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D-A-D live in Nürnberg: Retrotour der besonders spaßfördernden Art

Info

Künstler: D-A-D

Zeit: 01.05.2016

Ort: Nürnberg - Hirsch

Internet:
http://www.d-a-d.dk
https://www.facebook.com/d.landafterdark

D-A-D sind seit Jahren ein fester Garant für gute Laune und schweißtreibende, emotional vorgetragene Rock'n'Roll-Musik mit Humor und Leidenschaft. Dieses Mal hat die Band kein neues Album im Gepäck. Stattdessen haben die Dänen mit den beiden Klassikeralben Riskin’ It All und No Fuel Left For The Pilgrims - ihre beiden erfolgreichsten Scheiben - am Start, die es auf dieser speziellen „Riskin’ It All For The Pilgrims“-Tour in voller Länge auf die Ohren gibt. Das kann man als einfallslos und vorhersehbar bezeichnen. Für mich ist es ein spezielles Schmankerl, da man diese Hitdichte so normalerweise nicht bekommt.

Als Anheizer sind die schwedischen THUNDERMOTHER am Start. Die Rockband besteht komplett aus Frauen und zeigt von Beginn an, dass sie keinerlei Scheu vor dem Nürnberger Publikum haben. Die Musikerinnen um Frontröhre Clare Cunningham geben eine ziemliche Schlagzahl vor. Der rotzige Rock'n'Roll, der sich weitestgehend an Bands wie AC/DC oder Bullet orientiert, gefällt mir außerordentlich gut. Die großen Posen, die einfach zu dieser Art von Musik gehören werden punktgenau und zielsicher durchgeführt - inklusive Headbanging versteht sich. Dazu zwei bissige Lead-Gitarren und ein wummernder Rickenbacker-Bass. Was will man mehr? Bei einem Song lässt es sich die Lead-Gitarristin Filippa Nässil nicht nehmen, ein Bad in der Menge zu nehmen. Sie geht von der Bühne und läuft mit der Gitarre im Anschlag durchs Publikum. Auf einmal steht die Frau direkt neben mir und ich erschrecke richtig. Sie ist nicht besonders groß und wurde von mir nicht sofort bemerkt… Das Nürnberger Publikum quittiert die famose Leistung mit viel Beifall und feiert die schwedischen Rockerinnen ordentlich ab.

Der Hirsch füllt sich danach ziemlich, es sieht fast so aus, als wäre mein „Wohnzimmer“ wieder ausverkauft. Dass D-A-D eine Band mit viel Humor ist, zeigt sich wieder einmal in dem Backdrop. Es ist ein Hirsch dort abgebildet, der im Hintergrund einer Wohnzimmerkulisse thront. Wo findet das Konzert denn gleich noch einmal statt?! Ein irres, lautes Lachen aus den Lautsprechern kündigt das Kommen der illustren Truppe an. Der Hirsch tobt und passend dazu legen D-A-D mit „Bad Craziness“ los. Auch heute bekommt man natürlich wieder etwas fürs Auge präsentiert. Zuständig dafür ist der Bass-Hüne Stig Pedersen, der sich heute mit einem alten Kostüm und einem riesigen Hut ausgestattet hat, die mich sehr an die Schlacht um Waterloo erinnern.

Schlagzeuger Laust Sonne ist der Herr der Dampfkessel. Stoisch und erbarmungslos drischt er auf sein Arbeitsgerät ein und lässt seinen Mitmusikern dabei kaum eine Verschnaufpause. Ansagen werden kaum welche gemacht. Jesper Binzer spricht manchmal auf Deutsch mit dem Publikum, meistens versteht man ihn auch ganz gut. Die Sprüche und Gags um seinen Schlagzeuger Laust Sonne kennt man teilweise schon von Festivals. Heute zünden diese so nicht unbedingt, was vielleicht daran liegt, dass Festivalbesucher am Nachmittag schon deutlich mehr Promille im Tee haben. Jesper Binzer hat sich wie immer in der Bühnenmitte postiert. Seine Stimme ist der Hammer, er röhrt und schreit, dass es eine wahre Freude ist. Der Typ durchlebt die Songs förmlich. Hier ist nichts aufgesetzt oder einstudiert. Der Typ explodiert auf der Bühne. Das beeindruckt mich jedes Mal wieder. Wenn man ihn bei „I Won’t Cut My Hair“ beobachtet weiß man, dass er garantiert niemals einen Friseurladen aufsuchen wird. Auch sonst ist er bestens gelaunt und hat sein Publikum fest im Griff.

