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Info
Zeit: 19.04.2013
Ort: Roth - Kulturfabrik
Internet:
http://www.bluestage.de
http://www.errorhead.com
http://www.the-brew.net
In diversen Rockmagazinen ist derzeit zu lesen, dass die britische Band The Brew UK live absolut genial und richtig fetzig sein soll. Im Rahmen der Rother Bluestage gibt die Band nun ein Konzert, das aufgrund der großen Nachfrage vom Posthorn in die Kulturfabrik verlegt werden musste.
Als Vorband wurde die deutsche Band ERRORHEAD verpflichtet. Das Aushängeschild dieser Band ist der Gitarrist Marcus Deml, der unter Gitarristenkreisen längst kein Unbekannter mehr ist. Er hat 1986 in der Gitarrenabteilung des musikalischen Instituts in Los Angeles ein Gitarrenstudium begonnen. Ab 1988 war er dort als Dozent aktiv. Mit seiner Band Errorhead wurden bisher drei Alben veröffentlicht. Vom amerikanischen Magazin Guitar Player wurde er unter die Top drei der „Guitar Heroes“ des Jahres 2005 gewählt. Im selben Jahr erhielt er eine Auszeichnung in der Rock’n’Roll Hall Of Fame in Cleveland. Von daher war ich sehr gespannt, wie die Band live rüberkommt.
Mit einem lauten, aber glasklaren Sound legte die Band mit Sänger Andrew Gräser, Bassist Frank Itt und dem Griechen Athanasios Tsoukas am Schlagzeug fulminant los. Bereits von Beginn an war klar, dass es sich hier um absolute Top-Musiker handelt. Sänger Andrew Gräser hat eine Wahnsinnsstimme, die eine große Ähnlichkeit mit Paul Rodgers (Free, Bad Company) hat. Der äußerst lässige Mix zwischen Blues, Rock, Soul, Funk und teilweise jazzigen Anteilen geht sofort in die Beine und das Publikum bewegt sich zur Musik. Der Wahnsinnssound sorgt für ein wohliges Grinsen im Gesicht und es macht richtig Spaß, die Musiker bei ihrer „Arbeit“ zu beobachten. Fender Stratocaster-Fanatiker Markus Deml packt mehrmals am Abend die Trickkiste aus und präsentiert Gitarrenläufe, dass einem Hören und Sehen vergeht. Sehr oft fühle ich mich an den legendären Jimi Hendrix erinnert, dessen Sound und Spielweise er sehr häufig imitiert - diesem aber trotzdem seinen eigenen Stempel aufdrückt.
Ein wirklich sehenswertes Schlagzeugsolo von Athanasios Tsoukas nervt hier nicht, sondern ist wirklich unterhaltsam. Er spielt wie Tommy Aldridge (Whitesnake) einen Teil des Solos mit den bloßen Händen! Ein Basssolo von Frank Itt rundet die Sache ab, ist für meinen Geschmack jedoch ein bisschen zu lang geraten. Die Zeit vergeht wie im Flug und nach ca. einer Stunde verlassen die Musiker kurz die Bühne, um für einen Song als Zugabe wieder zurück zu kommen. Die Band entscheidet sich für Jimi Hendrix’ „Little Wing“, von dem ich mir nicht allzu viel erwarte. Doch Errorhead nutzen die Gunst der Stunde und machen aus der im Original vielleicht drei Minuten dauernden Nummer einen viertelstündigen musikalischen Dauerorgasmus. Gitarrentechnisch bekommt man hier feinste Gourmetkost geboten. Danach ist Schluss und Errorhead verlassen unter riesigem Beifall des Publikums die Rother Bühne. Für mich insgesamt ein wirklich packendes Konzert. Allerdings ist die Show ein bisschen zu sehr auf Marcus Deml zugeschnitten, seine Mitmusiker bleiben häufig schmückendes Beiwerk. Seine Soloeskapaden waren zumindest mir manchmal ein bisschen zu lang.
Nach einer etwa halbstündigen Umbaupause geht das Licht aus und zu den Klängen von Ennio Morricones „Ecstasy Of Gold“, das im Normalfall von Metallica als Intro benutzt wird, kommen die Engländer THE BREW UK unter lautstarkem Gejohle des Rother Publikums auf die Bühne. Die Band lässt es sich nicht nehmen, ca. 20 Minuten vor dem Auftritt ein überdimensionales Räucherstäbchen anzuzünden und unters Schlagzeug zu stecken. Man könnte meinen, dass dies relativ unwirksam ist. Mit der Zeit füllt sich die Halle jedoch mit dem Rauch und am Ende belagern dichte Rauchschwaden die komplette Halle.
