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Zeit: 10.04.2016
Ort: Nürnberg - Hirsch
Internet:
http://www.tenyearsafternow.com
Ten Years After haben letztes Jahr auf dem Lieder am See-Festival in Spalt im Nachmittagsprogramm gespielt. Der Auftritt hat mich regelrecht vom Hocker gerissen. Schon damals war klar, dass ich mir die Band bei einem Hallenkonzert noch einmal geben werde. Eine Vorband gibt es an diesem Abend nicht, etliche Rockfans stehen noch im Biergarten und genießen die Sonne. Der Hirsch füllt sich zusehends, kurz vor Beginn ist die Hütte ziemlich voll.
Ten Years After starten mit dem Song „Sugar The Road“, der einen guten Einstieg bietet. Hier werden die Instrumente noch minimal nachjustiert, aber der Sound ist hier schon ausgezeichnet. Die mit Sänger und Gitarrist Marcus Bonfanti und Bassist Colin Hodgkinson rundum erneuerte Truppe strahlt vom Fleck weg eine Spielfreude aus, die sofort das Publikum ansteckt. Die alten Recken Chick Churchill an den Keyboards sowie Ric Lee am Schlagzeug leben mit den beiden neuen Musikern spürbar auf. Vor allem Bonfanti bringt mit seinem ergreifenden, leidenschaftlichen Gesangsvortrag ordentlich Schwung in die Bude und verpasst den alteingesessenen eine Art Frischzellenkur, wie ich dies so bisher noch bei keiner Band beobachtet habe. Der Typ rockt, singt phantastisch und spielt eine brachiale E-Gitarre. Dazu packt er auch noch bei diversen Songs eine Bluesharp aus, dass einem Hören und Sehen vergeht.
Bereits nach sehr kurzer Zeit kommt Bewegung ins Publikum. Die Songs animieren zum Tanzen und die Band genießt es sichtlich, dass ihre Hits so gut ankommen. Chick Churchill, der Keyboard-Großmeister am rechten Bühnenrand, gehört für mich zu den Besten seines Fachs. Im Duett mit Bonfanti sägt er sich teilweise recht rüde durch einzelne Songs und beweist damit eindrucksvoll, dass die Hammond-Orgel ein wütendes, aggressives Instrument sein kann, dass einer E-Gitarre teilweise locker die Schau stiehlt. Besonders gut zu beobachten ist dies bei „Standing At The Station“, das Chick zu seinem ganz eigenen Song macht. Auch die anderen Musiker sind allesamt klasse und zeigen dies auch in musikalisch hochwertigen Soli. Bassist Colin Hodgkinson legt ein Basssolo hin, das man wirklich gesehen haben muss. Dabei singt er noch ganz lässig mit, als wäre es das leichteste von der Welt. Normalerweise sind Basssolos eher etwas Langweiliges. Hodgkinson macht seine Arbeit jedoch so gut, dass er mit Sprechchören vom Publikum gefeiert wird.
„50 000 Miles Beneath My Brain“ ist für mich der fleischgewordene Hippie-Traum, der sich langsam aber sicher in eine psychedelische Nebelwand hüllt, sich mit jeder Sekunde steigert und in einem genialen Abschlussteil wie immer einen Höhepunkt des Konzerts darstellt. Spätestens hier haben die Musiker das Publikum fest im Griff. Die Fans im Hirsch tanzen fast komplett mit, singen begeistert einzelne Textpassagen und feiern die Musiker ordentlich ab. „The Hobbit“ wird von Schlagzeuger Ric Lee zu einem grandiosen Schlagzeugsolo umfunktioniert. Das Ganze ist natürlich nicht neu, aber hinsichtlich seines Alters doch ziemlich Respekt einflößend. Anschließend hält er eine kurze Rede, bei der er die Bandmitglieder vorstellt und sich für die Unterstützung der Fans bedankt.
„I Say Yeah“ wird zum Partykracher, bei dem der Hirsch zur Feiermeile umfunktioniert wird. „Good Morning Little Schoolgirl“ nutzen Colin und Marcus, die sich im Stil der ganz alten Blues-Schule auf der Bühne mit ihren Instrumenten duellieren. So was sieht man nicht alle Tage! „Help Me Baby“ sprüht geradezu vor Political Correctness und dürfte vermutlich jeder Frauenbeauftragten die Haare zu Berge stehen lassen. Trotzdem: Der Song groovt wie die Hölle und funktioniert bestens! Marcus Bonfanti nimmt man den Macho zu jeder Sekunde ab, der Typ ist gesanglich und von der Performance her einfach der Hammer.
Das Woodstock-erprobte „I’m Going Home“ ist ein fester Bestandteil eines jeden TYA-Konzerts. Der Song ist für mich mittlerweile jedoch ein bisschen abgedroschen. Aber: Ohne diesen Song können die Jungs schlicht und ergreifend nicht von der Bühne. Das Publikum reagiert jedoch so enthusiastisch, dass den alten Recken nichts anderes übrig bleibt, als mit einer Zugabe in Form von „Choo Choo Mama“ wieder zurück auf die Bühne zu kommen. Nach über zwei Stunden ist dann auch wirklich Schluss und die Musiker verabschieden sich vom Klasse-Publikum in den verdienten Feierabend. Nach der Show werden noch Autogramme geschrieben, der Andrang ist hier erwartungsgemäß sehr groß.
Fazit: Diese Band hat Spaß auf der Bühne, Power in den Backen und verbreitet einfach gute Laune! Alter. was ist das?
Setlist:
1. Sugar the Road
2. One of These Days
3. I'm Coming On
4. I'd Love to Change the World
5. Hear Me Calling
6. Me and My Baby
7. Working on the Road
8. Colin's Thing (Bass-Solo)
9. 50,000 Miles Beneath My Brain
10. The Hobbit
11. Love Like a Man
12. Standing at the Station
13. I Say Yeah
14. Good Morning Little Schoolgirl
15. Help Me
16. I'm Going Home
17. Choo Choo Mama
Stefan Graßl
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