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Obscured by Clouds ist der zweite und letzte von Pink Floyd für einen Film geschriebene Soundtrack und erschien 1972. Erstaunlich eigentlich, das nach dem Flop des Films More eine weitere Zusammenarbeit zwischen den Floyds und dem französischen Regisseur Barbaret Schroeder zustande kam. Allerdings war der Film, der die Reise einer Dame aus guten Kreisen in den Urwald Neuguineas beschreibt, ebenso erfolglos wie More. Die Geschichte beschreibt im Grunde erneut ein Hippiethema: die Reisegruppe mit der Dame trifft auf einen völlig von der modernen Welt unabhängigen Eingeborenen Stamm und kommt so auf die Idee, ihr eigenes, neues und unabhängiges Volk zu gründen. Der Film war anfangs unter seinem Originaltitel La Vallée fast gänzlich erfolglos. Annähernd seine Kosten einspielen konnte er erst, nachdem er unter dem Namen des Soundtracks zum Album, eben Obscured by Clouds, und dem Hinweis auf den Urheber des Soundtracks erneut veröffentlicht wurde.
Doch es gibt weitere Parallelen der beiden Soundtracks. Auch Obscured by Clouds entstand in einer kurzen Pause zwischen zwei größeren Projekten der Band. More entstand zwischen Ummagumma und Atom Heart Mother, Obscured by Clouds zwischen Meddle und Dark Side of the Moon. Die Band komponierte und produzierte das Album in wenigen Tegen, während einer Pause ihrer Tournee auf welcher sie bereits Dark Side live testete und weiterentwickelte. Außerdem ist Obscured wie More ein sehr songorientiertes Album. Abweichend ist die Tatsache, dass Obscured kaum noch psychedelische oder Spacerockantelie hatte, sondern schon fast ein Hardrockalbum war bzw. ist.
Das Album beginnt mit einem lang gezogenem Synthesizersound, der das Titelstück einleitet. Ein etwas an rituelle Klänge erinnerndes Schlagzeug und ein pumpender Bass treiben das Stück voran. Die Keyboards breiten sich schwer und doch schwebend über das Soundbild aus. Und dann setzt Gilmours Gitarre ein. Äußerst prägnant und schwer rockend, wie man es zuvor wohl noch nicht von der Band gehört hatte. Das trifft auch für das zweite Stück “When you're in“ zu. Dieses wird mit einem offensiven Schlagzeugeinsatz eröffnet. Ansonsten ist es im Grunde "Obscured...“ Part 2, nur sind alle Instrumente nun noch rockiger, noch offensiver.
Das folgende "Burning Bridges“ ist dann eine der seltenen frühen Wright-/Gilmour-Kompositionen. Und das hört man der schönen Ballade auch an. Eine typische, verspielte und, ja doch, psychedelische Orgel verbindet sich mit Gilmours typischen Floyd-Riffs und auch ein paar Schnipseln seiner durchaus vorhandenen Blues- und Country-Leidenschaft. Besonders schön auch die perfekt harmonierenden Stimmen der beiden. Einer der seltenen Floyd Songs mit Richard Wrights herrlich melancholisch, verträumter Stimme.
Auf “The gold is in the...“ traut man dann erst seinen Ohren nicht. Ein absolut straighter Rocksong - knackige Riffs, wenig verspieltes. Natürlich ein geiles Gitarrensolo eingebaut. Dürfte den Floyd-Fan der frühen Tage seinerzeit ganz schön verwundert haben.
“What´s... ooh the deal“ liefert dann die nächste Ballade, diesmal aus der Feder von Waters und Gilmour. Dieses Stück erinnert dann noch am meisten an die kurzen Stücke auf Meddle oder Atom Heart Mother. Perlende Akustikgitarre, ein dem Jazz angelehntes Piano, ein langsam pumpender Bass und dazu Gilmours feiner Gesang. Ein wenig Beatlesanklang kann auch nicht verleugnet werden. Wunderschön auch Wrights Pianosolo am Schluss. "Mudmen" hat dann tatsächlich so etwas wie Soundtrackcharakter. Die prägnanten Keyboards von Gilmour, darüber perlende Glockenklänge aus dem Synthesizer, das schleppende Schlagzeug - und all diese schönen Klänge arbeiten auf eines der besten und schönsten Gilmour Gitarrensolos hin.
Die zweite Seite der LP wird mit einem weiteren Track eröffnet, der tatsächlich eingangs Soundtrackcharakter besitzt: “Childhoods end“. Droneartige Keyboards mit verspielter Farifasaorgel eröffnen das Stück atmosphärisch und bedrohlich. Doch dann setzen Gitarre, Schlagzeug und Bass sowie ein puckernder Beat wohl aus dem Synthesizer ein und eröffnen einen weiteren, straighten Rocker. Doch dieser hat es durchaus in sich. Den hört man in den Track hinein, erhält man wunderbare Keyboardparts, geniale kurze Gitarrenoli und für Pink Floyd ein wahres Rhythmusmonster.
