····· Wolvespirit verkaufen Bullshit ····· Rock of Ages - Zusatzshows in 2025 ····· Ally Venable veröffentlicht Video zur neuen Single „Do you cry“ ····· Das zweite Album von Wizrd kommt zum Nikolaus ····· 40 Jahre Helloween - Das muss gefeiert werden ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Artikel

Ein Tag beim Rock am Härtsfeldsee mit u.a. Accept, Death Angel und Betontod

Info

Künstler: Rock am Härtsfeldsee 2018

Zeit: 30.06.2018

Ort: Dischingen

Internet:
http://www.rockamhaertsfeldsee.de/

Wahnsinn, wie schnell doch immer die Zeit vergeht… 2006 war ich bei Alice Cooper vor Ort, 2007 bei Motörhead und Saxon. Das Festival bietet für viele Geschmäcker etwas. Im Großen und Ganzen ist für fast alle Fans aus dem Hartwurst-Segment etwas vertreten. Für mich sind heuer Death Angel und natürlich Accept am interessantesten. Beide Bands habe ich schon mehrfach gesehen, allerdings bieten die schöne Lage des Festivals, die gemütliche Atmosphäre und die gut aufgelegten Leute dort ein ganz besonderes Musikerlebnis. Preislich geht das Tagesticket für 43 Euro auch in Ordnung, Getränke- und Essenspreise vor Ort sind sehr günstig. Noch dazu findet das Festival im Zelt statt – das Wetter kann hier auch ruhig mal spinnen und man bleibt trotzdem trocken. Hier wird das offizielle Festivalshirt für 17 Euro angeboten – kein Wunder, dass hier fast jeder mit dem Teil herumläuft! Das Wetter ist bestens und die Vorzeichen für tolle Konzerte perfekt. Am Vortag waren bereits Testament und Iced Earth am Werk. Verständlich, dass das Festival schon seit 14 Tagen ausverkauft ist.

Vor dem Festivalgelände fährt eine Band aus dem Allgäu mit ihrem kompletten Equipment herum. Das Equipment steht auf einem Gummiwagen, der von einem Traktor gezogen wird. Die Musiker sind sehr lässig drauf und wirklich gut! Der Gummiwagen wird von etlichen Fans flankiert, die zusammen mit der Band feiern. Die Security und der Veranstalter stoppen dieses denkwürdige Schauspiel. Lasst die Band doch nächstes Jahr mal bei euch spielen!

Die erste Band TENSIDE kommt aus München und besteht seit 2004. Vom Stil her sind die Jungs eher dem Modern Metal / Metalcore zuzuordnen. Die Musikrichtung ist jetzt eher nicht mein Ding, live macht die Truppe aber einen sehr guten Job. Mit bereits sechs veröffentlichten Alben und Live-Erfahrung aus Touren mit Soulfly, Sacred Reich und Auftritten auf dem Summer Breeze und dem Wacken Open Air im Rücken tritt die Band sehr selbstbewusst und routiniert auf, ohne dabei jedoch die notwendige Spielfreude vermissen zu lassen. Im Zelt ist zu der Uhrzeit noch nicht allzu viel los, trotzdem kommt die Band beim Publikum sehr gut an.

Die Wiener Punk-Band TURBOBIER ist da schon eher mein Fall. Sehr lässig und mit reichlich „Wiener Schmäh“ im Nacken lassen die Österreicher ihre Spaß-Punk-Granaten von der Leine. Auch hier sind keine musikalischen Neulinge am Start. Turbobier sind schon auf dem Wacken Open Air, Nova Rock, Summer Breeze, dem Frequency Festival, dem Open Flair und dem Szene Open-Air aufgetreten. Und das alles seit ihrem Gründungsjahr 2014! Sänger Marco Pogo (was für ein Name) kommt beim Publikum sehr gut an und sorgt für reichlich Spaß im Zelt, wozu sein wiener Dialekt ein gewaltiges Stück dazu beitragen dürfte. Highlight des Gigs: „Arbeitslos“! Die Melodie stammt von Helene Fischers „Atemlos“ und der Text von Turbobier. Bitte schaut unbedingt das Video an – sowas Lustiges habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Ein sehr kurzweiliger Gig, der Lust auf mehr macht!

