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Zeit: 10.08.2017
Ort: Nürnberg - Hirsch
Metal Church gehören mit einer Vielzahl von anderen Bands zu einer Liga sehr unterbewerteter Combos. Alben wie das Debüt oder Blessing In Disguise sind Metal-Granaten allererster Güteklasse. Für viel Furore in der Metalszene sorgte 2015 die Ankündigung, dass Sänger Mike Howe nach jahrelanger musikalischer Pause wieder mit an Bord ist und sogar an einem neuen Album gearbeitet wird, das 2016 mit dem schlichten Titel XI das Licht der Welt erblickt und sehr gute Kritiken bekommen hat. Damit habe ich schlichtweg nicht gerechnet!
Mittlerweile wurden bereits etliche Live-Dates absolviert, die für mich vom Datum her jedoch nicht möglich waren. Umso besser, dass die Truppe auch im Hirsch auftritt! Die Vorband bekommen wir aus Zeitgründen nur noch am Rande mit, darum gibt’s hier auch keinen Bericht drüber. Mittlerweile hat sich die Halle ordentlich gefüllt. Ich schätze, dass bis zu 500 Fans vor Ort sind.
Die Titelmelodie von „Terminator“ kündigt an: hier kommt Großes! Danach geht alles wahnsinnig schnell: Die Musiker kommen auf die Bühne geflitzt und das Nürnberger Publikum feiert die Band nach allen Regeln der Kunst ab. Das überragende „Fake Healer“ pflügt wie eine Kreissäge durch den Hirsch. Die Fans bewiesen große Textsicherheit und singen große Teile des Songs mit. Metal Church präsentieren sich als brettharte und bestens eingespielte Truppe.
Die linke und rechte Bühnenseite wird von den beiden Gitarristen Kurt Vanderhoof und Rick Van Zandt besetzt, die sich die Bälle hervorragend gegenseitig zuspielen und mit sichtlich viel Spielfreude dabei sind. Vor allem Urgestein Vanderhoof sieht man die Begeisterung deutlich an, es macht ihm wieder Spaß, auf der Bühne zu stehen. Leadgitarrist Rick Van Zandt liefert ein tolles Solo nach dem anderen ab und bekommt dafür sogar Szenen-Applaus. Bassist Steve Unger sorgt für bockstarke Tieftöner-Untermalung und übernimmt sämtliche Background-Parts. Als Neuzugang ist Schlagzeuger Stet Howland dabei, der den ausgestiegenen Jeff Plate ersetzt. Stet Howland hat etliche Jahre bei W.A.S.P. verbracht und dürfte nach der Zeit mit Blackie Lawless relativ gestärkt an seinen neuen Job herangehen. Auch er ist sichtlich froh, wieder live am Start zu sein und liefert einen hervorragenden Job ab.
Das Highlight des Abends ist jedoch Sänger Mike Howe. Mittlerweile sind die Haare kurz, aber ansonsten ist alles so, wie man es sich erhofft hat. Es ist wie bei der Drei-Wetter-Taft-Werbung von früher: Nürnberg, Hirsch, 35 Grad Celsius - die Stimme sitzt. Es ist schon sehr erstaunlich, was dieser drahtige Typ hier abliefert. Seine Stimme hat die Jahre hervorragend überdauert. Auch er selbst ist fit wie ein Turnschuh und liefert eine mitreißende Vorstellung ab. Nicht nur als Sänger ist er top - auch als Frontmann. Er heizt den Fans tüchtig ein und sorgt dafür, dass der eher introvertierte Kurt Vanderhoof aus sich rausgeht und sogar ein paar Mal lacht.
Insgesamt werden vom neuen Album vier Songs präsentiert. Hier gefällt mir vor allem „No Tomorrow“ am Besten, der Song bleibt bei mir ziemlich schnell im Gehör hängen. „Gods Of Second Chance“ klingt ebenfalls grandios. Das dazugehörige Album „Hanging In The Balance“ lief für mich zu der Zeit auf Dauerrotation. Hier sind etliche weitere gute Songs drauf, die darauf warten, entdeckt zu werden! Der Sound geht insgesamt in Ordnung. Lediglich bei den tiefen Gesangs-Parts hört man Howes Gesang nicht optimal, was jedoch zu verschmerzen ist. „Watch The Children Pray“ und das düstere „Beyond The Black“ sorgen für offene Münder im Publikum. Die Band brennt hier ein wahres Feuerwerk ab, das mit Mike Howes Stimme regelrecht veredelt wird.
Für zwei Zugaben kommt die Band noch einmal auf die Bühne. Mit „Badlands“ und dem finalen „The Human Factor“ werden zum Abschluss noch zwei Sahnestückchen präsentiert, die es in sich haben. Nach 90 Minuten Metal vom Feinsten ist dann Feierabend. Die Band bedankt sich bei einem phantastischen Nürnberger Publikum, das während der kompletten Spielzeit alles gegeben und die Band hervorragend nach vorne gepusht hat. Einziger Wermutstropfen für mich: „Gods Of Wrath“ hat definitiv gefehlt, den Song hätte ich mir auf jeden Fall gewünscht. Bereits von der Bühne herab kündigt Mike Howe an, dass sie in einigen Minuten am Merchandising-Stand für Autogramme zur Verfügung stehen werden. Hier ist dann erwartungsgemäß einiges los und die komplette Band bleibt vor Ort, bis auch der letzte in der relativ langen Schlange sämtliche Foto- und Autogrammwünsche erfüllt bekommen hat.
Fazit: Ein genialer Auftritt einer Band, die es hoffentlich in dieser Formation noch ein paar Jahre zusammen aushält. Das ist jedoch wie schon in der langen Vergangenheit dieser Truppe keine besonders sichere Sache…
Setlist:
1. Fake Healer
2. In Mourning
3. Needle and Suture
4. Start the Fire
5. Reset
6. Gods of Second Chance
7. Date with Poverty
8. No Tomorrow
9. Watch the Children Pray
10. No Friend of Mine
11. Killing Your Time
12. Beyond the Black
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13. Badlands
14. The Human Factor
Stefan Graßl
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