Darauf folgt mit Free Four“ dann eine echte Single. Straffer Rhythmus, eingängige Riffs, coole Gesangslinien und beeindruckende Synthesizer Songs. Und natürlich enthält auch “Free Four“ ein grandioses Gitarrensolo, welches 1972 aber für Pink-Floyd-Verhältnisse überraschend rockig und hart war. “Free Four“ wurde in den Staaten übrigens tatsächlich sehr erfolgreich als Single ausgekoppelt.
Darauf folgt mit “Stay“ eine weitere Ballade. Diesmal eine Wright-/Waters-Kompositionen und deshalb wohl wieder etwas piano- und keyboardlastiger. Und eine weiteres seltenes Stück, dem Wright auch den Text und seine Stimme beisteuerte. Die Verbidung aus dem schwungvollen und doch gefühlvollen Keyboards mit der schwebenden, eher dem Blues entliehenem Gitarre, die schöne Melodie. Alles passt sich wunderbar zu einem schönem Kleinod von Song zusammen.
Abgeschlossen wird das Album von “Absolutly Curtains“, welches dann wieder den Sountrackcharakter übernimmt und auch wieder etwas mehr Psychedelik einfließen lässt. Dunkle Synthesizerklänge dominieren den Sound. Psychedelische Keyboardklänge mengen sich ebenso wie rituell anmutende Perkussionen. Um das Thema zu treffen mischen sich dann auch noch sehr gekonnt die Sangesklänge des Stammes mit ein, auf den die Reisegruppe im Film trifft. Diese beenden dann auch das stück in einer Weise, die ein wenig an die afrikanischen Gesangsklänge aus Peter Gabriels BIKO erinnern, entstanden, eben jedoch knappe sieben Jahre vorher.
Obscured by Clouds ist wie More kein typisches Soundtrackalbum, sondern erstaunlicherweise eines der songorientiertesten Alben der Band. Viel wichtiger noch, gibt dieses oft vergessene Album schon viel Auskunft über das, was die Band in den Jahren 1973 - 1983 machen sollte. Zum einem lernte die Band mit diesem Album den Einsatz der frisch auf den Markt erschienen Synthesizer. Viele der Keyboardklänge erinnern an die Soundexperimente von Dark Side of the Moon. Ebenso wie einige Gitarren schon einmal den Blick auf ihr Meisterwerk von 1973 richteten. Ferner sind die härteren Pasagen bereits durchaus Hinweise auf Stücke wie Money oder Have a cigar, aber eben noch vel mehr auf Animals oder The Wall. Und, noch veblüffender, einige der Gitarren und Orgelpassagen erinnern mich in Ihrer Transparenz und in ihrem Zusammenspiel an Passagen von The Final Cut. Man könnte sogar noch weiter voraus gehen, denn die beiden oben erwähnten Richard-Wright-Kompositionen, insbesondere seine Zusammenarbeit mit Gilmour auf “Stay“, erinnern deutlich an Wrights Widergeburt unter Gilmours Floyd-Variante ab 1987.
Somit kann man Obscured by Clouds mit Fug und Recht als Scheidepunktalbum für die Band betrachten, als den Wandelpunkt der Band von den psychedelischen und Spacerockvorreitern zu den Soundästheten des Rock der Jahre ab 1973. Wobei natürlich hier durschaus ein Zusammenspiel der gleichzeitigen Arbeit an eben Obscured und Dark Side of the moon mit einbezogen werden muss. Ähnlich wie bei More schaften es auch nur wenige Stücke in das Liveset der Band. So wurden lediglich “Obscured by Clouds“ zusammen mit “When you´re in“ sowie “Childhoods End“ in das Liveprogramm der oben erwähnten Testtour zu Dark Side 1972 und 1973. Jedoch verschwanden die Stücke auch recht schnell wieder aus dem Set. Eigentlich bei der hohen Songausrichtung der Scheibe etwas seltsam.
Als private Randnotiz kann ich berichten, dass dieses Album bei mir am Beginn meiner Floyd-Besessenheit einen sehr hohen Stellenwert besaß. Dies ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass diese Scheibe zum Inventar der von mir schon mehrfach erwähnten Musikbibliothek Bielfeld gehörte und ich sie mir dementsprechend dort auf Kassette habe überspielen lassen. Zum anderen stellt das Album natürlich auch für Spätgeborene wie mich ein tolles Tor in die andere Richtung dar. Da ich über The Wall eben eher über die songorientierte Phase in die Band gekommen war, hatte ich mit ihrem Frühwerk so meine Probleme. So gefielen mir von Atom Heart Mother und sogar Meddle anfangs die kurzen Stücke besser und in Alben wie Ummagumma und vor allem Piper kam ich fast gar nicht rein. Doch über Obscured und auch More habe ich dann langsam auch in die andere, psychedelische Welt der Band gefunden und mir so einen neuen musikalischen Kosmos geöffnet.
Deshalb sind beide Alben bei mir heutzutage zwar selten im Player, jedoch unterschätze ich ihren Stellenwert nicht und kann sie, wenn sie dann laufen, immer wieder genießen.
Bewertung:
Musik: 8
Text(e): 8
Produktion, Klang: 8
Cover: 8,5
Gesamt: 16,125
Wolfgang Kabsch
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