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Ganz auf diesen Monat, dem Juli vor 25 Jahren, kann ich mich in dieser Kolumne nicht beschränken. Dieses Mal geht es – wie bereits im Vormonat - um meine Hochzeit. Mit ihr sind vier Termine eng verbunden, und zwei davon hatten bereits im Juni 1992 stattgefunden. Es geht um
- den „Vertragstag“ in Lichterfelde (26. Juni 1992)
- das Picknick im Britzer Garten (27. Juni 1992)
- die Hochzeit im Eichsfeld (2. Juli 1992)
und
- den Brunch in Celle (5. Juli).
Auslöser für diese Feier-Dekade war ein Problem. Obwohl wir uns erst in Berlin kennen gelernt haben, stammt meine Frau, so wie ich, aus Hannover. Die Folge: Unser aktueller (gemeinsamer) Freundeskreis befand sich in Berlin; alte Freunde und Familie dagegen in Hannover. Wo also feiern? In jedem Fall hätte es eine Reihe von Einquartierungen am jeweiligen Ort geben müssen, und aufgrund des dann nötigen Aufwandes wäre möglicherweise der eine oder andere nicht dabei gewesen. Unsere Lösung verband kleine intime mit etwas umfangreicheren Feiertagen.
Am Anfang stand – im kleinsten Rahmen - das Standesamt. Außer den beiden Trauzeugen mit Ehepartnern, waren nur Janek, der Sohn von Maria aus erster Ehe, und mein Patensohn, Sohn des einen Trauzeugen, mit dabei. Das ist der “Vertragstag”. Denn eine Eheschließung ist – manch einer vergisst das – auch ein gänzlich unromantischer, rechtsverbindlicher Vertrag, der nicht nur Steuererleichterungen mit sich bringt, sondern auch eine ganze Reihe gegenseitiger Verpflichtungen, Versorgungsansprüche etc. Diese Vertragsschließung fand also ganz prosaisch im Standesamt Lichterfelde, einem sachlichen Backsteinverwaltungsgebäude, statt. Während wir uns “vertrugen” schwitzte zuhause schon der Lammbraten in der Röhre. Denn feiern wollten wir auch den schnöden Vertragstag, der uns nicht so wichtig wie die kirchliche Trauung ist, dessen Datum uns aber seitdem in allen offiziellen Dokumenten begleitet.
Nun waren wir also rechtlich verbandelt – und das wurde am folgenden Tag bei strahlendem Sommerwetter im Britzer Garten so richtig gefeiert. Ich hatte hochoffiziell beim Parkmanagement angefragt, ob das erlaubt sei. Es war! So starteten wir gleich zur morgendlichen Eröffnung in das ehemalige Bundesgartenschaugelände und reservierten uns eine kleine Halbinsel. Eine Ausnahmegenehmigung für eine einmalige Einfahrt auf das Gelände hatte ich nicht bekommen. So wurden die Getränke in mehreren Fahrten mit dem Kinderwagen meines Patensohns auf das Gelände befördert und im künstlich angelegten Flüsschen gekühlt.
Nach und nach trudelten die Gäste ein, Kommilitonen, Kollegen etc., und füllten die aufgestellten Tapeziertische mit einem üppigen und vielfältigen Buffet. Entspannter als so im Park kann man eine Hochzeit mit sicher über 50 Gästen kaum feiern.
Ein Jahr zuvor hatten wir uns offiziell verlobt. Letzter Auslöser dazu war ein spirituelles Erlebnis, das wir in der kleinen Dorfkirche von Wintzingerode im Eichsfeld hatten. Das Dörfchen liegt zu Füßen der Burg Bodenstein, die bereits seit DDR-Zeiten eine Evangelische Familienbildungsstätte beherbergt. Wir hatten sie 1991 von unserem Feriendomizil Celle aus besucht und uns sehr gut mit dem Leiter der Bildungsstätte Pfarrer Bernd Winkelmann verstanden, der auch für die Dorfkirche zuständig war. All das bewog uns diese Kirche als Traukirche auszuwählen und uns dort am Donnerstag nach dem Standesamt von Bernd Winkelmann, assistiert von seiner Frau an der Orgel, trauen zu lassen.
Der Kreis war wieder sehr intim. Zu den am Vertragstag Anwesenden kamen lediglich meine Eltern, meine Schwiegermutter, meine Großmutter und mein Bruder hinzu. Nach dem Gottesdienst gab es Mittag im Dorfgasthof und ein improvisiertes Kaffee-Trinken auf der Burg. Denn ein sehr kurzer, aber extrem heftiger Schauer, hatte die gesamte im Garten aufgebaute Kaffee-Tafel mit zentimeterhohem Pfützen in den Tassen unter Wasser gesetzt. Später saßen wir bis spät in den Abend mit dem Leitungsteam der Burg zusammen. Die unterschiedlichen Erfahrungen in Ost und West waren hier – direkt an der ehemaligen „Zonengrenze“ – wenige Monate nach dem Fall der Mauer natürlich beherrschendes Thema.
Die Feierstunde mit Familie und alten Freunden folgte am Sonntag in Celle. Dort hatte Maria mehrere Jahre gelebt und wir hatten später zwei lange Sommer dort verbracht, waren mit dem Ort also gut vertraut – und die Nähe zu Hannover machte es allen Geladenen möglich dabei zu sein. Wir hatten die erste Etage des Café Müller am Französischen Garten angemietet und damit ein Ambiente ausgewählt, dass nach der Nüchternheit des Standesamtes, dem lockeren Sommerfest im Park und dem intimen Raum von Dorf und Burg unsere Eheschließung einen ungleich elegantere Akzent hinzufügte. Zwei gebuchte klassische Gitarristen erfüllten die Räume der klassizistischen Villa so geschmackvoll mit einem akustischen Hintergrund, dass sie sogar von Gästen, die eine Etage tiefer im Café saßen, für Anschlussaufträge gebucht wurden.
Die vielfältige Heiraterei hat mich ganz offensichtlich schwer in Beschlag genommen. Als ich Anfang des Monats nachschaute, welche CDs denn für diesen besonderen Monat zur Verfügung stehen, stellte ich fest, Fischer Zs Word Salad war alternativlos die einzige CD, die ich mir im Juli 1992 zugelegt habe – und zwar erst kurz vor Monatsende am 28.7. - im Steglitzer Second Hand Lädchen Frisby. Übrigens war das, wenn ich richtig zähle, die 63ste CD, die ich dort seit Anfang 1987 gekauft habe.
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