Bei ANNISOKAY bin ich ziemlich schnell fertig. Soundmäßig haben die Sachsen die Richtung Post-Hardcore / Alternative-Rock für sich entdeckt. Zu Beginn hat das Quintett erhebliche Soundprobleme, weshalb sie etwas später erst beginnen. Sänger Dave Grunewald versucht in den Pausen Kontakt zum Publikum aufzunehmen. Hier tut er sich wahnsinnig schwer. Man merkt ihm an, dass ihm die Pausen sehr schwerfallen und er kein besonders spontaner Typ ist. Gesanglich kann man ihm keinen Vorwurf machen, er singt hervorragend. Seine Kollegen unterstützen ihn beim Background, im Hintergrund röhrt ein Keyboard das vom Band kommt. Trotzdem kann ich mit dieser Art von Musik rein gar nichts anfangen und wir verziehen uns zum Asia-Stand, um unsere Nährstoffversorgung zu gewährleisten.

DEATH ANGEL aus San Francisco machen das, was sie seit 1987 äußerst erfolgreich praktizieren: Man nehme eine gehörige Portion feinsten Thrash-Metal, schleudere ihn mit aller Wucht und Härte unters Volk und warte auf die begeisterten Reaktionen des Publikums. Jenes lässt sich hier nicht lange bitten und feiert die Band sehr überschwänglich. Sänger und Wirbelwind Mark Osegueda zappelt während der kompletten Spielzeit wie ein Wiesel über die Bühne und peitscht Band und Publikum zu Höchstleistungen an. Was für ein Kontrast zu dem Sänger von Annisokay: Osegueda weiß genau, wie er mit dem Publikum agiert, wirkt dabei äußerst authentisch und singt dabei hervorragend. Die Band ist ein Phänomen, was man vor allem live besonders gut sehen kann. Die Musiker spielen präzise, wuchtig und feuern so ihre Riff-Granaten zielgenau ab. Ständig ist Bewegung auf der Bühne, vor allem Bassist Damien Sisson mosht sich schier um den Verstand. Die Gitarrenarbeit von Rob Cavestany und Ted Aguilar ist aller Ehren wert, die beiden ergänzen sich perfekt. Dazu noch der Schlagzeuger Will Carroll, der den Laden mit eisernem Regiment zusammenhält. Von der Spielfreude und der Energie, die dieses Quintett über die komplette Spielzeit entfacht, kann sich so manche Band eine gehörige Scheibe abschneiden!

Setlist Death Angel:
1. Father of Lies
2. The Dream Calls for Blood
3. Claws in So Deep
4. Voracious Souls
5. The Ultra-Violence
6. Thrown to the Wolves
7. Lost
8. The Moth


Danach kommen BETONTOD, von denen ich bis jetzt auch noch nix gehört habe. Mir schwant übles, als die Band auf die Bühne kommt. Umso breiter wird mein Grinsen, als die Burschen loslegen. Die Punkband gibt es seit den 90er Jahren und hat etliche Alben veröffentlicht. Die bestens eingespielte Truppe hat mit Oliver Meister einen Sänger, der in Nullkommanix das Publikum im Griff hat und für ordentlich Stimmung im Zelt sorgt. Die Band spielt Lieder, die vom Text her sehr aus dem Leben gegriffen sind und mit dem Pathos der Böhsen Onkelz rein gar nichts zu tun haben. Im Gegenteil: Die Texte sind lebensfroh, sehr positiv und bei dem einen oder anderen Stück merke ich, dass ich bereits beginne nachzudenken. „Ich nehme Dich mit“ ist ein wunderbarer Song über die 80er Jahre. Der Band gelingt es innerhalb von fünf Minuten, mich zurück in die Vergangenheit zu katapultieren. Songs über die Liebe sind genauso dabei, wie über die alltäglichen Probleme des Alltags. Gitarrist Frank Vohwinkel hält noch eine glühende Rede gegen Nazis jeglicher Art, was vom Publikum ebenfalls sehr begeistert aufgenommen wird. Als Zugabe wird der Song „Wir müssen aufhören weniger zu trinken“ gespielt, der das Zelt in ein Tollhaus verwandelt. Die Fußballchöre im Anschluss und Wolfgang Petrys „Warum schickst Du mich in die Hölle“ hätte man sich sparen können – ansonsten war der Auftritt klasse und überhaupt nicht das, was ich mir erwartet habe. Daumen hoch für Betontod, alle Achtung!

