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Titel: Listen To My Heart – Meine Liebe zum Leben
Verlag: Edel Books
ISBN: 978-3-84190488-1
Preis: € 19,95
239 Seiten
Internet:
http://www.edel.de
http://www.roxette.se
“Am 11. September 2002 brach die Hölle los.“ So beginnt die Autobiografie von Marie Fredriksson. Und die Jahreszahl ist dabei kein Druckfehler... Während ein Jahr zuvor die Hölle über New York und Amerika losbrach, erwischte sie auf den Tag genau ein Jahr später ein persönliches Schicksal: sie brach im Badezimmer zusammen, und nur wenig später wurde bei der Roxette-Sängerin ein Hirntumor diagnostiziert. Ihre Biografie Listen To My Heart, die sie 2013-2015 zusammen mit der schwedischen Journalistin Helena von Zweigbergk schrieb, erscheint nun in deutscher Übersetzung - kurz nach der offiziellen Mitteilung, dass es aus gesundheitlichen Gründen keine weiteren Live-Auftritte mehr von Roxette geben wird.
Das Buch handelt natürlich zum einen von der Lebensgeschichte Fredrikssons: von ihrer Kindheit in ärmlichen und zum Teil schwierigen Familienverhältnissen (u. a. vom Tod der Schwester und Alkoholproblemen des Vaters), von ihrer Solo-Karriere in Schweden (vor und während Roxette), den Durchbruch mit Per Gessle als Roxette (den der Vater leider nicht mehr erleben durfte) und ihrer Beziehung zu Micke, mit dem sie jetzt seit über 20 Jahren verheiratet ist und der in den schweren Jahren der Erkrankung eine wichtige Stütze war und ist. Doch zum anderen ist es vor allem ein Buch über ihre Krankheit, deren Folgen und ihren Kampf gegen den Krebs, der zwar gewonnen wurde, aber dies zu einem hohen Preis. Streng chronologisch geht von Zweigbergk bei diesem Buch nicht vor, aber dies tut dem Buch sogar recht gut: Mal erzählt Marie Fredriksson rückblickend ihre Erinnerungen, mal Helena von Zweigbergk von ihren aktuellen Gesprächen und Erlebnissen mit ihr. Und wie ein roter Faden zieht sich das Thema Hirntumor, ein Wort, das Fredriksson erst jetzt so richtig über die Lippen kommt, durch das Buch.
Am 11. September 2002 war Marie Fredriksson 44 Jahre alt, ihre Kinder damals 9 und 5. Die ersten Prognosen der Ärzte gaben ihr damals noch ein Jahr, vielleicht zwei und „im allerbesten Fall noch drei weitere Jahre“. Wider Erwarten hat sie mittlerweile den Krebs besiegt, doch nach allen Operationen und Therapien (u.a. große Cortisongaben mit den üblichen, auch äußerlichen Folgen) ist zwar der Tumor gestoppt, aber als genesen kann man Marie leider nicht bezeichnen: ihr „Bestrahlungsschaden“ führt zu allerhand Einschränkungen: neurologische Schäden, Gleichgewichtsprobleme, gravierende Probleme mit dem Fuß, mittlerweile auch mit der Hand, was sogar das Essen schwierig macht.
Fast zwei Jahre konnte sie kaum sprechen, ihr Kurzzeitgedächtnis hatte stark gelitten und noch heute hat sie große Schwierigkeiten mit dem Lesen (fast unmöglich) und mit dem Schreiben (nur sehr langsam möglich). Aber sie kämpfte sich durch und bestritt viel beachtete Tourneen sowohl solo in Schweden als auch mit Roxette auf der ganzen Welt, für die sie übrigens alle Texte mühsam neu auswendig lernen musste. Die letzte Roxette-Tour musste sie letztlich sitzend bestreiten, da sie ohne Stütze selbst kurze Wege nicht mehr alleine bewältigen kann. Ihre „Liebe zum Leben“ hat sie dennoch nicht verloren, aber leider wird es keinen weiteren Live-Auftritt mehr von Roxette geben. Der wohl definitiv letzte war im Februar 2016 in Südafrika, nach einem Sturz im April wurden die geplanten Konzerte für den Sommer abgesagt. “Es ist vorbei.“ und “Was für eine verdammt gute Band wir waren!“ lesen wir in ihrem aktualisiertem Nachwort aus dem Sommer 2016.
Ein Buch, das zu Herzen geht, das betroffen und nachdenklich, aber auch Mut macht.
Jürgen Weber
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