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Info
Zeit: 28.10.2018
Ort: Kulturkirche, Neuruppin
Fotograf: Norbert von Fransecky
Internet:
http://www.mungojerry.com
http://www.kulturkirche-neuruppin.de
Es war eine spontane Idee. Eigentlich war Norbert wegen eines ganz anderen Konzerts auf der Seite von Kulturhaus und Kulturkirche in Neuruppin. Als er dann aber sah, dass in den Herbstferien Mungo Jerry in der Kulturkirche sein würde, hat er spontan eine Mail abgeschickt und war prompt auf der Gästeliste. Viel erwartet hatte er nicht. Klar, „In the Summertime“, „Alright, alright, alright“ und „Baby Jump” würden Spaß machen. Aber so ganz ernst war der Besuch nicht gedacht. Eher eine kleine Ergänzung zu der 70er Jahre Pop-CD, die gelegentlich in der Küche läuft.
Aber dann kam es ganz anders. Was Norbert schon beim Anhören des Albums Rewind beobachtet hatte, kam bei dem Liveauftritt am Sonntagabend noch wesentlich deutlicher zum Tragen. Mungo Jerry erwiesen sich als wesentlich mehr als ein leichtes Pop-Menü.
Am Anfang sah es aber stark danach aus, als sollten sich alle Vorerwartungen erfüllen. Das Publikum, das die voll bestuhlte Kulturkirche nach und nach füllte, lies eher an Kleingarten, Kaninchenzüchterverein und Rheumadecke denken. Während wir uns im Gemeindekirchenrat über eine Neudefinition von Seniorenarbeit in einer Zeit Gedanken machen, in der 70-Jährige mit dem Mountainbike durch die Mittelgebirge toben, Volkshochschulkurse und den Kulturtourismus am Leben erhalten oder nach der Pensionierung noch mal eine Firma gründen, sah das hier nach traditionellem Seniorenkaffee mit Animationsbespassung und Heizdeckenverkauf aus. Und so verhielt sich das Publikum auch. Entzieht sich bei einem “richtigen“ Rockkonzert ein guter Teil der coolen Rocker im Publikum den Mitsing-, Mitklatsch-, Mitmach-Ansagen der Band erst mal eine gute Weile mit gnädigem Kopfnicken und verschränkten Armen, wedelten hier 99% der Hände bei der ersten „Nach Rechts, nach Links“-Ansage sofort wie ein Weizenfeld im Winde – wie im Schlagergarten oder im Gemeindesaal. Cool sein war hier nicht angesagt.
Auf der Bühne stand aber kein Florian Silbereisen – und auch kein „Alright, alright, alright“-Kirmesmusikant. Auf derartige Pop-Unterhaltung musste das Publikum eine gute halbe Stunde warten, bis Ray Dorset, Sänger, Gitarrist und Inkarnation von Mungo Jerry, mit der Ansage zu „Long legged Lady dressed in Black“ ankündigte, jetzt auf das erste Album von 1969/70 zurückzugreifen. Zuvor war bereits „Lady Rose“ erklungen, das aber durch lange Improvisationen in den Rock-Bereich transponiert wurde.
So stand erst einmal eine lupenreine 70er Jahre Rock-Band auf der Bühne – irgendwo zwischen Eric Burdon und Jimi Hendryx mit einer Stimme, die immer wieder an die Blues-Röhre von Roger Chapman erinnerte. Im Zentrum des Geschehens auf der einen Seite der Meister himself, mit einem ganzen Arsenal an Gitarren und immer wieder einer umgehängten Mundharmonika, sowie der sich im Laufe des Konzertes immer weiter aufbauende Schlagzeuger, ein wahres Gebirge von einem Mann, von dem man die Agilität und Power, mit der er dann vor allem im letzten drittel des Konzertes auftrumpfte, kaum erwarten wollte, als er seine pure Körpermasse zum ersten Mal mühsam hinter das Kit zwängte.
