Artikel
Info
Zeit: 05.04.2014
Ort: Roth - Kulturfabrik
Fotograf: Karl-Friedrich Wild
Internet:
http://www.mickralphsbluesband.co.uk
Mick Ralphs ist der legendäre Gitarrist der beiden Bands Mott The Hoople und Bad Company, die in den 70er Jahren äußerst erfolgreich waren und etliche Top-Alben veröffentlicht haben. 2012 hätte in Deutschland eine Konzertreihe mit Bad Company, Blue Öyster Cult, Roger Chapman und Bachman Turner Overdrive stattfinden sollen. Leider wurden diese Konzerte aus unbekannten Gründen nicht durchgeführt. Somit dachte ich, dass Mick Ralphs nicht mehr nach Deutschland kommen würde. 2013 fanden ein paar Konzerte mit seiner ersten Band Mott The Hoople in England statt, aber auch hier wird ein Deutschland-Gig wohl eher nicht stattfinden. Umso erstaunter war ich, dass Mick Ralphs für eine Deutschland-Tour mit seiner Blues Band angekündigt wurde. Die Rother Bluestage haben eine sehr lange Tradition und es sind immer wieder Künstler im Angebot, die man nicht so häufig live zu sehen bekommt (z. B. Peter Frampton oder Peter Green).
Eine Vorband ist für diesen Abend keine angekündigt, um 20 Uhr ist Showtime. Mick Ralphs und seine Band werden vom Rother Publikum mit großem Applaus begrüßt. Schon vom Optischen her ist klar, wohin an dem Abend die Reise geht. Sänger Stuart Maxwell ist im Stil eines alten Blues-Man mit Anzug und Krawatte ausgestattet. Der Sound ist klar, nicht zu laut und wird nach ein paar Songs sogar noch besser. Mick Ralphs ist lässig mit einem Hawaii-Hemd bekleidet und macht einen ruhigen, völlig routinierten Eindruck. Die hervorragend eingespielte Band beginnt mit zwei Bluesnummern, bei denen Stuart Maxwell mit seinem rauen Organ beeindruckt. Gitarrist Jim Maving zieht eine wirklich coole Show ab. Er spielt hervorragend Gitarre und ihm sitzt der Schalk im Nacken. Überhaupt präsentiert sich die komplette Band bei bester Laune und zeigt eine Spielfreude, die absolut ansteckt.
Es ist Bewegung auf der Bühne, es tut sich was - und das überträgt sich nach ein paar Songs auf das Rother Publikum. Hier werden nach alter Blues-Tradition auch Solos beklatscht. Diese Tatsache ist selten und wird von der Band sehr positiv aufgenommen. Mick Ralphs ist auf der Bühne derjenige, der sich am wenigsten bewegt und auch sonst wenig Regung oder Begeisterung zeigt. Er spielt stoisch und mit einer Seelenruhe seine Solos und weckt dabei nicht wirklich euphorische Publikumsreaktionen. Er spielt unglaublich solide - nicht mehr und nicht weniger. Dabei darf man auch nicht vergessen, dass Mr. Ralphs vor kurzem seinen 70sten Geburtstag feierte und seine Mitmusiker im Durchschnitt zwanzig Jahre jünger sind als er. Er wechselt sich bei den Solos mit Jim Maving ab und fordert ihn völlig uneigennützig auf, ein Solo zu übernehmen wenn er gerade nicht in Stimmung ist. Als dritter Song wird die Bad Company-Hymne „Feel Like Making Love“ gespielt. Die Stimmung im Publikum steigt sofort. Im ersten Set werden ansonsten keine Bad Company- oder Mott The Hoople-Songs mehr gespielt. Die Setlist besteht aus alten Blues-Klassikern wie „Born Under A Bad Sign“ und „Evil“ oder Songs, die von der Band erst zusammen komponiert worden sind. Als „Ausreißer“ spielt die Band den Song „I can’t Stand The Rain“, der sich sehr gut anhört.
Schlagzeuger Adam Perry und Bassist Dicky Baldwin sorgen für ein solides Rhythmusfundament. Dicky Baldwin steuert noch große Teile des Background-Gesangs bei. Beide sind mit Feuereifer bei der Sache und freuen sich sichtlich, auf der Bühne zu stehen. Stuart Maxwell spielt eine absolut gigantische Blues-Harp und veredelt sämtliche Songs mit seinen Solos. Jim Maving spielt ihm ab und zu einen Streich und spielt genau dann ein Gitarrensolo, wenn Stuart eigentlich mit einem Bluesharp-Solo dran wäre. Es wird viel gelacht und lockere Sprüche gemacht. Stuart Maxwell bedankt sich beim Publikum für das Super „Schäufele“, das er im Vorfeld gegessen hat. Dass ihm hier das fränkische Publikum förmlich zu Füßen liegt, versteht sich von selbst. Nach einer Stunde wird kurz Pause gemacht und dann kommt das zweite Set, das ebenfalls eine komplette Stunde dauert.
Mick Ralphs ist von den Publikumsreaktionen so begeistert, dass er sogar bei manchen Songs im Rhythmus mitklatscht und teilweise grinst wie ein Honigkuchenpferd. Eine für ihn doch sehr untypische Reaktion. Äußerst kurzweilig geht es weiter und die Stimmung im Publikum wird noch besser, als sie eh schon war. Die beiden Eigenkompositionen „Well Connected“ und „Big River“ kommen beide sehr gut an. Nach ca. 100 Minuten geht die Band von der Bühne und kommt für die umjubelte Zugabe „Can’t Get Enough“ auf die Bühne zurück. Danach gibt es begeisterten Applaus und die überaus sympathischen Musiker bedanken sich für die tolle Unterstützung. Einige Fans bemerken im Nachhinein, dass Mr. Ralphs eine ähnliche Bühnenpräsenz wie der ehemalige Rolling Stones-Bassist Bill Wyman hat. Er steht auf der Bühne, spielt und macht ansonsten nichts. Aber darüber braucht man sich nicht beschweren - das ist halt seine Art. Dafür spielt er eine tolle Gitarre. Für mich überwiegt an dem Abend einzig und allein die Tatsache, den Gitarristen überhaupt einmal live gesehen zu haben. Ich vermute, dass dies nicht mehr so häufig vorkommt, da ich nicht denke, dass er mit Bad Company oder Mott The Hoople je noch einmal nach Deutschland übersetzt. Etwas schade finde ich, dass von Mott nicht zumindest „All The Young Dudes“ gespielt wurde - das wäre doch locker noch drin gewesen. Anschließend unterschreibt die Band alles, was die Fans ihnen unter die Nase hält und es werden etliche Fotos geschossen.
Fazit: Ein unterhaltsamer Abend mit einem Gitarristen, der in Deutschland selten bis kaum unterwegs ist. Wer Blues-Musik mag, sollte die Band unbedingt mal antesten.
Setliste:
Rock Me
Born Under A Bad Sign
Little Bit Of Your Love
Feel Like Making Love
Shame Shame Shame
Evil
Whisky Blues
Baby What You Want Me To Do
Hideaway
Acoustic: Bring It On Home/Roadhouse Blues
Can’t Stand The Rain
Nothing Gonna Stop Me
Should Know Better
Well Connected
Talk To Your Daughter
Big River
Can’t Get Enough
Stefan Graßl
Zurück zur Artikelübersicht |