Nun kommt mit ACCEPT mein persönliches Highlight. Die Band begleitet mich schon seit den 90er Jahren, als ich noch auf der Realschule war. Das Album Metal Heart kenne ich in- und auswendig und Staying Alive war lange Zeit eines meiner am häufigsten gehörten Livescheiben. Wenn diese Formation 25 km von mir zu Hause entfernt spielt, muss ich hin. Das neue Album The Rise Of Chaos hat 2017 etliche Metal-Fans und -Magazine begeistert, ich finde die Scheibe klasse. Mittlerweile hat sich die Band verändert. An der Gitarre ist der ehemalige Grave-Digger-Klampfer Uwe Lulis mit an Bord, am Schlagzeug sitzt mittlerweile Christopher Williams, der Stefan Schwarzmann ersetzt hat. Uwe Lulis hat das langjährige Mitglied Herman Frank ersetzt, der bis 2014 dabei war. Der Sound ist wie bei allen Auftritten äußerst laut und glasklar. Accept kommen unter riesigem Jubel des Publikums auf die Bühne und beginnen mit „Die By The Sword“ vom neuen Album. Sänger Mark Tornillo gibt Vollgas, ist jedoch stimmlich nicht besonders gut zu hören. Dies hat sich jedoch bis zu „Restless And Wild“ gut geregelt und der perfekte Hörgenuss stellt sich ein. Die beiden Hauptakteure Peter Baltes am Bass und Wolf Hoffmann an der Gitarre stehen auf einem Podest und stellen von Beginn an klar, dass sie die unangefochtenen Chefs im Ring sind. Baltes spielt und post wie ein Verrückter, für mich ist er einer der besten Metal-Bassisten aller Zeiten. Und Wolf Hoffmann ist definitiv einer der am meisten unterschätzen Gitarristen überhaupt. Wie er klassische Musik mit Metal verschmelzen lässt, ist schon gigantisch. Uwe Lulis bekommt etwas mehr Aufmerksamkeit als sein Vorgänger, trotzdem hätte auch er mehr Spotlight verdient. Warum stehen nur Baltes und Hoffmann auf dem Podest? Da gehört Lulis definitiv auch hin! So wird das nix mit dem Band-Feeling!

Die neuen Songs fügen sich sehr gut in die Klassiker ein, trotzdem: Bei den alten Stücken ist am meisten Stimmung. Die Band ärgert sich darüber nicht, sondern bringt ganz gezielt Stücke aus dieser Zeit. Mit „Restless And Wild“ und dem fabelhaften „London Leatherboys“ mit phantastischem Baltes-Intro fühle ich mich spürbar wieder 16 Jahre alt, so eine Zeitmaschine muss man erst noch erfinden. „Analog Man“ begeistert mich total, hier passen Text und Sound einfach perfekt zusammen. Mein Lieblingssong vom neuen Album! „Shadow Soldiers“ ist für mich das Highlight schlechthin vom Stalingrad-Album – schön, dass sie es spielen! „Princess Of The Dawn“ und das groovige „Midnight Mover“ lassen das Zelt im Kollektiv ausrasten, ich bin ständig in Bewegung. Unglaublich, was die da auf der Bühne abliefern!

„Heidi Heido Heida“ ertönt aus den Boxen und jeder weiß was das bedeutet: „Fast As A Shark“! Hoffmann und Lulis bringen hier die Twin-Gitarren-Solos astrein und sowas von exakt, dass einem fast schwindlig wird. „Metal Heart“ gerät zum Triumphzug, der genauso wie das abschließende „Balls To The Wall“ eben nicht künstlich in die Länge gezogen, sondern in genau der richtigen Länge präsentiert wird. Accept werden hier wie siegreiche Gladiatoren gefeiert, das ganze Zelt steht Kopf! Sichtlich angesteckt von der Partystimmung im Zelt grinsen die Musiker wie die Honigkuchenpferde und verlassen dann die Bühne.

Ich bin total fertig, meine Klamotten sind nass geschwitzt und das Grinsen aus meinem Gesicht muss man mir vermutlich Tage später operativ entfernen. Was war denn das? 90 Minuten haben völlig ausgereicht, mich und das komplette Zelt in eine wahre Accept-Mania zu versetzen!

Setlist Accept:
1. Die by the Sword
2. Stalingrad
3. Restless and Wild
4. London Leatherboys
5. No Regrets
6. Analog Man
7. Final Journey
8. Shadow Soldiers
9. Princess of the Dawn
10. Midnight Mover
11. Up to the Limit
12. Pandemic
13. Fast as a Shark
14. Metal Heart
15. Teutonic Terror
16. Balls to the Wall


Fazit: Der Samstag war für mich ein voller Erfolg. Accept waren saugeil und Bands wie Turbobier und Betontod haben wieder mal bewiesen, dass man nicht jede Band kennen muss und trotzdem Spaß haben kann, wenn man sie live sieht. Ein großes Lob an die Macher des Festivals! Ich bin gespannt, was ihr nächstes Jahr aus dem Hut zaubert! Bleibt eurer Linie treu und macht weiter so!

Stefan Graßl


Zurück zur Artikelübersicht