Gitarrist und Sänger Jason Barwick, Schlagzeuger Kurtis Smith und dessen Vater Tim Smith (Bass, Gesang) legen fulminant mit einem Supersound los. Bewegungstechnisch und von der Ausstrahlung her erinnern die drei sofort an die legendären The Who. Kurtis Smith ist für mich die absolute Wiedergeburt des legendären Keith Moon. Wie er über den Dampfkesseln hängt und sein Instrument förmlich verdrischt, erinnert mich pausenlos an den durchgeknallten „Moon The Loon“. Jason Barwicks Gesang ist der Oberhammer. Der Typ ist für sein Alter total abgeklärt und hat eine unglaublich ausdrucksstarke Rockstimme, die mir wahre Schauer über den Rücken jagt. Gitarrentechnisch hat der Jungspund auch einiges drauf und lässt Riffs im Stil von Pete Townshend, Jimmy Page, Eric Clapton oder Jimi Hendrix vom Stapel. Mich erinnert die Musik auch an ein „Gebräu“ aus eben diesen Bands der genannten Gitarristen. Die Rhythmussektion ist Weltklasse und mir fallen oft Ähnlichkeiten zu John „Bonzo“ Bonham und John Paul Jones von Led Zeppelin auf.
Die ersten 45 Minuten sind vom Allerfeinsten, es ist ein richtig fulminantes Konzert. Dann werden einige langsamere und psychedelischere Songs gespielt. Die sind nicht schlechter und nicht besser als die zu Anfangs gespielten Songs - verlieren im Lauf des Abends jedoch ihre Wirkung. Auch die Bühnenshow des Trios wiederholt sich. Barwick springt und hüpft, Tim Smith hat selbst auch einen großen Aktionsradius und bewegt sich ebenfalls sehr viel auf der Bühne. Beeindruckend ist, dass sich Barwick trotz seiner Bewegungsfreude nicht verspielt. Die Qualität der Songs ist über zwei Stunden verteilt nicht gleichbleibend. Das Highlight ist für mich ganz klar der Song „Surrender it All“, bei dem Barwick unglaublich gut ist.
Zum Schluss hin werden einige Songs gecovert, darunter auch Teile von Led Zeppelins „Dazed And Confused“. Hier mutiert Jason Barwick kurzzeitig zum Jimmy Page und bearbeitet sein Instrument mit dem Geigenbogen. Er bringt die Bühnenshow, die Page normalerweise bei diesem Song bringt in einer 1:1 Kopie. Dies finde ich reichlich einfallslos - dem Publikum jedoch gefällt es. Das Schlagzeugsolo „Moby Dick“ ist zwar schön anzuschauen, jedoch auch etwas zu lang geraten - und letztlich geklaut. Ich habe den Eindruck, dass das Publikum ebenfalls Mühe hat, die Aufmerksamkeit auf dem Level der ersten Konzerthälfte zu halten.
The Brew bringen ebenfalls eine coole Version von Jimi Hendrix’ „Little Wing“, die mir besser gefällt als die Errorhead-Version. Sie ist nicht so lang und beschränkt sich aufs Wesentliche. Nach zwei Stunden und 15 Minuten ist dann Schluss und die sympathischen quirligen Briten bekommen viel Applaus von den Rother Zuschauern. Bassist Tim Smith ist geschätzte 10 Minuten nach dem Auftritt am Merchandising-Stand und unterschreibt alles, was ihm unter die Nase gehalten wird. Sehr fannah und total sympathisch, die Jungs. Ich bin nach dem Konzert etwas hin und hergerissen. Die erste Hälfte war Weltklasse, die zweite Hälfte teilweise geklaut und von den Songs her eher langweilig. Leichter hätten sie nur 90 Minuten gespielt und dafür griffigere Songs verwendet. Außerdem finde ich es etwas albern, Led Zeppelin zu 100 % zu imitieren und sich dafür noch großartig abfeiern zu lassen.
Ein großes Lob geht wieder an die Organisatoren der Rother Bluestage denen es erneut gelungen ist, ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine zu stellen und perfekt zu organisieren. Hut ab!
Setlist The Brew:
Six Dead
Sirens Of War
Every Gig has a Neighbour
Postcode Hero
Reached the Sky
See you once again
The Joker
The Third Floor
Imogen Molly
Bowing / Jam
KAM
Drum Solo
Master and the Puppeteer
Million Dead Stars
Surrender it All/Piper of Greed
Little Wing
Dazed And Confuzed
Stefan Graßl
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