Artikel
Nachdem mich im Januar dieses Jahres der Tod von David Bowie wie ein Schlag getroffen hat, trifft mich nun der plötzliche Tod von Prince wie ein Keulenschlag. Prince hat für meine Generation (Geburtsjahr 1967) ungefähr den selben Stellenwert gehabt, wie ein David Bowie für die Jahrgänge meiner Schwester (1962) oder aber auch meines Cousins (1956).
Prince Roger Nelson war das Enfant Terrible der 80er-Jahre-Popmusik, der Gegenentwurf zu schalen Elektropop, ebenso wie zum eher niedlichen Michael Jackson. Und er war ein musikalisches Multitalent, ein nimmermüder Tausendsassa, der sich einen Dreck um Musikstile geschert hat. Geht nicht, gab es nicht für ihn. Vom Funk und Rock kommend spielte er sich schon in seinen frühen Erfolgsjahren von Funk durchzogenen Poprock (Purple Rain), Psychedelic Pop mit heftigen Psychedelic-Jazz-Einflüssen (Around the world in a day), jazzbeeinflussten Pop mit Funk und Diskoeinflüssen (Under the Chery Moon), bis hin zu seinem quasi alle Stile vermengenden Meisterwerk, dem Doppelalbum Sign 'o the Times. (Welches eigentlich sogar ein 3-Fachalbum werden sollte, was die Plattenfirma jedoch unterband).
Am Anfang der 90er definierte er dann mal so eben noch den Standard für Rap, Hip Hop und R´n´B. Danach begann er sich mit seiner Plattenfirma zu streiten, nein besser, er kämpfte um seine Rechte an seiner Kunst und auch der Kunst anderer. Durch seinen frühen Einstieg in eine freie Vermarktung seines Materials mit Hilfe des Internets oder anderer Träger (ein Album ließ er ausgewählten Musimagazinen beilegen) war er dann einer der Wegbereiter für heutige Plattformen wie Bandcamp und die erfolgreiche Eigenvermarktung.
Durch die Aktion mit dem Symbol ("The Artist formerly known as Prince"), aber auch weil er sich Mitte der 90er ein wenig musikalisch verzettelte, verblasste sein Ruhm ein wenig. Trotzdem genoss er weiterhin alle Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, wenn er eines seiner zahlreichen Alben veröffentlichte und natürlich vor allem wenn er auf Tour ging. Seine Konzerte galten zu allen Zeiten als Event und waren stets ausverkauft. Später, spätestens mit dem unterschiedlich aufgenommenen The Rainbow Children von 2001, auf dem er viel mit Jazz, Gospel aber auch Psychedelic und Rock experimentierte, begann er wieder innovativer zu werden, obwohl er sich in der Folge durchaus auch mal Rückgriffe auf die eigene Karriere gönnte.
Auch textlich wusste sich Price stets innovativ, aber auch provokativ in Szene zu setzen. Auf vielen seiner Alben prangt der berühmte Warnaufkleber. Dies aber wohl zumeist nur wegen einzelner Worte. Denn Prince brach auch mit seinen Texten viele Tabus, aber in meinen Augen ohne jemals über andere Personen verletzende Grenzen zu gehen oder peinlich zu werden. Auf der anderen Seite verfasste er fantastische Texte zum Nachdenken wie zum Beispiel "Pop Life" (Drogensucht) oder "The Cross" (Glauben). Und "Purple Rain" besitzt nicht nur das geilste Gitarrensolo der 80er Jahre, sondern wohl auch den besten Balladentext dieser Dekade.
Genau wie David Bowie erfand sich Prince musikalisch und äußerlich mit jedem Album neu und genau wie David Bowie kann man seine Musik hassen, aber niemand wir ihm seinen künstlerischen Wert, seine Einzigartigkeit und seine Glaubwürdigkeit absprechen können. Eine weitere seiner Stärken war, dass er unbekannte Künstler unterstütze und sie entweder in seiner Band aufnahm und förderte oder ihnen seine Kompositionen zur Verfügung stellte. Ohne ihn wären wohl keine Sheila E. und keine Wendy und Lisa so erfolgreich geworden. Auch stellte er Kompositionen für bereits bekanntere Künstler zur Verfügung. Zu nennen wären da Sinhead O´Connor, The Bangles oder The Time.
Auch wenn ich weder alles von Prince kenne, noch alles von dem, was ich kenne mag (wohl aber das meiste), so war er ein wichtiger Baustein in meiner persönlichen Musikentwicklung und hat mit seiner Musik für viele emotionale Momente in meinem Leben gesorgt. Über seine Relevanz für die Musik seit den späten 70er Jahren sowie sein Können an seinen Hauptinstrumenten Gitarre und Keyboard gibt es nichts zu diskutieren.
Nun müssen wir also auch diesen großen Mann der Popmusik in den Himmel ziehen lassen. 2016 ist ein schlechtes Jahr für Musikfans. Und Gott muss ein riesengroßer Musikfan sein.
Danke, Prince für das was Du uns gegeben hast!
Wolfgang Kabsch
Zurück zur Artikelübersicht |