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Info
Zeit: 17.10.2014
Ort: München - Circus Krone
Internet:
http://www.foreigneronline.com
Es ist immer wieder etwas Besonderes, wenn sich gestandene Rockbands dazu entschließen, ihre Songs im Unplugged-Stil live zu präsentieren. Dies war in diesem Jahr schon bei den Scorpions in Stuttgart so und auch andere Bands haben dies schon sehr erfolgreich durchgeführt - siehe Tesla, Dokken oder Kiss. Foreigner haben ihre größten Hits erst 2011 auf der Acoustique-CD im Akustik-Stil veröffentlicht. Von daher war es nicht abwegig, eine Tour dieser Art zu spielen. Die Veranstaltung ist schon seit Wochen ausverkauft. Ein Beweis, dass gute Rockmusik nach wie vor zeitlos ist und viele Fans die Akustik-Schiene durchaus interessant finden.
Die Vorband COSHIBA kommt aus Österreich. Es handelt sich dabei um eine Frau, die im klassischen Singer/Songwriter-Stil von einem Gitarristen und einem Cajon-Spieler begleitet wird. Sie selber spielt dazu noch Klavier und Gitarre. Gesanglich klingt Coshiba wirklich stark und die Songs sind nicht schlecht - leicht folkig und tielweise jazzig angehaucht. Sie bekommt jedoch nicht von allen anwesenden Fans Applaus. Ein Großteil ist halt doch wegen Foreigner gekommen.
FOREIGNER werden von ihrem österreichischen Promoter auf deutsch anmoderiert - etwas, was man derzeit auch nur noch selten sieht, aber durchaus seinen Charme hat. Urgestein Mick Jones betritt mit seiner Band die Bühne und der Circus Krone bebt in seinen Grundfesten. Sänger Kelly Hansen begrüßt die Zuschauer und dann geht’s gleich mit „Double Vision“ los. Die Songs sind von der Acoustique-CD durchaus bekannt. Trotzdem ist es noch einmal etwas anderes, die Lieder live zu hören. Bereits nach dem ersten Song ist die Stimmung im Rund des Circus bestens und die Musiker, die auf Hockern sitzen, scheinen sehr froh darüber zu sein. Kelly Hansen beteuert immer wieder, dass sie sehr unsicher waren, wie die Fans diese Unplugged-Geschichte wohl aufnehmen würden. Dies klingt keinesfalls einstudiert, sondern absolut ehrlich. Kein Wunder, wenn man jahrzehntelang nur mit riesigen Marshall-Türmen unterwegs war. Ein Schlagzeug wird übrigens während des kompletten Sets nicht benutzt. Lediglich Kelly Hansen spielt ab und zu auf einem Tambourin.
Die Songs, die auf CD normalerweise mit meterdicken Keyboard-Teppichen unterlegt sind, klingen in diesen Versionen noch ursprünglicher und filligraner. Vor allem bei „Waiting For A Girl Like You“ wird das sehr deutlich. Dieser Song und etliche andere werden vom sympathischen Thom Gimbel am Saxophon veredelt. Der Sound ist während des kompletten Konzerts glasklar. Ein gelassen wirkendender Mick Jones kündigt etliche Songs mit kleinen Geschichten und Erinnerungen an, die sehr interessant und teilweise sehr emotional sind. Dabei sorgt er sogar für den einen oder anderen Gag, was ich so von ihm auch noch nicht erlebt habe. Schwerstarbeiter des Abends ist für mich definitiv Bassist Jeff Pilson, den es fast nicht auf seinem Hocker hält. Er bewegt sich trotzdem, betreibt Headbanging im kleinen Stil und rockt sich sichtlich durchs Programm. Dabei singt er bestechend gut und wirft händeweise Plektren in die Arena. Und das ganz besondere: Er spielt teilweise sogar noch eine 12-saitige Gitarre!
„Dirty White Boy“ rockt nicht weniger als in der angestöpselten Version. Hier lässt Kelly Hansen die Münchener mitsingen, die diese Aufforderung sehr gerne annehmen. Überhaupt wird viel geklatscht, mitgesungen und mitgefeiert. Es erinnert teilweise an ein Klassentreffen, bei dem die Schülerband - in diesem Falle musikalisch absolute Spitzenklasse - die Lieblingslieder der Schüler am Lagerfeuer zusammen spielt. Dies wirkt in dem geschichtsträchtigen Circus-Krone-Bau mit der nostalgischen Beleuchtung natürlich noch einmal besser, als in einer sterilen, supermodernen Halle.
Der Titelsong des Films Still Crazy, „The Flame Still Burns“, ist für mich das musikalische Highlight des Abends. Was die Band aus diesem Song in dieser Version macht, ist einfach nur magisch und sorgt bei mir für absolute Gänsehautatmosphäre. Mit „Girl On The Moon“ und dem extra für die deutschen Fans einstudierten „When It Comes To Love“ werden erfreulicherweise neben den Über-Hits auch etwas seltenere Songs gespielt. Die Überraschung des Abends ist für mich „Juke Box Hero“. Ich hätte nie gedacht, dass dieser an sich doch sehr wuchtige Song auch im Akustik-Gewand funktioniert. Es klingt genau so fett und intensiv wie sonst und auch hier singt das Publikum wie eine Wand mit!
Als Zugaben fungieren natürlich „I Want To Know What Love Is“, bei dem der Circus in ein phantastisches Feuerzeug- und Smartphone-Licht gehüllt ist. Unterstützt werden sie hier von einem kompletten Münchener Jugendchor, was dem Song gut zu Gesicht steht. Die Jugendlichen singen klasse und bekommen von der kompletten Band und den Fans sehr viel Applaus. Den Schlusspunkt bildet eine fulminante Version von „Hot Blooded“. Hier steht das Publikum Kopf und Kelly Hansen lässt es sich nicht nehmen, die Menge zu dirigieren. Dabei steigt er sogar auf den einen oder anderen Boxenturm - er ist halt im Herzen doch ein waschechter Rocker. Frenetischer Jubel folgt und die Band bedankt sich sichtlich gerührt bei ihren Fans. Dabei lassen sie es sich nicht nehmen, Plektren im großen Stil ins Publikum zu werfen. Eine wie ich finde sehr sympathische Geste.
Fazit: Ein grandioses Konzert, das man nicht alle Tage zu sehen bekommt - und vielleicht in dieser Form von Foreigner auch überhaupt nicht mehr. Deshalb hier meine Aufforderung: Wer auf Akustik-Songs und Foreinger steht, sollte sich die Show anschauen!
Setlist:
Double Vision
Long, Long Way From Home
Waiting for a Girl Like You
Fool for You Anyway
Dirty White Boy
That's All Right (Arthur "Big Boy" Crudup cover)
The Flame Still Burns
Girl on the Moon
When It Comes to Love
Say You Will
Feels Like the First Time
Juke Box Hero
I Want to Know What Love Is
Hot Blooded
Stefan Graßl
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