Zweites Zentrum des Bühnengeschehens war der schlaksige E-Cellist, rank und schlank, schwarz gekleidet mit Hut und einem schelmischen Dauergrinsen auf dem Gesicht – ein Typ, der die Bühne braucht, wie die Luft zum Atmen – und darin eng verwandt mit Mr. Mungo Jerry Ray Dorset selber. Das könnte übrigens sogar biologische Gründe haben. „Das ist wohl der Sohn von Dorset,“ vertraute mir der Mann am Mischpult in der Pause an. Vom Alter her könnte es fast eher der Enkel sein. Über die Identität der Musiker, die Dorset zugegebener maßen mehrfach vorgestellt hat, lies sich im Nachhinein weder in der Konzertankündigung der Kulturkirche, noch auf der Homepage von Mungo Jerry etwas finden.
Vervollständigt wurde das Line up von drei weiteren Musikern, die im Vergleich mit den ersten Drei eher Statistenrollen hatten. Da war der Keyboarder, der mit einigen Orgelparts noch am deutlichsten in Erscheinung trat. Dass der Bassist eher Hintergrundfigur bleibt, ist ja nicht unüblich. Dass der Saxophonist kaum prägende Akzente setzen konnte, dagegen schon, aber das war wohl gewollt. „Wir hatten klare Anweisung, dass das Cello immer lauter sein muss, als das Saxophon,“ so der Mann an den Reglern. „Und aus der Mitte (Gitarre und Schlagzeug; NvF) kam es schon so fett. Da bleibt wenig Raum.“
Der Cellist – Fleisch vom Fleische Ray Dorsets? |
Nach der Pause kamen dann recht bald die unvermeidlichen „Alright, alright, alright“ und vor allem „In the Summertime“, die Mutter aller Sommerhits, die natürlich nach allen Regeln der Kunst abgefeiert wurden. Aber man darf dem Publikum nicht Unrecht tun. Es trug die rockende Klänge in jeder Minute mit. Und es rockte wirklich! Zum Beispiel bei dem Leadbelly-Cover „Where did you sleep last Night“, das mit furiosen Soli aller Instrumente aufgepeppt wurde. Dorset trat dabei allerdings keine Sekunde in den Hintergrund. Er dirigierte die Solisten regelrecht. Das Konzertfinale brachte eine weitere Steigerung. Der Funk-Anteil wurde dermaßen hochgefahren, dass
Aber ist das so erstaunlich? Schließlich war nur ein kleiner Teil der Anwesenden noch älter als der Zampano auf der Bühne (Jahrgang 1946). Mit anderen Worten – viele im Saal hatten die 68er Hippie Jahre – und die sie begleitenden Bands - selber als junge Erwachsene erlebt und kaum eine(r) war so jung, dass sie für ihn oder sie ganz ferne Vorvergangenheit wären.
Für Ray Dorset ist diese Zeit bleibende Gegenwart. Die Hippie-Zeit war nicht. Die Hippie Zeit ist! Das war sein Credo an diesem Abend – durchgehend und wiederholt. „I‘ll be a Hippie til I die!“ lies er das Publikum wissen – und er wollte damit nicht allein bleiben. Es war geradezu rührend zu sehen, wie diese Menge (vor allem) älterer Damen und Herren die Finger zum Peace-Zeichen ausgestreckt die Arme in die Luft reckten. Das lässt jede Pommes-Gabel schmelzen. Ach ja, Band-T-Shirts habe ich an diesem Abend keine gesehen. Aber zwei Reihen vor uns saß eine ältere weißhaarige Dame mit einem Strickpullover a la C&A mit dem eingestrickten Slogan Rock‘n‘Roll Dreaming“. Subversiv!
Fazit: Es hat Spaß gemacht! Der Friede lebt! Und Mungo Jerrry sind live eine Macht!
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