, indem er mich mit Musik umgab. Komponieren habe ich nie wirklich 'gelernt', noch habe ich jemals ein Instrument gespielt (außer ein paar Jahre Klavier - schlecht). Meist mache ich alles durch Hören und durch Intuition, mit Unterstützung meines Keyboards und des Computers.
Vor dem Random Orchestra war ich in einigen halbherzigen Underground-Projekten wie EMPI (http://www.empi.fr.fm) involviert.
MAS:
Das Booklet zu 'Regal Daylight' fällt durch ein sehr interessantes Artwork auf. Besonders Bilder wie das auf der Rückseite des Albums, auf dem eine dilletantisch gezeichnete Frau im Bett liegt und zwei Strichmännchen davorstehen, die ihre Arme und Herzen dort liegen gelassen haben. Von wem stammen die Ideen zu diesen Bildern, wer hat sie umgesetzt und was bedeuten sie?
Nick Grey:
Ich habe absolut keine Ahnung. Da müsstest du Scapegott fragen, den jungen Künstler, der an dieser Veröffentlichung gearbeitet hat. Allerdings ist sie sehr launisch und schwer zu erreichen. Ich vermute, dass diese Illustrationen von dem handeln, was sie fühlte als sie unsere Musik entdeckt hat.
MAS:
Im Booklet bittest du darum, das Album nicht an Sonntagen abzuspielen. Warum?
Nick Grey:
Ich sage immer: Sonntage sollte man nutzen um zu schlafen, sich um die Familie zu kümmern und zum Sterben. Außerdem bin ich nicht sicher, ob unser Album genügend hingebungsvolle Eigenschaften hat um ein Sonntags-Album zu sein, außer vielleicht der zweiten Hälfte.
Die meisten der spirituellen Anteile auf dem Album sind eine direkte Konsequenz von Jasmine Pinkertons Beteiligung (einer Pianistin aus Armenien). Sie ist eine wirklich religiöse Person, und jede ihrer musikalischen Bewegungen scheint direkt durch das Word Gottes geleitet zu werden (lacht)... zu meiner gelegentlichen Bestürzung.
MAS:
Deine Texte sind sehr düster und meist schwer zu verstehen. Was ist der tiefere Sinn von Songs wie "Look like Moses" oder "Structure and Faith"? Handeln deine Texte von persönlichen Themen? Oder von gesellschaftlichen?
Nick Grey:
Findest du meine Texte wirklich düster? Ich benutze immer etwas Ironie in meinen Songs und versuche auf jede erdenkliche Weise, die üblichen Klischees trauriger Rockmusik zu vermeiden... ich wurde sehr stark von verschiedenen europäischen surrealistischen Bewegungen beeinflusst, was einige der kryptischen Aspekte erklären könnte. Manchmal benutze ich Schnitte, manchmal handelt der Song von einer gewöhnlicheren Erzählung. Aber es gibt immer eine direkte untergründige Idee in jedem Song. "Look Like Moses" zum Beispiel erscheint als ein dada-istischer Song über die einfache Freude, Tanzmusik auf dem Grab deines besten Freundes zu vollführen.
Es wurden keine persönlichen Themen auf Regal Daylight verwendet, aber meine nächste Arbeit wird sich komplett darum drehen. Um gesellschaftliche auch, aber immer versteckt hinter verschiedenen Lagen von Illusionen und Bildern.
MAS:
Deine Musik ist sehr eigenständig, ich kenne derzeit nichts vergleichbares. Gibt es trotzdem irgendwelche Bands oder Musiker die dich inspiriert haben? Welche Musik hörst du privat?
Nick Grey:
Das ist sehr schmeichelhaft, aber ich glaube, dass man unsere Einflüsse ganz gut heraushören kann. Ich fühle mich stets sehr inspiriert von der Arbeit anderer Künstler. Am meisten fühle ich mich hingezogen zu der Arbeit berühmter "schöner Versager" wie Peter Perrett, Lawrence Hayward, Tom Verlaine, Robert Wyatt oder Nick Drake. Kurt Cobain hätte ebenfalls ein Einfluss sein können, wenn er nicht blond gewesen wäre. (??? - Anm.d.Red.)
MAS:
Du hast bereits eine neue EP ('The Candlelight Eyes EP') angekündigt, die demnächst erscheinen soll. Was wird uns da erwarten?
Nick Grey:
Fünf hypnotische, leise und psychedelische Songs zu denen man schlafen kann. Ich liebe diese Aufnahmen sehr und kann es kaum erwarten, sie veröffentlicht zu sehen.
MAS:
Worum geht es in deinem Projekt 'Thieves among Thorns'?
Nick Grey:
Unruhige Zieten, Kontraste, Vertrauen und Verzweiflung. Es ist ein quasi-solo Projekt, für das ich zur Zeit noch ein Label suche. Diese Veröffentlichung wird die persönlichsten Songs beinhalten, die ich je geschrieben habe. Ich hänge sehr an ihnen und hoffe, dass es unseren Hörern gefallen wird.
Hendrik Stahl
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