Der Sound ist laut, aber klar und deutlich ausgesteuert. Vor allem die fabelhaften Backing-Vocals, bei denen alle Bandmitglieder mitwirken klingen phantastisch. Von den einzelnen Songs her gefällt mir das Album Riskin’ It All ein kleines bisschen besser. Außerdem beinhaltet das Album mit der vorzüglichen Ballade “Laugh n’ A ½”. Ein Juwel das auch bei regulären Konzerten für mich immer ein Highlight darstellt. Nach diesem emotionalen Song kündigt Jesper Binzer eine kurze Pause an und macht darauf aufmerksam, dass No Fuel Left For The Pilgrims in umgekehrter Reihenfolge gespielt wird.

Das Ende der Pause verpasst keiner, da die Band ziemlich rüde mit dem kaputten „I'll Will“ einsteigt. Das hohe Party-Level der ersten Hälfte wird mit Songs wie „Siamese Twins“, „Overmuch“ oder dem genialen „Lords Of The Atlas“ locker gehalten. Die Band selbst zeigt auch in der zweiten Hälfte keinerlei Abnutzungserscheinungen. Bassist Stig Pedersen scheint - jetzt mit einem anderen Hut ausgestattet - auch in der zweiten Hälfte noch einmal richtig aufzublühen. Auch heute hat er wieder zahlreiche verschiedene Bass-Modelle dabei. Da wären zum Beispiel der Raketenbass, der „Glühbass“ und das Modell, das komplett verkehrt herum aufgebaut ist zu nennen. Sämtliche Bässe haben nur zwei Saiten, klingen fett und sind von der Größe her ziemlich überdimensioniert. Als neues Exemplar hat er einen Bass dabei, bei dem der Korpus ein eisernes Kreuz darstellt. Die Kopfplatte ist mit einem kleinen, originalen roten Flugzeugmodell aus dem ersten Weltkrieg ausgestattet.

In Kombination mit Stig Pedersen, seinen Kostümen und seinen Hüten macht dies einen mehr als irren Eindruck. Der Kerl scheint bei den Liedern förmlich in einer anderen Welt zu schweben. Er springt auf das Schlagzeug, hüpft wieder herunter und posiert dabei natürlich wie ein Weltmeister. Gitarrist Jakob Binzer sieht mit einem Zylinder immer mehr aus wie ein Schauspieler aus einem Western, als ein Musiker. Gitarrentechnisch gehört er für mich zu den ganz großen, er wird leider auch gnadenlos unterbewertet. Er ist als Gitarrist sehr abwechslungsreich, spielt gefühlvoll und ruppig. Noch dazu zaubert er regelrechte Twang-Guitar-Klangteppiche, die mich immer wieder vom Hocker hauen.

Als „Point Of View“ und das lässige „Jihad“ vorbei sind, macht Jesper Binzer in einer mitreißenden Ansage auf den Gassenhauer „Sleeping My Day Away“ aufmerksam. Hier geht wie fast beim gesamten Auftritt ziemlich die Post ab. Das Nürnberger Publikum feiert zusammen mit den Dänen eine Rock'n'Roll-Party der Extraklasse. Ohne Zugabe kommen D-A-D natürlich auch heute nicht von der Bühne. Diese Aufgabe übernimmt der überragende Stig Pedersen, der diesmal bei seinem Song „It’s After Dark“ den Hauptgesang übernimmt. Der originelle Text bietet einen tollen Abschluss eines mitreißenden Konzerts.

Nach fast zwei Stunden Spielzeit sind Band und Publikum aus dem Häuschen, aber auch ziemlich fertig. D-A-D haben wieder einmal bewiesen, dass sie live eine Bank sind und zu jeder Zeit in der Lage sind, ein Publikum in einen Hexenkessel zu verwandeln. Daumen hoch für die verrückten Dänen!


Setlist:
Bad Craziness
D-Law
Day of Wrong Moves
Rock 'n' Rock Radar
I Won't Cut My Hair
Down That Dusty 3'rd World Road
Makin' Fun of Money
Grow or Pay
Smart Boy Can't Tell Ya'
Riskin' It All
Laugh 'n' a ½
---
Ill Will
Wild Talk
Siamese Twin
Overmuch
Lords of the Atlas
Girl Nation
True Believer
ZCMI
Rim of Hell
Point of View
Jihad
Sleeping My Day Away
---
It's After Dark

Stefan Graßl


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