····· Ringo setzt sich den Stetson auf ····· Der Oktober 2024 wird zum MC5-Monat ····· Kool & the Gang kommen in die „Rock’n’Roll Hall of Fame“ ····· Isolation statt Desolation - The Sweet re-releasen ihr Corona-Album ····· Deep Purple laden Jefferson Starship als Special Guests ein ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Artikel

25 Years after - Mein Leben mit der CD; Folge 51: Bruce Cockburn - Big Circumstances

Radikalität ist oft ein Kennzeichen, das den Menschen in der Zeit prägt, in dem er vom Jugendlichen zum Erwachsenen wird. Man kann diese Radikalisierung aus der Sicht des edel Gereiften als späten intellektuellen Auswuchs der Pubertät belächeln, oder ihr Nachlassen vom Standpunkt des standhaft Gebliebenen als verräterische Anpassung diskreditieren – oder man kann versuchen zu verstehen, warum der Mensch an diesem Angelpunkt seiner Entwicklung in besonderer Weise zur Radikalität neigt. Denn die Antwort drauf ist gar nicht so schwer.

In diesen Jahren ergreift man zum ersten Mal bewusst Position – nicht weil man etwas vom Elternhaus mitbekommt, oder weil die Peergroup es einfordert, sondern weil man Impulse, die man von dort und dort – und auch anderswo her – bekommt, verarbeitet und zu einer eigenen Position verarbeitet hat, die zu verteidigen und eventuell sogar zu propagieren man bereit ist. Das kann so weit gehen, dass man das persönliche Umfeld wechselt und sich dorthin begibt, wo man Unterstützer der gefunden geistigen Wahlheimat findet.

Natürlich ist man sich seiner Sache – wenn man ganz ehrlich ist – so ganz sicher doch nicht. Und dann ist es gut, wenn man (möglichst prominente) Mitkämpfer hat, die denselben Standpunkt vertreten. Die eigenen sich natürlich auch klasse, um die Anders-Denkenden zu provozieren – liebend gern erst mal die Eltern. Was war das geil, als es durch die Presse ging, dass der Schlagerfuzzy Howard Carpendale in seinen Konzerten nicht nur zur Unterzeichnung des Krefelder Appells aufrief, sondern ihn auch gleich noch im Konzertsaal zur Unterschrift auslegen lies.

Bruce Cockburn erfüllte Support und Provokationsmöglichkeit in den 80ern gleich im Doppelpack. Mit seiner kritischen Haltung gegenüber der Rüstungspolitik, seiner Unterstützung von Befreiungsbewegungen in der „Dritten Welt“ und seiner industriekritischen Umwelthaltung unterstütze er die eigene links-alternative Haltung natürlich erst einmal.

Aber der Kanadier konnte mehr. Begab man sich als Christ damals direkt in die entsprechende Arena, musste man mit Spott oder beißender Kritik an Kirche, Religion, Christentum und Glauben rechnen. Klar reizte das auch an dieser Stelle zur Provokation. Und Bruce Cockburn, der auch noch auf dem DKP-nahen Label Pläne erschien, wurde zum doppelten Joker. Politisch gegen das Establishment und weltanschaulich bekennender Christ. Besser ging’s nicht.
Und musikalisch war von ihm auch einiges zu erwarten, was er nicht nur auf der von mir vor genau 25 Jahren erworbenen CD Big Circumstances bewiesen hat.

Norbert von Fransecky


Zurück zur Artikelübersicht