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Info
Zeit: 11.07.2014
Ort: Nürnberg - Rockfabrik
Internet:
http://extreme-band.com
https://www.facebook.com/extremeband
Die Band Extreme ist mir hauptsächlich durch die Ballade „More Than Words“ bekannt geworden. Der Song war in meiner Realschulzeit vor allem bei den Schülerinnen äußerst beliebt. Für die Jungs gab es damals Gitarrenhelden, mit denen man sich luftgitarrentechnisch zumindest identifizieren konnte. Eine solche Identifikationsfigur war neben Eddie Van Halen auch Nuno Bettencourt, der nicht nur optisch was hermachte sondern bereites damals ein Weltklasse-Gitarrist war. Als die Tourdaten durchgegeben wurden war mir klar, dass ich mir den Auftritt in der Nürnberger Rockfabrik nicht entgehen lassen durfte. Ich befürchtete schon, dass der Auftritt aufgrund zu wenig verkaufter Karten abgesagt werden würde. Dies war heuer schon mehrfach der Fall (z. B. Adrian Vandenberg’s Moonkings, Jake E. Lee’s Red Dragon Cartel, Golden Earring).
Als wir in der Rockfabrik ankommen, werden diese Bedenken innerhalb von wenigen Minuten zerstreut. Es ist rappelvoll, das Publikum bunt gemischt und die Vorfreude auf das Konzert ist spürbar. Ich schätze, dass 500 - 600 Gäste in der Rockfabrik versammelt sind. Es ist schön zu sehen, dass diese Musik doch noch so viele Leute anzieht. Ich finde es darüber hinaus klasse, dass die Macher der Rofa weitere namhafte Bands (Gotthard, Tyketto, Herman Rarebell‘s Acoustic Fever, Steel Panther usw.) verpflichtet haben. Es tut sich was im schönen Nürnberg, und das ist sehr zu begrüßen! Dann sorgt ein Roadie für ein Pfeifkonzert und bei mir für Magenschmerzen. Er geht zum Mikro und teilt mit, dass das Mischpult kaputt wäre und ein Ersatzpult beschafft werden muss. Der Auftritt würde sich um ein paar Minuten verzögern. Vor ein paar Wochen wurde der Auftritt von Saga in der Rockfabrik aus genau demselben Grund abgesagt. Banges Warten und immer wieder Pfiffe aus dem Publikum bis endlich unter großem Applaus ein Mischpult quer durch die Menge getragen wird.
Um 21.45 Uhr geht dann endlich das Licht aus und das Konzert findet tatsächlich statt! Die Band kommt unter tosendem Jubel der Menge auf die Bühne und Gary Cherone hält nach alter David Coverdale-Tradition hinter dem Schlagzeug stehend in kniehohem Bühnennebel seinen Mikroständer gen Himmel. Das sieht cool aus, macht gewaltig Eindruck - und dann fängt er an zu singen. Er scheint optisch um keinen Tag gealtert, fegt agil über die Bühnenbretter und singt mit einer topfit geölten Stimme, dass es eine wahre Freude ist. Gitarrist Nuno Bettencourt tut es seinem gesanglichen Gegenpart gleich und auch bei ihm hat man den Eindruck, als wäre er geradewegs den 90ern entsprungen. Er bearbeitet sein Instrument auf höchstem Niveau und sorgt für etliche offene Münder im Publikum. Dabei macht er jedoch keinesfalls einen auf „Gitarrengott“ sondern bleibt dabei bescheiden, natürlich und sympathisch. Es wird ein Song nach dem anderen heraus geballert. Das Publikum ist in Topform und feiert die Band zwischen den Songs nach allen Regeln der Kunst ab. Textsicher ohne Ende wird den Amis ein überaus freundlicher Empfang bereitet. Höhepunkt eins ist sicher „More Than Words“, bei dem nur Gary Cherone und Nuno Bettencourt auf der Bühne stehen. Der Background sowie einzelne Gesangsteile werden komplett vom Publikum übernommen - ein wirklich magischer Augenblick.
Musikalisch vom feinsten überzeugen sämtliche Musiker durch 100 %-ige Spielfreude. Bassist Pad Badger post wie ein Weltmeister und man sieht ihm förmlich an, dass er jede Sekunde auf der Bühne genießt. Die Backing Vocals sind druckvoll und harmonisch, der Sound perfekt aufeinander abgestimmt. Man hört jedes Instrument und es macht Spaß, dabei zu sein. Gary Cherone foppt dabei ab und zu seine Mitspieler. Dabei merkt man, dass die vier gerne zusammen spielen und einfach auf die Bühne gehören. Schlagzeuger Kevin Figueiredo holt alles aus sich raus und bildet das optimale Rhythmusfundament. Die Zeit vergeht wie im Flug und als ich das erste Mal auf die Uhr schaue, ist schon fast eine Stunde vorbei. Extreme spielen ihren Klassiker Pornografitti in exakt der gleichen Reihenfolge. Selbst die jazzige Klavierballade „When I First Kissed You“ wird präsentiert, wobei Nuno Bettencourt im Stil eines Kaffeehausklimperers Klavier spielt. Der Song nimmt etwas Stimmung raus, beweist aber, dass die Band sehr mutig und vielseitig ist. Nach „Hole Hearted“ geht die Band kurz von der Bühne, um kurz darauf dem begeisterten Nürnberger Publikum noch ein paar Zugaben zu kredenzen.
Diese fallen äußerst vielseitig aus. Verständlicherweise wird III Sides To Every Story entsprechend gewürdigt. Sympathisch finde ich, dass auch die Debüt-Scheibe sowie das Album Waiting For The Punchline mit dem Instrumentaltitel „Midnight Express“ gewürdigt werden. Hier spielt Nuno Bettencourt einmal mehr eine mehr als überragende Akustikgitarre. Auch dies macht ihm sichtlich Spaß. Nach zwei Stunden Spielzeit und dem Crossover-Hammer „Cupid’s Gead“ geht die Band verdientermaßen in Feierabend. Vorher geben sie noch sämtlichen Fans in den vordersten Reihen von der Bühne aus die Hand und verteilen Plektren und Drumsticks. Der Applaus ist phänomenal. Neben der Band hat hier auch das Publikum die Note Eins locker verdient. Extreme wurden in der Frankenmetropole leidenschaftlich abgefeiert, die Publikumsreaktionen waren nahezu überschwänglich.
Fazit: Zwei Stunden geile Musik präsentiert von einer Band, die spielfreudiger und sympathischer kaum sein könnte. Keine anbiedernden Ansagen, keine langweiligen überlangen Soli, sondern Authentizität und eine Arbeitsmoral, die vorbildlich ist. Wer nicht dabei war, sollte sich diese Gelegenheit bei der nächsten Tour keinesfalls entgehen lassen!
Setliste:
Decadence Dance
Li'l Jack Horny
When I'm President
Get the Funk Out
More Than Words
Money (In God We Trust)
It ('s a Monster)
Pornograffitti
When I First Kissed You
Suzi (Wants Her All Day What?)
He-Man Woman Hater
Song for Love
Hole Hearted
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Play with Me
Rest in Peace
Am I Ever Gonna Change
Midnight Express
Cupid's Dead
Stefan Graßl
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